| # taz.de -- Kommentar Wahl in Österreich: Ein Erdrutsch der Vernunft | |
| > Erleichterung. Zu verdanken ist der Sieg Van der Bellens einer nie da | |
| > gewesenen Grassroots-Bewegung. Aber Glücksgefühle sind fehl am Platz. | |
| Bild: Alexander Van der Bellen kommt in der Wiener Hofburg an | |
| Wenigstens dieser Kelch ist an uns vorübergegangen: In Österreich gelang es | |
| jetzt das zweite Mal innerhalb von sieben Monaten, den rechtsradikalen | |
| Norbert Hofer als Bundespräsidenten zu verhindern. Weit deutlicher als beim | |
| ersten Durchgang liegt der linksliberale Ex-Grünen-Chef Alexander Van der | |
| Bellen laut Hochrechnungen vorne. Nach Brexit-Schock und Trump-Überraschung | |
| ist die Dezember-Surprise von der erfreulicheren Art. Stellenweise ist das | |
| Ergebnis ein Erdrutsch. | |
| Zu verdanken ist das einem engagierten Wahlkampf und einer nie da gewesenen | |
| zivilgesellschaftlichen Grassroots-Bewegung, die dazu geführt hat, dass so | |
| ziemlich alles, von christdemokratischer Mitte bis zur Linken, am Sonntag | |
| zum Wählen gebracht wurde, dass alle in ihrem Bekannten- und Familienkreis | |
| mobilisiert haben. Das gab dann letztlich den Ausschlag. | |
| Allemal Grund zur Erleichterung. Aber Glücksgefühle sind fehl am Platz. | |
| Denn immer noch haben genügend Wähler und Wählerinnen einen Mann und damit | |
| auch die hinter ihm stehende Partei gewählt, die das Land mit einer Welle | |
| von Lügen, von Hass und von persönlicher Verächtlichmachung aller Gegner | |
| überzogen haben, die JournalistInnen an den Pranger stellten. Die Politik | |
| des permanenten Zwietrachtsäens hat nicht die Mehrheit erobert. Aber | |
| vergessen wir dennoch nicht: Die rechtsradikalen Freiheitlichen haben einen | |
| Wähleranteil gewonnen, von dem sie bisher nur träumen konnten. | |
| Die pluralistischen Demokratien werden, wenn sie nicht im Sumpf der | |
| permanenten Aggressivität untergehen wollen, den der rechte Populismus | |
| produziert, Wege finden müssen, diesen Stil als solchen zu bekämpfen, ihm | |
| den Raum zu entziehen. | |
| Immerhin – ein Anfang ist in Österreich jetzt gemacht. Der Wahlsonntag war | |
| auch eine Art stiller Aufstand gegen diesen Stil; ein stiller Aufstand von | |
| Wählerinnen und Wählern, die mit der leisen Stimme der Vernunft Nein gesagt | |
| haben. Die Allianz völlig neuer politisch Engagierter, die sich für Van der | |
| Bellen – und damit für ihr Land – in den vergangenen Wochen ins Zeug gelegt | |
| haben, ist ein Potenzial zur Erneuerung der Politik. | |
| Ein Potenzial, aus dem die demokratischen Parteien etwas machen sollten. | |
| Denn nach der Wahl ist vor der Wahl. | |
| 4 Dec 2016 | |
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| Robert Misik | |
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