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# taz.de -- Eskalation eines Dauerkonflikts: In Kaschmir brennen Dorfschulen
> Unbekannte haben in Kaschmir bereits 36 Schulen angezündet. Separatisten
> und die indische Regierung beschuldigen sich gegenseitig.
Bild: Schülerinnen lauschen am 26. November in Srinagar vor dem Morgengebet de…
DELHI taz | Polizeiwachen und Militäreinrichtungen werden im von Indien
kontrollierten Teil des Kaschmirtals regelmäßig Ziele von Anschlägen.
Bildungsstätten hingegen galten als neutrales Territorium – bislang
zumindest. Doch seit einigen Monaten werden dort geradezu systematisch
örtliche Schulen in Brand gesetzt.
Die Anschlagsserie eröffnet ein neues Kapitel in dem jahrzehntealten
Konflikt. Seit der Unabhängigkeit Britisch-Indiens 1947 erheben Pakistan
und Indien jeweils Anspruch auf die gesamte Kaschmirregion, die zwischen
ihnen geteilt ist.
Beide Atommächte haben zwei Kriege darum geführt. Im indischen Teil sind
über eine halbe Million Soldaten stationiert.
Seit Sommer kam es zu den gewalttätigsten Unruhen der letzten Jahre. Seit
der 22-jährige Rebellenführer Burhan Wani am 6. Juni von indischen
Sicherheitskräften niedergeschossen wurde, liefern sich die Separatisten
fast täglich blutige Auseinandersetzungen mit den Streitkräften. Dabei
starben mindestens einhundert Kaschmiris. Mehr als zehntausend
Demonstranten wurden verletzt.
## Ausgangssperren und Generalstreiks
Während die Regierung abendliche Ausgangssperren über die Region verhängt
und den Zugang zu Internet und Mobilfunk streng kontrolliert, rufen die
Separatisten zu Generalstreiks auf: Sie fordern dazu auf, den öffentlichen
Verkehr lahm zu legen und Geschäfte und Schulen zu schließen. So hatten die
meisten der 1,4 Millionen Schüler in Kaschmir monatelang keinen Unterricht.
Am 6. September kam es in Mirhama südlich von Srinagar zum ersten
Brandanschlag auf eine Schule. Seitdem wurden fast drei Dutzend öffentliche
wie private Schulen angezündet.
Fast immer traf es ärmliche Gegenden im südlichen Kaschmir-Tal – jener
Region, in der Rebellenführer Wani getötet wurde.
Anders als bei den meisten Terroranschlägen bekennt sich jedoch keine
Gruppierung zu den Brandanschlägen auf die Dorfschulen. Die Separatisten
und die indische Zentralregierung beschuldigen sich gegenseitig.
Sicherheitskräfte nahmen zwar bereits 30 angebliche Brandstifter fest,
schweigen aber über deren Motive sowie mögliche Zugehörigkeit zu
Terrororganisationen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
kritisiert, dass die hohe Präsenz der indischen Streitkräfte in und um
Schulen das Risiko für Angriffe erhöhen kann.
## Menschliche Schutschilde für Schulen
Zuletzt ordnete Indiens Regierung an, dass die Lehrer in Kaschmir ihre
Nächte in den Schulgebäuden verbringen – quasi als menschliche
Versicherung. Einer der Lehrer ist ausgerechnet Muzzafar Wani, der Vater
des getöteten Rebellenführers, dessen Gruppe die EU und die USA als
Terrororganisation einstufen.
„Eine Gesellschaft ohne Bildung ist tot, sie hat keine Identität. Wer immer
die Schulen in Brand setzt, schadet unserer gesamten Gesellschaft“, sagte
Muzzafar Wani kürzlich.
Auch wenn viele Schüler fast ein Semester lang keinen Unterricht hatten,
wurden die Jahresendprüfungen am 15. November durchgeführt. Sie sollten
wegen des ausgefallenen Lehrstoffs leichter ausfallen als sonst.
Zusätzlich wurde ein alternativer Prüftermin für März anberaumt.
14 Dec 2016
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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