# taz.de -- Lage von Geflüchteten in Griechenland: Angst und Schrecken auf Chi… | |
> Faschisten haben im Flüchtlingscamp auf der Insel Chios Zelte in Brand | |
> gesetzt. Viele schlafen seitdem in Parks oder am Strand. | |
Bild: Geflüchtete suchen Schutz vorm Regen auf der Insel (Archivaufnahme aus d… | |
Athen taz | Die Flüchtlinge im Camp Souda auf Chios leben seit zwei Wochen | |
in Angst, viele von ihnen suchen sich Schlafplätze außerhalb der | |
Unterkunft. Faschisten [1][hatten Mitte November in zwei | |
aufeinanderfolgenden Nächten] große Felsbrocken auf die Zelte der Menschen | |
geschleudert. Molotowcocktails setzten die Zeltplanen in Brand und | |
zerstörten das letzte Hab und Gut mehrerer Flüchtlinge und Migranten. „Zum | |
Glück gab es keine schweren Verletzungen bei dem Angriff“, sagt Maria | |
Lavida. | |
Die in Camp Souda stationierte Ärztin arbeitet für die Hilfsorganisation | |
Ärzte der Welt. Ein 17-jähriger Junge sei am Kopf verletzt worden, | |
berichtet Lavida. Er sei aber nicht in Gefahr. „Doch die ohnehin schon hohe | |
psychische Belastung der Menschen ist nach dem Angriff nochmals gestiegen“, | |
so Lavida. Viele litten jetzt unter Schlaflosigkeit, aus Angst vor weiteren | |
Angriffen. | |
Über 100 der früheren Bewohner des Camps Souda schlafen deswegen nun lieber | |
im Park oder abgelegen am Strand, um sich nicht noch einmal in Gefahr zu | |
begeben. „Vor allem Familien mit kleinen Kindern möchten unter gar keinen | |
Umständen zurück ins Camp“, berichtet Vassilis Pachoundakis. Der 43-Jährige | |
arbeitet seit Monaten als Freiwilliger der amerikanischen Hilfsorganisation | |
Samaritans Purse auf Chios. | |
Die Sicherung des Camps durch Polizisten wirke jetzt wie eine Farce. Die | |
Polizei hätte viel zu langsam eingegriffen und die Faschisten agieren | |
lassen, so Pachoundakis. Die Gewalt hat Pachoundakis kommen sehen. | |
„Ausländerfeindlichkeit und Faschismus haben hier einen leichteren Stand | |
als zum Beispiel auf der Insel Lesbos, auf der auch Tausende von | |
Flüchtlingen ausharren“, sagt Pachoundakis. Denn Chios sei für ihre | |
konservative Bevölkerung bekannt. | |
Bei den Wahlen im September 2015 lag die konservative Partei Nea Demokratia | |
mit rund 33 Prozent knapp 5 Prozent vor der linken Syriza. Die | |
faschistische Partei Chrysi Avgi kam mit 5,82 Prozent auf Platz vier. Zwar | |
lag auf Lesbos – Insel der ArbeiterInnen und Linken – Syriza vorn. Doch | |
auch hier belegte die Chrysi Avgi Platz vier. | |
## Konservative sind flüchtlingsfeindlich | |
Anders als auf Lesbos habe man auf Chios aber nach und nach eine immer | |
stärkere Ablehnung der Konservativen gegenüber den Flüchtlingen beobachten | |
können, so Pachoundakis. Außerdem sei die linksalternative Szene hier nicht | |
so groß. Es fehle an Widerstand. Die etwa 2.000 Flüchtlinge und Migranten | |
[2][sitzen durch das EU-Türkei-Abkommen auf der Insel fest]. Die Prüfung | |
der Asylverfahren geht nur sehr langsam voran, da es immer noch an | |
MitarbeiterInnen fehlt. Auch das Umverteilungsprogramm der EU hält nicht, | |
was es versprochen hat: Bisher wurden nur gut 5.000 Flüchtlinge aus | |
Griechenland in andere EU-Staaten gebracht. Bis heute hätten es 30.000 sein | |
sollen. | |
„Gerne würden wir die Flüchtlinge aus Chios wenigstens aufs Festland | |
bringen, um die Lage vor Ort zu entschärfen“, sagt ein Sprecher des | |
griechischen Ministeriums für Migrationsangelegenheiten. Doch das dürfe man | |
nicht. „Uns sind durch das EU-Türkei-Abkommen die Hände gebunden“, so der | |
Sprecher. | |
Bringe man die Menschen aufs Festland, könne das als eine Aufkündigung des | |
Abkommens interpretiert werden. Die Folge: Die Türkei könnte weitere | |
Flüchtlinge nach Griechenland lassen. „Das würde das aktuelle Problem der | |
Überbelegung der Inseln multiplizieren“, so der Sprecher. „Uns ist | |
natürlich klar, dass nicht alle auf Chios mit einemmal Faschisten sind“, | |
betont er. Doch seien die Entwicklungen besorgniserregend. Der | |
faschistischen Tendenz müsse unbedingt Einhalt geboten werden, so der | |
Sprecher. „Es ist tragisch“, resümiert Vassilis Pachoundakis. „Die Angst | |
der Flüchtlinge vor Angriffen hört auch in Europa nicht auf.“ | |
5 Dec 2016 | |
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[1] /Fluechtlingscamp-auf-Aegaeis-Insel/!5358798 | |
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## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
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