# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Haiti: Endlich hat sie stattgefunden | |
> Über ein Jahr wurde die Abstimmung verschoben, nun verlief sie ohne | |
> größere Zwischenfälle. Mit Ergebnissen wird erst in einer Woche | |
> gerechnet. | |
Bild: Der Strom ist ausgefallen, aber die Auszählung läuft | |
Port-au-Prince/São Paulo dpa/epd | Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen und | |
weitgehend friedlich haben die Haitianer einen neuen Präsidenten gewählt. | |
Es habe keine größere Zwischenfälle gegeben, sagte der Chef der Obersten | |
Wahlbehörde CEP, Léopold Berlanger, am Sonntag (Ortszeit) nach Schließung | |
der Wahllokale laut einem Bericht des Internetportals Haiti Libre. Rund | |
sechs Millionen Wähler waren aufgerufen, aus 27 Kandidaten ein neues | |
Staatsoberhaupt zu bestimmen. Resultate sollen laut CEP erst in einer Woche | |
bekannt gegeben werden. | |
Als Favoriten gelten der Agrarunternehmer Jovenel Moïse, der vom ehemaligen | |
Präsidenten Michel Martelly unterstützte wird, und Jude Célestin von der | |
Opposition. Sollte keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent erreichen, | |
sind für den 29. Januar 2017 Stichwahlen angesetzt. | |
Die Abstimmung fand unter schwierigen Bedingungen statt: Vor sechs Wochen | |
verwüstete der Wirbelsturm „Matthew“ große Teile der bitterarmen | |
Karibikinsel. Nach offiziellen Angaben kamen 546 Menschen ums Leben. | |
Hilfsorganisationen gehen von mehr als 1.000 Toten aus. | |
Moïse versprach im Wahlkampf, die Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerung | |
zu verbessern. Célestin will die niederliegende Wirtschaft wieder in Gang | |
bringen und Arbeitsplätze schaffen. Neben dem Präsidenten wurde auch über | |
16 Senatoren und 25 Mitglieder des Abgeordnetenhauses abgestimmt. | |
## Geringe programmatische Trennschärfe | |
Wirkliche ideologische Unterschiede zwischen den politischen Gruppen sind | |
nur schwer auszumachen, es handelt sich eher um Wahlvereine für einzelne | |
Politiker. „Sie repräsentieren eigentlich niemanden außer sich selbst“, | |
sagte der Direktor des Haiti Democracy Project, James Morrell. | |
Lokale Wahlbeobachter berichteten von Hunderten Fällen, in denen Wähler | |
nicht auf den Wählerlisten standen und deshalb nicht abstimmen konnten, wie | |
Haiti Libre berichtet. Ein Mann versuchte, mit Waffen ein Wahllokal zu | |
stürmen. In anderen Fällen sollen Wähler eingeschüchtert worden sein. | |
Insgesamt wurden nach offiziellen Angaben 18 Menschen am Wahltag | |
festgenommen. | |
Das Justizministerium hatte eine Hotline eingerichtet, bei der | |
Verdachtsfälle von Wahlbetrug gemeldet werden konnten. Insgesamt seien 300 | |
Anzeigen eingegangen, hieß es. Mehr als 18.000 Sicherheitskräfte waren am | |
Wahltag im Einsatz, darunter auch UN-Blauhelmsoldaten. | |
Insgesamt sei die Abstimmung aber ruhig verlaufen, sagte der Leiter der | |
Beobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Juan | |
Raúl Ferreira, am Sonntag. „Das war ein erfolgreicher Wahltag“, sagte | |
Interimspräsident Jocelerme Privert. | |
## Vor einem Jahr wegen Betrugsvorwürfen annulliert | |
Die Präsidentschaftswahlen vor einem Jahr waren wegen Betrugsvorwürfen | |
annulliert worden und wurden danach mehrfach verschoben. Zuletzt mussten | |
sie wegen der Verwüstungen von „Matthew“ abgesagt werden. Vor allem im | |
Süden des Landes ist die Situation prekär. In einigen Ortschaften wurden | |
mehr als 90 Prozent der Häuser zerstört. | |
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Drei Viertel der | |
Bevölkerung leben von weniger als zwei Dollar am Tag. „Diese Wahl ist sehr | |
wichtig für die politische Stabilität in Haiti“, sagte Interimspräsident | |
Privert.Laut UN sind 1,4 Millionen Menschen auf Nothilfe angewiesen. In | |
Haiti wächst zudem die Angst vor einer Choleraepidemie. Es wurden bereits | |
Dutzende Todesfälle gemeldet. | |
21 Nov 2016 | |
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