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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Haiti: Politisches Machtvakuum im Loop
> Das Mandat des Übergangspräsidenten wird nicht verlängert, weil sein
> Vorgänger sich dagegen stellt. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.
Bild: Unterstützer des Übergangpräsidenten demonstrieren in Port-au-Prince
BERLIN taz | Mit dem Auslaufen der Amtszeit von Übergangspräsident
Jocelerme Privert am Dienstag dieser Woche hat sich die politische Krise in
Haiti weiter verschärft. Parlamentarische Anhänger des im Februar aus dem
Amt geschiedenen Staatspräsidenten Michel Martelly weigern sich, das Mandat
des Interimspräsidenten zu verlängern.
Privert, damaliger Senatspräsident, hatte die Präsidentenwahl im Oktober
vergangenen Jahres wegen „massiver Fälschungen“ bei der Stimmabgabe und
-auszählung annulliert. Der nationale Wahlrat legte Neuwahlen für den 9.
Oktober dieses Jahres fest.
Den ersten Wahlgang im vergangen Jahr gewann Jovenel Moïse, der Gefolgsmann
von Michel Martelly, mit 32,8 Prozent. Der Oppositionspolitiker Jude
Célestin unterlag mit 25,3 Prozent. Nach der Wahl warf er Martelly und
seiner Regierungspartei Wahlmanipulation vor und weigerte sich, an einem
zweiten Wahlgang teilzunehmen. Dass die Martelly-Anhänger versuchen würden,
eine Wahlwiederholung zu verhindern, hatte sich schon am Wochenende
abgezeichnet.
Zur Eröffnung der neuen Parlamentswoche hatten die Parti Haïtien Tèt Kal
(PHTK) und ehemalige Regierungspolitiker zu Demonstrationen aufgerufen.
Während Demonstrationen auf den Straßen von Port-au-Prince für Chaos
sorgten, blockierten die Abgeordneten der Kahlkopfpartei von Martelly und
deren Alliierte eine Verlängerung des Interimsmandats von Privert. Sie
weigerten sich des Weiteren, einen anderen Parlamentarier oder ein anderes
Senatsmitglied zu bestimmen. Das Parlament stellte daher am Mittwoch
lediglich fest, dass es „keinen Staatspräsidenten“ mehr gebe.
Das de facto parlamentarisch geschaffene Machtvakuum entzieht der von
Privert eingesetzten Übergangsregierung und dem neu konstituierten Wahlrat
die Handlungsmacht und stellt damit die Neuwahlen infrage. Die
haitianischen Kahlköpfe wollen damit erreichen, dass das Ergebnis der
Wahlen im vergangenen Jahr anerkannt wird, und ihren eigenen
Präsidentschaftskandidaten durchsetzen.
Äußerungen von Mitgliedern der UN-, US- und EU-Wahlbeobachter sind Wasser
auf die Mühlen von Martelly, der wiederholt wegen Amtsmissbrauch und
Korruption in der Kritik stand. Trotz gewisser Fehler und
Unregelmäßigkeiten werde sich am Wahlergebnis nichts ändern, urteilten
diese. Vermutlich scheuen sie nur die hohen Zusatzkosten für die Neuwahlen.
Insgesamt hat die internationale Staatengemeinschaft etwa 80 Millionen
US-Dollar zur Verfügung gestellt. Knapp drei Viertel davon wurden für eine
Wahl ausgegeben, die sich nach einer teilweisen Neuauszählung als
manipuliert herausgestellt hatte.
17 Jun 2016
## AUTOREN
Hans-Ulrich Dillmann
## TAGS
Haiti
Präsidentschaftswahl
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