# taz.de -- Großherzogtum plant Weltrauminitiative: Luxemburg will ganz nach o… | |
> Die Steueroase strebt eine industrielle Revolution an – im Weltall. Als | |
> erstes Land in Europa will Luxemburg den Asteroidenbergbau erlauben. | |
Bild: Raubbau im Weltraum gibt es nicht. Oder doch? | |
BERLIN taz | Luxemburg ist nicht gerade ein Mekka der Bodenschätze. Das | |
soll sich aber ändern, denn das Großherzogtum setzt auf einen neuen | |
Industriezweig: den Weltraumbergbau. Die Regierung hat am Freitag ein | |
Gesetz vorgestellt, das Eigentumsrechte im Weltraum regelt. „Wir sind damit | |
das erste europäische Land, das einen Gesetzesrahmen für den | |
Weltraumbergbau schafft“, sagt der Sprecher von Luxemburgs | |
Wirtschaftsminister Etienne Schneider. In der kommenden Woche soll das | |
Gesetz ins Parlament eingebracht werden. Luxemburgs Regierung unterstützt | |
den Weltraum-Bergbau auch finanziell, zunächst mit 200 Millionen Euro. | |
Das Gesetz ist Teil der Regierungsinitiative namens „Space Resources.“ Der | |
Plan ist, künftig Rohstoffe von Himmelskörpern abzubauen. Asteroiden sind | |
oft reich an Metallen wie Platin und seltenen Erden, die auf der Erde zum | |
Beispiel für die Herstellungen von Computern gebraucht werden. Auch Wasser | |
von Asteroiden könnte man gut gebrauchen, um daraus zum Beispiel Treibstoff | |
für Raumfahrzeuge herzustellen – und Astronauten-Durst zu löschen. | |
Das Gebiet ist juristisches Neuland. Es gibt bisher keine Regeln dazu, wem | |
die Rohstoffe auf dem Mond oder auf Asteroiden gehören und ob sie abgebaut | |
werden dürfen. Das Gesetz soll Unternehmen und Investoren Sicherheit | |
darüber geben, dass Abbauvorhaben legal sind. Und es soll klären, unter | |
welchen Bedingungen sie Lizenzen zur wirtschaftlichen Nutzung von | |
Rohstoffen aus dem All bekommen. | |
Das kleine Land hat mit Raumfahrtunternehmen bereits gute Erfahrungen | |
gemacht. Das Satellitenunternehmen SES (früher ASTRA) wurde 1985 mit | |
staatlicher Hilfe in Luxemburg gegründet und ist heute einer der größten | |
Satellitenbetreiber der Welt. Das neue Gesetz ist nun ein weiterer Schritt | |
in Luxemburgs Plan nach ganz oben. | |
## Chancen für Finanzstandort | |
Laut der Website der Regierungsinitiative soll der Weltraumbergbau für | |
Luxemburg einen neuen Wirtschaftszweig eröffnen, der eines Tages auch | |
„Weltraumstationen wie die ISS oder das zukünftige ’Moon Village’ | |
(englisch: Mond-Dorf) mit Ressourcen beliefern soll.“ Auch weitere | |
privat-öffentliche Partnerschaften mit Raumfahrtunternehmen seien denkbar. | |
Zwei große amerikanische Weltraum-Bergbau-Unternehmen haben bereits | |
Europaniederlassungen in Luxemburg: Deep Space Industries und Planetary | |
Ressources, an deren US-Mutterunternehmen der luxemburgische Staat seit | |
kurzem auch Teilhaber ist. Das Ziel, das Weltraumgeschäft anzukurbeln hat | |
auch damit zu tun, dass die Zeiten für die Steueroase Luxemburg immer | |
härter werden. Space Resources spricht von „echten Chancen für das | |
Finanzzentrum“ und neuen „Finanzlösungen für Weltraumprojekte“. Es soll | |
aber keine spezifischen Steuerbegünstigen für die Unternehmen geben. Die | |
will die EU nämlich verstärkt unterbinden. | |
Kritiker halten es für fragwürdig, ob das luxemburgische Gesetz mit | |
internationalen Verträgen vereinbar ist. Die Vereinten Nationen legten 1967 | |
fest, dass der Weltraum für zivile Nutzung und Forschung offen ist, aber | |
kein Land der Erde den Besitz an Himmelskörpern beanspruchen darf. | |
Luxemburg argumentiert, dass es ja keine Asteroiden besitzen wolle, sondern | |
nur die Rohstoffe. Der „Mondvertrag“ von 1979, der die Nutzung von | |
Weltraumrohstoffen durch Privatpersonen beschränken wollte, wurde von | |
keiner Weltraummacht unterzeichnet. | |
Den Abbau von Ressourcen im Weltraum könnte man rechtlich etwa mit der | |
Hochseefischerei vergleichen, sagt der Sprecher des luxemburgischen | |
Wirtschaftsministeriums: „Das Meer gehört ja niemanden, aber die an Deck | |
gezogenen Fische schon.“ Im All wie im Ozean: Wer sich die Mühe macht, | |
Reichtümer an Land zu ziehen, darf sie behalten. | |
Luxemburg betont, dass es internationales Recht unbedingt respektieren | |
will. Und dass es einen Dialog mit anderen Nationen anstrebt, um die | |
Rahmenbedingungen für „multilaterale Vorteile“ zu schaffen. Erste | |
Erkundungsmissionen könnten laut Regierung innerhalb der nächsten drei | |
Jahre starten. Wie viele LuxemburgerInnen in der Zukunft als | |
Weltraum-Kumpel Arbeit finden könnten, ist bisher nicht bekannt. | |
11 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Marie Kilg | |
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