| # taz.de -- Probleme im Wissenschaftsjournalismus: Im medialen Gleichklang | |
| > Das „Science Media Center“ soll Journalisten die Arbeit besser | |
| > aufbereiten. Doch der Service könnte fragwürdige Nebenwirkungen zeitigen. | |
| Bild: Was wird hier gebraut? Wissenschaft verstehen die wenigsten, umso wichtig… | |
| Es ist ein ehrenwertes Ziel, den Wissenschaftsjournalismus zu fördern. | |
| Praktische Anregungen bietet zum Beispiel das Projekt [1][„Medien-Doktor“], | |
| angesiedelt am Journalistik-Institut der TU Dortmund. Hier stehen viele | |
| handwerkliche Tipps, darunter ein Katalog mit Kriterien für seriöse | |
| Berichterstattung über Themen aus dem weiten Feld der Medizin. | |
| Angemahnt wird hier etwa, dass Journalisten nicht nur Nutzen, sondern stets | |
| auch mögliche Nebenwirkungen und ökonomische Aspekte eines neuen | |
| Behandlungsverfahrens beleuchten sollten. Dabei sollten auch unabhängige | |
| Experten zitiert und eventuelle Interessenkonflikte benannt werden. | |
| „Keine gute journalistische Praxis“ sei es hingegen, „Material direkt aus | |
| einer Pressemitteilung zu übernehmen, ohne im Text darauf zu verweisen“. Um | |
| zu zeigen, ob und wie solche Kriterien im Alltag beherzigt werden, bewertet | |
| der „Medien-Doktor“ regelmäßig Zeitungsartikel. Als Gutachter fungieren | |
| mehr oder minder renommierte Journalisten. | |
| Einer der Gutachter ist Volker Stollorz, der Redaktionsleiter von | |
| [2][Science Media Center Germany (SMC)]. Dessen Service, akkreditierten | |
| Journalisten noch unter Sperrfrist stehende Fachaufsätze plus | |
| Einschätzungen von Experten zukommen zu lassen, soll laut Stollorz mit | |
| Öffentlichkeitsarbeit und PR nichts zu tun haben – sondern helfen, das | |
| Niveau der Berichterstattung zu steigern. | |
| ## Agenda Setting von Nature und Co. | |
| In der medialen, durch Zeit- und Kostendruck geprägten Praxis ist aber mit | |
| fragwürdigen Nebenwirkungen zu rechnen: Der SMC-Service mit kostenlos | |
| servierten Statements promotet die vom SMC ausgewählten Experten – den | |
| Antrieb von Redaktionen, zusätzlich zu recherchieren, dürfte das nicht | |
| beflügeln. Vielmehr befördert das Vorgehen die clevere PR-Politik von | |
| Journalen wie Nature und Science, deren Interesse es erkennbar ist, sich | |
| selbst sowie bestimmte Forschungen auf die Agenda der Medien zu setzen. Die | |
| – problematischen – Effekte solcher PR-Strategien sind in der Szene wohl | |
| bekannt. | |
| Alexander Mäder, inzwischen Chefredakteur der Zeitschrift Bild der | |
| Wissenschaft, hat sie im November 2014 [3][auf den Punkt gebracht]; im | |
| Onlinemagazin meta, herausgegeben von der Wissenschafts-Pressekonferenz, | |
| schrieb Mäder: „Die Sperrfrist schafft eine künstliche Aktualität. Die | |
| Beiträge in den Tageszeitungen, Onlineportalen und im Hörfunk erscheinen | |
| alle gleichzeitig. Das erweckt den Eindruck, als sei in der Wissenschaft | |
| etwas Aufregendes geschehen, auch wenn der Heureka-Moment schon eine Weile | |
| zurückliegen mag.“ | |
| Mäder gab zu bedenken: „Der Gleichklang der Medien verstärkt den Impact der | |
| Studien auf die öffentliche Debatte.“An dieser Schraube wird das SMC | |
| mitdrehen – was Förderer aus Wissenschaft und Industrie sicher attraktiv | |
| finden. Redaktionen, die das SMC-Angebot nutzen, sollten den Lesern | |
| mitteilen, dass sie Statements zitieren, die das Science Media Center für | |
| sie bereitgestellt hat. | |
| 18 Nov 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.medien-doktor.de/ | |
| [2] http://www.sciencemediacenter.de/ | |
| [3] http://www.meta-magazin.org/2014/11/22/das-embargo-ist-verzichtbar/ | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus-Peter Görlitzer | |
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