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# taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Ruht in Frieden
> Warum steht am Grab des Ehepaars Dimitrov im bulgarischen Kucerinovo ein
> Schälchen frisch gepflückter Kirschen?
Bild: An Allerseelen auf dem Friedhof in Santa Domingo
Ich liebe Friedhöfe an fremden Orten. Aber nicht die touristischen
Pilgerziele wie den Wiener Zentralfriedhof, auf dem eine Glasplatte an
Falco erinnert, oder Père Lachaise in Paris, wo fast immer rote Rosen den
schwarzen Stein der „Famille Cassion-Piaf“ schmücken. Am allerwenigsten den
Cimitero Monumentale in Mailand, auf dem die Honoratioren sich noch im Tod
mit Obelisken, Minikathedralen und Riesenstatuen zu übertrumpfen suchen.
Viel interessanter sind Anlagen, die Geschichten von einfachen Leuten
erzählen oder vielmehr andeuten.
Wer war der kleine „Sepperl“ neben all den unbekannten Ertrunkenen auf dem
Friedhof der Namenlosen an der Donau, an dessen schmiedeeisernem Kreuz
Spielzeug hängt? Warum stehen am Grab des Ehepaars Dimitrov im bulgarischen
Kucerinovo ein Schälchen frisch gepflückter Kirschen und eine leere
geblümte Suppenschüssel mit zwei Löffeln?
Weshalb kam in Coolgardie im australischen Outback Tach Mahomed, einer der
afghanischen Kameltreiber, am 10. 1. 1896 im Alter von 37 Jahren durch die
Hand eines Mörders ums Leben? War es die Konkurrenz? Ein düpierter
Liebhaber? Nahm jemand Rache für gepanschten Methylalkohol, den Tach
heimlich vertrieben hatte und durch den so viele andere Männer auf dem
Friedhof gestorben sind?
Susanna Bradley wiederum, die seit dem 23. Februar 1846 auf dem Friedhof
von Battle Harbour in Labrador ruht – war sie wirklich das „geliebte Weib
von Jacob Bradley“? Ihre Nachbarin Rebecca Mead: Welches war wohl der
schönste Tag in ihrem 84-jährigen Leben auf der kargen Fischerinsel? Oder
John Hedderson, dessen Leben am 23. Dezember 1872 mit 36 Jahren endete:
Geschah es im Sturm? Infolge einer Blutvergiftung nach einem harmlosen
Schnitt beim Fischeausnehmen?
Grabsteine sind Rätsel für uns Nachgekommene – Rätsel, die nie endgültig …
lösen sind. Manchmal aber verdanken wir ihnen auch die ein oder andere
Erkenntnis, die uns schon im Diesseits weiterhilft: „Nur lustige Menschen
sterben gut“ steht auf einem Grab in Franken.
19 Nov 2016
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
## TAGS
Friedhof
Tourismus
November
Urlaub
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Trauer
Juden
Familie
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