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# taz.de -- Rapkünstler Saul Williams in Berlin: Wenn die Menge wild wird
> Mit guten Beats und einer ungewöhnlichen Video-Show zieht der Amerikaner
> Saul Williams das Publikum im Frannz Club auf die Tanzfläche.
Bild: Rappender Revoluzzer zum Anfassen
Die Zuschauer könnten im grellen Licht vor der Bühne nicht heterogener sein
– fast wie ein zusammengewürfelter Querschnitt der Bevölkerung sieht die
Menge aus. Viele im Publikum stehen auch allein in der kleinen Location des
Frannz Club in der Kulturbrauerei und warten.
Saul Williams’ Show beginnt mit einem Video, das in drei Schichten
aufgeteilt ist. Diese wiederholen sich abwechselnd und zeigen Bilder von
Persönlichkeiten wie Trump oder Muhammad Ali in der vordersten Schicht,
Worte und Sätze darüber geschrieben und einen animierten, verpixelten
Hintergrund.
Die Bühne bleibt dunkel, das Video läuft durchgehend weiter und verdoppelt
Williams’ Raps mit Überschriften wie „The wrong Shepherds lead us“ oder
„Hack in God“ als flimmernden Text. Der Fokus auf das Wort ist nur
konsequent für den US-Amerikaner, der aus der Poetry-Slam-Szene kommt. Und
er hat etwas zu sagen. All das, was in der Gesellschaft schiefläuft, wird
von ihm adressiert – und zwar mit einer Dringlichkeit, die es in sich hat.
Als er beim Song „The Bear/Coltan as Cotton“ in das Publikum steigt, bildet
sich schnell eine Traube um ihn. Die Zuschauer wollen ihn sehen, ihn
erleben und seine Weisheit aufnehmen. Er fordert das Hacken der
Pharmaindustrie, von Celebrity, der DNA und führt die Aufzählung immer
weiter fort, selbst als das Mikro ausgeht. Seine durchdringende Stimme
verschlägt einem fast den Atem, und intensiv sind seine Worte.
## Freigeist, Hinterfrager und Querdenker
Als Williams mit dem „Hack of the Cultural Development of Taste“ endet,
erfährt er überwältigenden Jubel. Das Publikum hat seinen gemeinsamen
Nenner gefunden: Williams, der Freigeist, Hinterfrager und Querdenker.
Auch beim nächsten Lied bleibt er in der Menge zwischen den Zuschauern und
wird einer von allen. Das Publikum lässt sich anstecken und tanzt wild. Der
Beat von „The Noise Came from Here“ entstand aus dem Klang tanzender und
klatschender Menschen vom Stamm der Twa in Ruanda, und auch heute Abend
geht die Energie von den Leuten aus.
Wieder auf der Bühne, stimmt Williams neben neuen Liedern aus seinem
fünften Album „Martyr Loser King“ wie „Down for Some Ignorance“ auch a…
Hits wie „Grippo“ an. Als er nach dem Song „List of Demands“ von der B�…
geht, will das Publikum noch mehr.
Für die zweite Zugabe kommt Williams ohne DJ zurück. Das Video im
Hintergrund ist jetzt zu Ende und Saul Williams steht allein im roten
Licht. Fast schüchtern erscheint er jetzt, wortlos lächelnd hört er den
Fragen aus der Menge zu. „Will you come back to Berlin?“, fragt jemand
vorne, und darauf eine andere: „Or stay forever?“ Er wäre nicht Saul
Williams, wenn er darin nicht ebenfalls Poesie entdecken würde. Und so
schlägt er vor, dass man unsere Fragen auch als Gedicht betrachten könnte,
bevor er tief Luft holt und uns das letzte Mal in einem Gedicht mit seinen
Ideen in den Bann zieht.
2 Nov 2016
## AUTOREN
Lorina Speder
## TAGS
Afro-Punk
Rap
HipHop
Multichecker
Debütalbum
Kate Tempest
New York
Pharrell Williams
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