| # taz.de -- Rassismus beim BFC Dynamo: Ultralangsam aus der rechten Ecke | |
| > Der Fußballverein BFC Dynamo wird sein rechtes Image nicht los. Das liegt | |
| > auch an den Verantwortlichen beim Verein, beklagt die Organisation | |
| > ReachOut. | |
| Bild: Keine rechten Sprüche mehr: so sieht das Fernziel des BFC Dynamo aus (Sp… | |
| Er sei auf dem Weg nach Hause gewesen, als er an der Eberswalder Straße | |
| angegriffen wurde, erzählt Joel S. „Die Männer trugen T-Shirts vom BFC | |
| Dynamo. Einer hat meinen Kumpel und mich gefragt, ob wir Drogen verkaufen. | |
| Wir haben Nein gesagt. Dann meinte ein Zweiter: Sag mal, was quatschst du | |
| da mit dem Neger?“ Dann habe man sie attackiert. „Mein Kumpel wurde | |
| geschubst, einer hat mir eine volle Bierflasche ins Gesicht geworfen.“ S. | |
| wurde anschließend zehn Tage im Krankenhaus behandelt. Er hat bis heute | |
| nicht seine volle Sehkraft zurück. Und der BFC Dynamo, der so gern sein | |
| rechtes Image loswerden will, steht vor neuen, alten Problemen. | |
| Die Situation, von der Joel S. spricht, trug sich am 3. September zu, dem | |
| Abend des Jubiläumsspiels zwischen dem BFC Dynamo und dem Hamburger SV. | |
| Fans des BFC Dynamo befanden sich auf dem Rückweg vom Jahnsportpark durch | |
| den Mauerpark und trafen auf Gäste eines kamerunischen Kulturvereins bei | |
| einem Grillfest. Es kam zu einer Auseinandersetzung. | |
| Was im Park selbst passierte, kann bis heute niemand belegen. Besucher des | |
| Grillfests sagen, sie seien rassistisch beleidigt und angegriffen worden. | |
| Als Beweis zeigt die Opferberatungsstelle ReachOut ein verwackeltes Video, | |
| auf dem man allerdings nur aufgebrachte Grillgäste sieht. Polizeisprecher | |
| Michael Gassen sagt: „Strafrechtlich relevante Vorkommnisse wurden von den | |
| Einsatzkräften vor Ort nicht festgestellt.“ | |
| Merkwürdig allerdings, dass die Polizei keine rassistischen Beleidigungen | |
| wahrgenommen haben will, obwohl sie Platzverweise gegen Dynamo-Anhänger | |
| aussprach. „Die Polizei wollte die Vorkommnisse vertuschen“, sagt Biplab | |
| Basu von ReachOut. Zumindest wollte man sie wohl nicht gern öffentlich | |
| thematisieren: Es gab zunächst keine Pressemitteilung über den Vorfall. | |
| Erst durch den Fall Joel S. sah die Berliner Polizei sich gezwungen, sich | |
| zu korrigieren: „Wir gehen von einem rassistischen Hintergrund aus.“ | |
| ## Polizei gibt keine gute Figur ab | |
| Im Fall Joel S. ermittelt das LKA nun gegen Beamte wegen „unterlassener | |
| Hilfeleistung“. Auch die Polizei gibt also keine gute Figur ab. Und der BFC | |
| schweigt, auch gegenüber der taz. Ein Schweigen, das eine laute Aussage | |
| ist. | |
| Seit Jahrzehnten ist der BFC Dynamo eine Anlaufstelle für rechtsextreme und | |
| gewaltbereite Fans: eine Tradition, gewachsen schon in der DDR, als rotzige | |
| Rebellion gegen Stasi-Chef Erich Mielke, den großen Dynamo-Fan und | |
| -Förderer, aber auch gegen die eigenen brav sozialistischen Eltern. In den | |
| neunziger Jahren regierten prügelnde rechte Hools die Kurve; Anfang der | |
| 2000er führten zwischenzeitlich mal die Hells Angels den Verein. Aus | |
| ständigen Geldnöten ergab sich eine fatale Abhängigkeit von Spenden aus | |
| rechten Kreisen; teilweise wanderten Ex-Hools in wichtige | |
| Vereinspositionen. Der Imagewandel bei Dynamo ist nicht so einfach | |
| umzusetzen. | |
| „Die Verantwortlichen denken: Wenn ich den Fans an den Karren pisse, kommt | |
| keiner mehr“, sagt Arthur Starker vom Fanprojekt Berlin, das mit | |
| jugendlichen Fans des BFC Dynamo arbeitet. „Es wird vieles toleriert.“ Zu | |
| sehr scheint die rechte Szene mit dem Verein verwachsen. „Ich habe selten | |
| so ein homogenes Publikum gesehen wie beim BFC“, sagt Fanforscher Robert | |
| Claus. „Man sieht keine Migranten, ein großer Teil des Publikums wurde Ende | |
| der 80er und Anfang der 90er Jahre mit Fußball sozialisiert und eine hohe | |
| Prozentzahl der Leute ist gewaltoffen.“ | |
| Seit der BFC im Jahnsportpark spielt, gibt es rund um die Spiele immer | |
| wieder Meldungen über Pöbeleien und Gewalt gegen Menschen mit ausländischem | |
| Aussehen, gegen homosexuelle Paare oder andere, die nicht ins Weltbild | |
| passen. | |
| ## Engagement bei Flüchtlingsturnieren | |
| Immerhin: In den letzten fünf Jahren hat sich eine jüngere Ultraszene | |
| entwickelt, die sich wehrt, mit Aktionen wie „Braun ist nicht Weinrot“ oder | |
| Engagement bei Flüchtlingsturnieren. Aber man müsse vorsichtig sein, so | |
| Arthur Starker. „Sie hängen das nicht an die große Glocke.“ Die Angst sei | |
| noch immer zu groß, der Einfluss der Ultras zu gering. | |
| Vorschläge der Organisation ReachOut, sich gemeinsam mit dem Verein gegen | |
| Rassismus zu engagieren, dürften deshalb vorerst unrealistisch bleiben. | |
| „Ein Banner ‚BFCler gegen Rassismus‘ können wir vergessen“, so Starker. | |
| Immerhin: „Wenn man jemanden erreichen kann, dann die Jugend beim BFC.“ Die | |
| Ultras werden aus Protest gegen die Rechten ihr Team beim Spiel gegen | |
| Babelsberg am 6. November nicht anfeuern. Es gibt Bewegung. Noch aber | |
| scheinen die Alteingesessenen zu mächtig. Der BFC selbst antwortete auf | |
| eine Mail von ReachOut lediglich, man finde die antirassistischen Ideen | |
| toll. Man werde sie auf einer Sitzung im Juni 2017 besprechen. | |
| 25 Oct 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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