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# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Die Abschottungsweltmeister
> Der Deutsche Fußball-Bund verfällt in Sachen Aufklärungsarbeit zur
> WM-Vergabe 2006 wieder in ganz alte Verhaltensmuster zurück.
Bild: Unzugänglich: DFB-Chef Reinhard Grindel will nicht in den Sportausschuss
Schon ist sie wieder vorbei – die Zeit der leisen Töne beim Deutschen
Fußball-Bund. Lange hat diese kleinlaute Phase im Zuge der Affäre um die
Vergabe der WM 2006 ja nicht gedauert. Die paar kleinen Sünden fallen dem
Selbstverständnis des Verbandes nach wohl angesichts der zahlreichen
friedensnobelpreisverdächtigen Verdienste sowieso kaum ins Gewicht.
Und so schlug der DFB am Donnerstag eine Einladung des Sportausschusses des
Deutschen Bundestags zum Thema „WM 2006“ vordergründig zwar aus
Termingründen aus, um dann doch in einem Nachsatz unverhohlen die
inhaltlich ablehnende Haltung deutlich zu machen. Außerdem, teilte der DFB
mit, „erlauben wir uns auch, die Zuständigkeit des Deutschen Bundestags in
dieser Angelegenheit kritisch zu hinterfragen“.
Vor der Aufklärungsarbeit muss also erst einmal die Zuständigkeitsfrage
geklärt werden. Eine aufschlussreiche Einlassung aus zweierlei Gründen.
Zum einen versuchte sich bis vor Kurzem noch DFB-Präsident Reinhard Grindel
in Abgrenzung zu seinem Vorgänger Wolfgang Niersbach als
Aufklärungsweltmeister zu profilieren. Gern wies er dabei immer wieder auf
die beispiellose hohe Geldsumme hin (5,1 Millionen Euro), die der DFB für
die internen Untersuchung der Kanzlei Freshfield ausgegeben hatte, um die
dubiosen Geldflüsse bei der WM-Vergabe aufzuklären. Und er betonte bei
jeder Gelegenheit, dass er Fenster und Türen öffnen wolle, um den Verband
zu lüften. Der Verband dürfe sich nicht abschotten.
## Die Zuständigkeitsfrage
Was Grindel nun macht, gleicht aber der Abschottungspolitik von Niersbach,
der ebenfalls im November 2015 kniff, als ihn der Sportausschuss einlud.
Nur hatte Wolfgang Niersbach damals nicht die Traute, diesem Gremium die
Zuständigkeit abzusprechen. Eingeladen war er übrigens auch von Reinhard
Grindel, der zu der Zeit noch dem Ausschuss als CDU-Bundestagsabgeordneter
angehörte.
Dass dieser nun die Zuständigkeitsfrage aufwirft, ist wirklich besonders
aufschlussreich. Zwar hat der DFB schon im Vorfeld der WM 2006 gern die Mär
verbreitet, das Turnier würde ohne öffentliche Gelder finanziert und der
Staat profitiere zudem noch von den vielen ausländischen Fans, die nach
Deutschland kämen und ihr Geld im Land lassen würden.
In Wahrheit jedoch wurde damals der Bau und die Renovierung der Stadien mit
mehr als 800 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln bestritten. Die
Sicherheitskosten schlugen für den Steuerzahler mit gut einer Milliarde
Euro zu Buche. Dagegen musste der Staat durch die Steuerfreiheit, die man
der Fifa gewähren musste, auf mehrere hunderte Millionen Euro Einnahmen
verzichten.
Die Sponsoren des WM-Organisationskomitees, die gut 60 Millionen Euro zur
Verfügung stellten, waren fast ausschließlich halbstaatliche Firmen (Bahn,
Telekom, Oddset, Postbank, EnBW). Die öffentlich-rechtlichen TV-Sender
zahlten für ihre Übertragungsrechte 180 Millionen Euro.
Einmal mehr sind die Verbindung zwischen Politik und Sport offensichtlich.
Dass Grindel sich nun vom Interesse der Politik abschotten will, erinnert
an alte, muffige Zeiten. Beim Deutschen Fußball-Bund mangelt es weiter an
Frischluftzufuhr.
15 Oct 2016
## AUTOREN
Johannes Kopp
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