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# taz.de -- Die WM-Affäre des DFB: Kniestrümpfe für Miss Warner
> War die WM 2006 gekauft? Der DFB sieht sich durch den Freshfield-Bericht
> entlastet. Der belegt das nicht. Hier die Highlights.
Bild: Das Vertrauen vieler Fans in den DFB ist zerbrochen. Der Freshfield-Beric…
Die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer hat im Auftrag des Deutschen
Fußball-Bundes die WM-Affäre 2006 untersucht. Die zentrale Frage, wofür das
WM-Organisationskomitee via Franz Beckenbauer 6,7 Millionen Euro nach Katar
an die Firma des damaligen Fifa-Vizepräsidenten Mohammed bin Hammam
überwies, blieb auch im 361 Seiten starken Bericht ungeklärt. Viele
interessante Details gerieten darüber in Vergessenheit. Eine Würdigung:
Konkret ist nicht auszuschließen, dass bestimmte Personen DFB-Akten nach
ihrem Ausscheiden inzwischen privat aufbewahren. Dies gilt etwa für Akten
des ehemaligen DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder, die in sein
Privathaus verbracht worden waren. Seine Erben gewährten uns nur
auszugsweise Einsicht in diese Unterlagen und stellten eine Überführung
aller Aktenordner in das Archiv des DFB erst für das Jahr 2017 in Aussicht.
(S. 30)
Darüber hinaus bestehen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass beim DFB selbst
potenziell relevante Dokumente vernichtet worden sein könnten. So fiel uns
auf, dass Akten zu ausgesuchten und potenziell relevanten Themen fehlten,
jedenfalls aber nicht auffindbar waren. (S. 30)
So lehnten sechs Personen aus dem Kreis der aktuellen und ehemaligen
DFB-Mitarbeiter und Funktionsträger ein Gespräch aus gesundheitlichen oder
anderen persönlichen Gründen ab. (S. 31)
## „Schweigen wegen Freundschaft“
Die Leiterin des DFB-Archivs erklärte, in der Zeit ab dem 22. Juni 2015
habe die Assistentin von Wolfgang Niersbach (damaliger DFB-Präsident; Anm.
der Redaktion) dann allein Dokumente im Archiv gesucht. Sie habe jegliche
Hilfe abgelehnt und die Archivare immer weggeschickt. (…) Im Archiv fanden
wir einen Platzhalter, wonach Wolfgang Niersbachs Assistentin den Order
„Fifa 2000“ am 22. Juni 2015 entlieh. Wir konnten diesen Ordner im Laufe
unserer Untersuchung nicht finden. Ein Mitarbeiter des Archivs hielt in
einer E-Mail an die DFB-Personalleiterin fest, dass die Assistentin von
Wolfgang Niersbach ihm gegenüber durchblicken ließ, dass sie eventuell
belastendes (Beweis-)Material vernichtet haben könnte. (S. 251/252)
Die Mitarbeiterin von Wolfgang Niersbach bestritt bei der Befragung durch
Freshfields, dass sie Akten vernichtet hätte. (S. 22/23)
Horst R. Schmidt (Ex-DFB-Generalsekretär; Anm. der Redaktion) wiederum
machte zum Inhalt des Gesprächs (zwischen Wolfgang Niersbach, Franz
Beckenbauer, Fedor Radmann und ihm am 9. 6. 2015 in Egelsbach; Anm. der
Redaktion) überhaupt keine Angaben. Er erklärte, aufgrund seiner
persönlichen Freundschaft zu allen Beteiligten wolle er sich nicht an der
Weitergabe des Inhalts aus persönlichen Gesprächen beteiligen. (S. 276)
## „Im wahrsten Sinne des Wortes offen – für alles“
In einem Schreiben an Jürgen Klinsmann vom 27. Mai 1999 schilderte Wolfgang
Niersbach die Lage der deutschen WM-Bewerbung überblicksartig. (…) „Sehr
dubios einzuschätzen“ seien schließlich Jack Warner und Chuck Blazer
(Fifa-Funktionäre, Anm. der Redaktion), wobei „die beiden zu jenen
Personen gehören, die im wahrsten Sinne des Wortes offen sind – für
alles.“(S. 61)
Bemerkenswert erscheint eine von Gerhard Mayer-Vorfelder auf einer
Präsidiumssitzung am 27. 1. 2000 gemachte Aussage, wonach es nicht einfach
sei, alle Versprechen Franz Beckenbauers an die Mitglieder des
Fifa-Exekutivkomitees zu erfüllen, man sich aber stets nach Kräften
bemühen werde, eine Umsetzung zu erreichen. (S. 68)
Vor dem Hintergrund vorstehender Ausführungen zum (jedenfalls) damaligen
korruptionsgeneigten Umfeld überrascht es auch nicht, dass Horst R. Schmidt
laut eigener Aussage nichts über die konkreten Umstände der Verhandlungen
mit Joseph Blatter (damaliger Fifa-Präsident; Anm. der Redaktion) über den
Zuschuss erfahren wollte und diese Haltung wie folgt begründete: „In diesem
Umfeld ist es manchmal besser, Dinge nicht zu wissen. Dieser Politik habe
ich mich befleißigt.“ (S. 344)
## „Zuwendungen für einzelne Personen“
Über die Kontaktaufnahme und fortlaufende Kontaktpflege hinaus, wurden (…)
Maßnahmen ergriffen, um die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees für die
deutsche WM-Bewerbung zu gewinnen. Dies geschah zum einen in Gestalt von
sog. Kooperationsvereinbarungen, Freundschaftsspielen und Maßnahmen der
Entwicklungshilfe auf Verbandsebene. Zum anderen wurden auch einzelnen
Personen „Zuwendungen“ oder „Vergünstigungen“ gewährt. (S. 68)
Kosten für die Deutschland Reise von Jack Warner und dessen Frau
(anlässlich des 100-jährigen Vereinsjubiläums des FC Bayern München; Anm.
der Red.) vom 26. Mai 2000 bis zum 31. Mai 2000 in Höhe von insgesamt
43.170,38 DM … (S. 90)
Eine von Horst R. Schmidt gegengezeichnete Auslagenübersicht vom 1. Juni
2000 mit der Überschrift „Diverse Barauslagen Bewerbung WM 2006“ führt
zudem unter anderem Ausgaben für „Regenschirm Mrs. Maureen Warner“,
„Kniestrümpfe Mrs. Maureen Warner“ und „Medikamente Mrs. Maureen Warner�…
auf. (S. 89/90)
Ein Indiz für eine Einflussnahme ergibt sich zudem daraus, dass ein
Unternehmen der Kirch-Gruppe auf eine Anfrage von Jack Warner hin eine
Spende in Höhe von 20.000 US-Dollar für die Restaurierung einer
Kirchenorgel in Trinidad & Tobago leistete. (S. 130)
## 20.000 DM des DFB-Sportfördervereins für eine Orgel
Zuvor, am 17. Juli 2001, hatte Jack Warner bei Egidius Braun um finanzielle
Unterstützung bei der Restaurierung einer Orgel der Hanover Methodist
Church in Trinidad & Tobago gebeten. Egidius Braun leitete dieses
Schreiben an Horst R. Schmidt weiter, der Jack Warner am 8. August 2001
antwortete und eine Unterstützung durch den DFB ablehnte. Andernfalls
drohten Probleme mit den Steuerbehörden. Mit einem zweiten Schreiben an
Jack Warner vom 29. August 2001 nahm Horst R. Schmidt diese generelle
Absage zurück. Stattdessen teilte er mit, dass eine Summe von 20.000 DM
über den DFB-Förderverein bereitgestellt werden könne. In der
Vorstandssitzung des DFB-Sportfördervereins vom 26. September 2001 wurde
dem Spendenantrag schließlich zugestimmt. (S. 135)
Fedor Radmanns Aussage wirft in verschiedener Hinsicht Zweifel ob ihrer
Glaubhaftigkeit auf. (…) Das von ihm behauptete Szenario, „ich zahle Geld
und bekomme dafür Geld“ hätte für Fedor Radmann Anlass genug sein müssen,
sich nach dem Grund für ein solches – wenig einleuchtendes – Vorgehen zu
erkundigen. All dies will Fedor Radmann nicht getan haben. (S. 345/346)
Nach schriftlicher Auskunft seines Anwalts sei Franz Beckenbauer überrascht
über die gewonnenen Erkenntnisse, die aber seine bisherige Erinnerung
durchaus zutreffend ergänzen. (S. 347)
6 Mar 2017
## AUTOREN
Johannes Kopp
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