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# taz.de -- Korruption bei der WM-Vergabe 2006: Der talentierte Mr. Zaccour
> Vor der WM-Vergabe schließt Kirch einen Vertrag mit dem Lobbyisten
> Zaccour. Nun wird gefragt, ob sein Freund Warner für Deutschland stimmte.
Bild: Strippenzieher mit besten Kontakten: Fedor Radmann
Berlin taz | Spuren und Indizien für krumme Geschäfte rund um die
WM-Vergabe 2006 nach Deutschland sind schon reichlich ermittelt worden. Nun
ist das Magazin Der Spiegel auf eine Fährte gestoßen, die das Bild auf
interessante Weise verdichtet. Es gibt nämlich einen zweiten Vertrag des
deutschen Medienkonzern Kirchmedia mit dem libanesischen, mittlerweile
verstorbenen Geschäftsmann Elias Zaccour, der auffällig kurz vor der
Vergabe des Turniers ausgehandelt wurde.
Zaccour, der dank seines strippenzieherischen Talents, Freund korrupter
Sportfunktionärsgrößen wie dem ehemaligen Fifa-Präsidenten João Havelange
oder den Ex-Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner und Mohamed bin Hammam wurde,
war bereits im Jahr 2003 von Kirchmedia, dem TV-Rechteinhaber für die WM
2006, mit einem Vertrag über ein Honorar von einer Million Dollar gebunden
worden. Das war schon bekannt. Und dieser Betrag wurde ihm auch
nachweislich überwiesen.
Der zweite in der gleichen Größenordnung dotierte Vertrag, dessen
Honorierung nirgends verzeichnet ist, war verdächtigerweise im Juni 2006 so
angelegt worden, dass der früheste Auszahlungstermin der 7. Juli 2006 war.
Der Tag nach der Wahl Deutschlands als Austragungsort der WM.
Fedor Radmann hatte Elias Zaccour in Spiel gebracht. Im Grunde sind die
beiden Kollegen, kontaktreiche Mehrheitsbeschaffer im Hintergrund, die sich
ihre Arbeit bestens bezahlen lassen. Radmann, der damals mit Franz
Beckenbauer weltweit um Stimmen für Deutschland warb, hatte zugleich einen
Beratervertrag mit Kirchmedia, die sich von einer WM in Deutschland mehr
Erlöse erwartete als beim größten Konkurrenzkandidaten Südafrika.
Offiziell sollte Zaccour sein Geld für Beratungsleistungen im Bereich
Filmrechte erhalten. Über Kenntnisse in diesem Metier verfügt er jedoch
nicht. Möglicherweise war es vielmehr Aufgabe von Zaccour, in den letzten
Tagen vor der WM-Vergabe die deutsche Bewerbung in einer prekären Lage
entscheidend zum Erfolg zu verhelfen. Der Fifa-Vizepräsident Mohamed Bin
Hammam teilte dem DFB damals nämlich mit, dass der Verband nur auf drei
statt auf vier asiatische Stimmen vertrauen könnte. Die nun plötzlich
fehlende Stimme könnte Jack Warner für Deutschland abgegeben haben. Dass
dies so gewesen sei, behauptete Zaccour 2013 gegenüber einem Journalisten
der Süddeutschen Zeitung. Seine freundschaftliche Verbundenheit zu Warner
betonte er damals offenkundig auch.
## Vertrag wurde nicht umgesetzt
In dieses Bild würde auch der von Radmann eingefädelte Vertrag mit Jack
Warner passen, der ebenfalls nur wenige Tage vor der WM-Vergabe aufgesetzt
wurde. Dabei ging es um ein Volumen von zehn Millionen DM. Umgesetzt wurde
der Vertrag allerdings nicht, weil die Unterschrift des DFB-Präsidiums
fehlte.
Angesichts dieser Indizienkette überrascht, dass die Kanzlei Freshfield,
die vom DFB beauftragt wurde, die Affäre aufzuklären, dieser Spur nicht
nachging. Der Name Elias Zaccour taucht in dem 380-seitigen Bericht nur
zweimal auf. Dabei wird nur erwähnt, man habe den Geschäftsmann aufgrund
seines Todes im Jahr 2014 nicht befragen können.
Die Freshfield-Ermittler attestieren zwar Fedor Radmann „überraschende
Erinnerungslücken“ und fehlende „Glaubhaftigkeit“, seine bekannte
Kontaktaufnahme zu Warner-Freund Zaccour nahmen sie jedoch nicht zum
Anlass, intensivere Nachforschungen zu veranlassen.
Probleme mit dem Gedächtnis hat auch André Hahn, der ehemalige
Geschäftsführer von Kirchmedia. Er erklärte zu den Verträgen mit Zaccour,
ein 17 Jahre zurückliegender Vorgang sei ihm nicht mehr erinnerlich.
Radmann dagegen wollte offenbar nicht ein weiteres Mal auf seine
Gedächtnislücken verweisen. Er ließ auf Anfrage lediglich wissen, dass er
sich zu dieser Angelegenheit nicht äußern werde.
26 Mar 2017
## AUTOREN
Johannes Kopp
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