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# taz.de -- TV-Lizenzen in Griechenland: Ein Fernsehimperium für Syriza
> Bei der Versteigerung der Lizenzen offenbarte sich ein neuer
> Korruptionsskandal: Die Regierung Tsipras hatte einem Bieter Vorteile
> eingeräumt.
Bild: Eine regierungsfreundliche, aber nicht ganz legale Medienlandschaft
Athen taz | „Xerbedewoume me to palio“ – „Wir entledigen uns des Alten�…
das war in Athen der Wahlslogan des „Bündnis der Radikalen Linken“
(„Syriza“) im September 2015. Das „Alte“, was Syriza meinte, war ein
faules, korruptes System der Machthabenden, das Griechenland 2010 an den
Rand des Staatsbankrotts manövriert hatte. Das Credo lautete: Syriza sei
das Neue. Die Griechen glaubten das. Sie wählten den jungen,
charismatischen, dafür damals schon gezähmten Spargegner Tsipras nur acht
Monate nach seiner Machtübernahme wieder – vor allem, weil Tsipras
versprach, den hellenischen Augiasstall auszumisten.
Tsipras’ Saubermann-Image hat nun, gelinde gesagt, Kratzer bekommen. Nicht
wenige sagen, Tsipras sei keinen Deut besser als seine Vorgänger.
Neuanfang? Von wegen!
Denn ausgerechnet ein Vorzeigeprojekt der Regierung Tsipras droht sich zum
schlimmen Debakel zu entwickeln: die jüngst mit viel Tamtam [1][initiierte
Auktion von vier Sendelizenzen im Privat-TV] in Hellas.
Zunächst sah es nach einem grandiosen Erfolg aus: Die vier Sieger boten
kumuliert sagenhafte 246 Millionen Euro. Bei drei der vier Meistbietenden,
allesamt Reeder, stellte sich nie ernsthaft die Frage, ob und woher sie das
Geld für ihr TV-Engagement haben. Zwei von ihnen, Jannis Alafouzos („Skai
TV“), der 43,6 Mio. Euro bot, sowie die Kyriakou-Familie („Antenna“), die
75,9 Mllionen Euro ausgibt, sind ohnehin längst TV-Mogule. Der Dritte, der
Krösus und TV-Newcomer Vangelis Marinakis, dürfte zudem der aktuell
kapitalkräftigste von allen sein. Er bot 73,9 Millionen. Anders bei
Jannis-Vladimir Kalogritsas, Spross eines Bauunternehmers, einem
bekennenden Linken, dem eine Nähe zu Syriza nachgesagt wird. Er hatte sich
mit gebotenen 52,6 Millionen Euro eine TV-Lizenz ergattert.
## Dubiose Machenschaften
Eine von der Regierung Tsipras bestimmte Kommission überprüfte die
Meistbietenden unmittelbar nach der Auktion. Ihr einhelliges Urteil: Alles
in Ordnung – ausdrücklich auch bei Kalogritsas.
Der Generalsekretär für Information, Leftheris Kretsos, ein exponiertes
Mitglied der Regierung Tsipras, unterschrieb das alles. So war es amtlich:
Die vier Meistbietenden hatten „endgültig“ den Zuschlag erhalten.
Was folgte, ist peinlich für Tsipras und Co. Griechische Medien enthüllten
sofort nach dem Zuschlag, dass die offenbar hochverschuldete und
steuerhinterziehende Kalogritsas-Familie seit Beginn der Ära Tsipras
zahlreiche Staatsaufträge erhalten habe. Überdies konnte sie – trotz Krise
und Kapitalverkehrskontrollen – bevorzugt große Kredite von der kleinen
Attica-Bank erhalten – und dies ohne die entsprechenden Sicherheiten.
Sogar Athens Notenbank-Chef schaltete sich wegen der dubiosen
Machenschaften im Geldinstitut ein. Die Spitze der Attica-Bank wurde
ausgewechselt. Die neue Bankführung versicherte, ab sofort keine
(potenziellen) Medienunternehmer mehr finanzieren zu wollen.
## Kalogritsas zieht zurück
Am Montag lief die Frist für die Zahlung der ersten Rate für die TV-Lizenz
ab. Im Fall Kalogritsas waren dies 17,53 Millionen Euro. Und siehe da:
Kalogritsas zog sich zurück. Er hat das Geld nicht. Zuvor hatte die
Regierung Kalogritsas’ Antrag abgelehnt, die Frist um 48 Stunden zu
verlängern. So darf nun der Krösus Iwan Savvidis nachrücken.
Die Athener Opposition wittert nun Morgenluft und behauptet, Tsipras habe
mit der Auktion versucht, statt der alten einfach eine neue Verflechtung
zwischen Politik, Banken und Massenmedien zu schaffen.
Pikant: Sogar der Syriza-Europaabgeordnete Stelios Kouloglou, selbst
Journalist, sieht das so. „Herr Kalogritsas hatte offensichtlich eine
Übereinkunft mit Mitgliedern der Regierung erzielt. Natürlich ist es die
Arbeit der Regierung, einige ihr freundlich gesinnte Massenmedien zu haben.
Das gilt besonders dann, wenn die Regierung alle Massenmedien gegen sich
hat und eine neue Fernsehlandschaft schafft.“
Der Schaden ist schon groß, für Tsipras könnte aber alles noch schlimmer
kommen. Am 30. September entscheidet das oberste Athener
Verwaltungsgericht, ob Tsipras’ TV-Neuordnung verfassungskonform ist. Kippt
das Gericht das Gesetz, wäre dies für Tsipras, den vermeintlichen
Saubermann, der TV-Super-GAU.
28 Sep 2016
## LINKS
[1] /Fernsehsender-in-Griechenland/!5331807
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
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