# taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Mission zum Mars | |
> Beate Scheder empfiehlt tierische Kollaborationen bei Meyer Riegger, die | |
> neuen Räume der Galerie Wentrup und Marianne Vlaschits' Weltraumausflug | |
Bild: Marianne Vlaschits, „*a disturbance travelling through a medium*“, 20… | |
Als Carsten Höller vor sechs Jahren den Hamburger Bahnhof mit Rentieren | |
bevölkerte, wurde noch wild über die Rolle von Tieren in der Kunst | |
diskutiert. Mittlerweile scheint diese gefestigt, was zuletzt etwa Anne | |
Imhof am selben Ort mit zahmen Falken bewies. | |
Auch für Björn Braun ist es nicht das erste Mal, dass er sich | |
Kollaborateure in der Tierwelt suchte. Für seine Schau bei [1][Meyer | |
Riegger] unter anderem Mäuse, Raben, Würmer und Kaninchen. Im Tiergarten | |
hatte er Kartoffeln, Äpfel und Rettiche verteilt, die er von diesen | |
anknabbern ließ. | |
Interessanterweise vertilgen die Würmer, Nager und Vögel solches Futter | |
nämlich nie ganz und auf einmal, sondern peu à peu und wenn man so will | |
partizipativ. Anschließend sammelte Braun Obst und Wurzeln wieder ein, goss | |
die Formen in Industriebeton, Gips und Zinn ab und türmte sie zu Säulen | |
auf. | |
Ohne Anfang und Ende wie bei Brancusi, jedoch mit den Bissspuren der Tiere, | |
mal kleiner, mal größer. Wer mag, kann versuchen, sie den Spezies | |
zuzuordnen. | |
Surreale Bewegtbilder | |
Nicht die Fauna, sondern die Flora ist – wie so häufig – Thema der | |
Videoarbeiten [2][Hicham Berradas], mit denen die Galerie Wentrup ihre | |
neuen zusätzlichen Räume [3][WNTRP] an der Potsdamer Straße einweiht. | |
Berrada beschäftigt sich darin mit Blüten, mit der Ästhetik von | |
Blütenständen. | |
Scheinbar, denn das, was der Künstler da mit Hochgeschwindigkeitskameras | |
aufgenommen und in Zeitlupe zu surrealen Bewegtbildern ausgedehnt hat, | |
imitiert die irre Selbsterhaltungskraft der Natur nur. In Wirklichkeit sind | |
es Formationen von Eisenteilchen in Flüssigkeit über einem Magnetfeld. | |
Die Galerie als Raumschiff | |
„Is there Life on Mars?“ Aber ja, und zwar weibliches. Zumindest wenn es | |
nach [4][Marianne Vlaschits] geht. Die Künstlerin hat in ihrer Ausstellung | |
bei [5][Duve] die Galerieräume in das Innere eines Raumschiffs verwandelt, | |
in dem eine weibliche Besatzung sich auf die Reise zum roten Planeten | |
begibt. | |
Die Idee ist eigentlich mehr als naheliegend – Frauen sind leichter und | |
verbrauchen weniger Lebensmittel –, dennoch gibt es bislang kaum | |
Raumfahrerinnen. Von dieser Überlegung, die die Nasa bereits in den 1960ern | |
aufstellte, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen, geht Vlaschits aus und | |
spinnt sie weiter zur feministischen Utopie. | |
Sie entwirft einen matriarchal geprägten Kosmos in Pink- und Blautönen | |
inklusive kultureller Mission. Ihr Raumschiff transportiert nämlich nicht | |
nur ihre Weltraumpionierin, sondern auch comichafte Gemälde und eine | |
Heldengalerie der vier (fiktiven) ersten Frauen auf dem Mars. | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz | |
28 Sep 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.meyer-riegger.de/ | |
[2] http://www.hichamberrada.com/ | |
[3] http://www.wntrp.com/ | |
[4] http://www.mariannevlaschits.com/ | |
[5] http://www.duveberlin.com/ | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
## TAGS | |
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Hamburg | |
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