# taz.de -- Krieg in Syrien: USA greifen Assad an | |
> Ein US-Luftangriff auf syrische Regierungstruppen gefährdet die brüchige | |
> Waffenruhe zusätzlich. Nun geht es um Schadensbegrenzung. | |
Bild: In den Randgebieten von Aleppo: Ein Mann macht Feuer, um Plastik zu verbr… | |
ISTANBUL taz | Noch gilt die zwischen Amerika und Russland vereinbarte | |
Feuerpause. Dass sich die beiden Seiten auf eine weitere Verlängerung | |
einigen, die am Sonntagabend fällig war, schien fraglich. Ein Luftangriff | |
der USA und ihrer Verbündeten auf Truppen des syrischen Regimes am Samstag | |
hat die Zerwürfnisse zwischen beiden Seiten über Verletzungen der | |
Vereinbarung vertieft. | |
Nach russischen Angaben flogen die Amerikaner vier Luftangriffe auf eine | |
Stellung der Regimetruppen nahe des Flughafens der ostsyrischen Stadt Deir | |
al-Sor. Dabei seien mindestens 62 syrische Soldaten getötet und hundert | |
weitere verletzt worden. Die USA räumten den Angriff ein und boten | |
Kompensationszahlungen an. Sie sprachen jedoch von einem Versehen. | |
Die Koalitionsstreitkräfte seien davon ausgegangen, das sie Kämpfer des | |
„Islamischen Staats“ (IS) bombardierten, die sie seit geraumer Zeit | |
beobachtet hätten, teilte das für den Nahen Osten zuständige US Central | |
Command am Samstagabend mit. Als russische Vertreter sie über den Irrtum | |
informiert hätten, seien die Luftangriffe sofort gestoppt worden. Zudem | |
seien russische Vertreter im Vorfeld über den bevorstehenden Luftangriff | |
informiert worden. | |
Wer außer den USA an dem folgenschweren Einsatz beteiligt war, ist bisher | |
unklar. Zunächst bestätigte nur Australien seine Beteiligung. Wie die | |
Amerikaner bemühten sich die Australier um Schadensbegrenzung. „Australien | |
würde niemals absichtlich eine syrische Militäreinheit angreifen“, erklärte | |
das australische Verteidigungsministerium. Fast wortgleich hatte sich das | |
US-Militär geäußert. Das spricht Bände. | |
Zwar hat das Militärbündnis gegen den IS bisher kein einziges Mal die | |
Truppen von Machthaber Baschar al-Assad angegriffen, die für die Mehrzahl | |
der Toten im syrischen Bürgerkrieg verantwortlich sind. Aber explizit | |
ausgeschlossen haben sie es bisher auch nicht. Vieles spricht dafür, dass | |
die Amerikaner tatsächlich den IS angreifen wollten, der seit Jahren die | |
umliegende Provinz an der irakischen Grenze kontrolliert und eine syrische | |
Militärbasis nahe dem Flughafen belagert. Augenzeugen berichteten am | |
Samstag von Gefechten zwischen der Armee und IS-Kämpfern. Nach dem | |
Bombenangriff überrannte der IS die Militärbasis; unterstützt von | |
russischen Luftangriffen soll es der Armee am Sonntag gelungen sein, sie | |
wieder zurückzuerobern. | |
## Wasser auf die Mühlen Moskaus | |
Der Bombenangriff ist Wasser auf die Mühlen Moskaus und des Assad-Regimes. | |
Beide warfen den Amerikanern vor, die Regimetruppen absichtlich bombardiert | |
zu haben – und verbreiteten Verschwörungstheorien. Der Angriff zeige | |
deutlich, dass die Amerikaner die IS-Terroristen unterstützten, erklärte | |
die syrische Armeeführung. | |
Die Russen bekräftigten ihren Vorwurf, Washington halte sich nicht an das | |
Abkommen über die Feuerpause. Rebellengruppen würden sie nutzen, um sich | |
„neu zu organisieren“, sagte Präsident Wladimir Putin. Washington mache | |
keine Anstalten, die Trennung zwischen eher gemäßigten Rebellen und den | |
Extremisten durchzusetzen. Das Abkommen sieht für die Zukunft gemeinsame | |
Angriffe auf die Jabhat Fatah al-Sham vor, den syrischen Al-Qaida-Ableger, | |
der zuvor unter dem Namen Nusra-Front firmierte. | |
Dazu müsste freilich auch Assad seinen Part erfüllen. Dieser weigert sich | |
bisher standhaft, die vereinbarte humanitäre Hilfe in die eingekesselten | |
Rebellengebiete zu lassen – allen voran Ost-Aleppo, wo schätzungsweise bis | |
zu 300.000 Einwohner von der Außenwelt abgeschnitten sind. Dutzende | |
Lastwagen mit Hilfsgütern steckten am Sonntag weiterhin an der türkischen | |
Grenze fest. Offenbar habe Moskau keineswegs so viel Einfluss auf Assad, | |
wie es behauptet, heißt es in Washington. | |
Derweil drohen die Kämpfe, die in der vergangenen Woche nachgelassen | |
hatten, erneut zu eskalieren. Luftangriffe des Regimes und Kämpfe, für die | |
sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich machen, haben in vergangenen | |
Tagen mehr als 20 Tote gefordert. | |
18 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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