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# taz.de -- USA und Russland: Zerwürfnis nach Luftangriff in Syrien
> Die US-geführte Koalition hat offenbar irrtümlich Truppen des
> Assad-Regimes angegriffen. Nun verschärft sich der Ton zwischen Moskau
> und Washington.
Bild: Verließ demonstrativ den Saal: Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin
New York/Damaskus/Moskau dpa | Ein vermutlich irrtümlicher Luftangriff der
von den USA geführten Koalition auf syrische Regierungssoldaten hat ein
schweres Zerwürfnis zwischen Washington und Moskau ausgelöst. Russlands
UN-Botschafter Witali Tschurkin verlies eine kurzfristig einberufene
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats am Samstagabend bei Ankunft
seiner amerikanischen Kollegin Samantha Power. Zudem bezeichnete er den
Angriff, bei dem mindestens 60 Menschen ums Leben kamen und 100 weitere
verletzt wurden, als möglicherweise gewollt.
Die US-Regierung hatte zuvor „Bedauern“ über den Irrtum geäußert, der zum
Verlust von Menschenleben geführt habe. Sie habe dieses Bedauern über
Russland auch Syrien übermittelt, zitierte CNN einen Regierungsbeamten. Die
USA würden sich weiterhin an die Bedingungen der Waffenruhe halten und
zugleich – gemäß der Vereinbarung – die Terrormiliz IS weiter bekämpfen.
Tschurkin erklärte, es sei möglich, dass der „rücksichtslose“ Luftangriff
ausgeführt wurde, um die Umsetzung der mühsam ausgehandelten
Syrien-Vereinbarung zu behindern. Zur aus seiner Sicht von den USA
verletzten Einhaltung der Waffenruhe sagte er: „Ehrlich gesagt, weiß ich
nicht, was der nächste Schritt sein wird.“ Als endgültig gescheitert
bezeichnete er die Vereinbarung aber nicht.
Power, die wegen ihres Statements vor Journalisten laut Tschurkin einen
Teil von dessen Kommentaren im höchsten UN-Gremium verpasste, bezichtigte
Russland der Effekthascherei. „Selbst nach russischen Standards ist die
Nummer von heute Abend – eine Nummer voller Moralismus und Effekthascherei
– auf einzigartige Weise zynisch und scheinheilig“, sagte Power.
Sie zeigte sich empört, dass Russland eine Dringlichkeitssitzung einberief,
unzählige Angriffe auf die Bevölkerung durch das syrische Regime aber
unbeantwortet gelassen hatte. Power drückte das Bedauern der USA aus, dass
bei dem Angriff Menschen ums Leben gekommen seien.
## Dutzende Tote und Verletzte
Nach Angaben des US-Zentralkommandos brach die Koalition den Angriff sofort
ab, als russische Vertreter Verantwortliche der Koalition darauf aufmerksam
gemacht hätten, dass das Ziel möglicherweise syrische Regierungssoldaten
waren.
Die Koalition sei davon ausgegangen, dass es sich um Stellungen der
Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt habe, teilte das
US-Zentralkommando am Samstag mit. Die Einheiten hätten die Zielposition
für eine erhebliche Zeit beobachtet. Opferzahlen bestätigte das Kommando
nicht.
Das russische Verteidigungsministerium sprach am Samstagabend unter
Berufung auf das örtliche syrische Kommando von mehr als 60 getöteten
Regierungssoldaten. Etwa 100 seien verletzt worden. Die Syrische
Beobachtungsstelle für Menschenrechte geht von mindestens 83 Toten und mehr
als 120 Verletzten aus.
Wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, seien
Stellungen der Armee in der Nähe eines Militärflughafens in der Provinz
Dair as-Saur angegriffen worden. Es ist das Kernland der Islamisten,
syrische Regierungstruppen kontrollieren hier nur kleine Gebiete. Direkt
nach dem Luftangriff seien Kämpfer des IS am Boden in die Offensive gegen
den Stützpunkt gegangen. Auch das IS-Sprachrohr Amak berichtete vom
Vorrücken der Dschihadisten.
## Zahlreichen Brüche der Waffenruhe
Den Moskauer Angaben zufolge kamen die Flugzeuge der Koalition aus dem Irak
in den syrischen Luftraum und flogen vier Angriffe. Auch Kampfhubschrauber
waren nach Berichten der Beobachtungsstelle für Menschenrechte an dem
Angriff beteiligt.
Igor Konaschenkow, Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau,
schloss nicht aus, dass die Attacke ein Versehen sei. Er führte den Fehler
auf die Weigerung der USA zurück, ihr militärisches Vorgehen gegen
terroristische Gruppen in Syrien mit Russland abzustimmen.
Das US-Zentralkommando verwies auf die „komplexe“ Situation in Syrien mit
verschiedenen militärischen Kräften und Milizen in nächster Nähe
zueinander. „Aber Koalitionskräfte würden keine syrische Einheit
wissentlich und absichtlich angreifen.“
Am Montagabend war eine Waffenruhe in dem Bürgerkriegsland in Kraft
getreten, die die USA und Russland verhandelt hatten. Angriffe gegen
islamistische Gruppen sind von der Feuerpause ausgenommen. Während die
Gewalt in Syrien zunächst auch deutlich zurückgegangen war, waren die
Kämpfe in den vergangenen Tagen immer häufiger aufgeflammt und es kam zu
zahlreichen Brüchen der Waffenruhe. Auch humanitäre Hilfe der Vereinten
Nationen gelangte bislang noch nicht in die umkämpften Gebiete.
18 Sep 2016
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