# taz.de -- Anwohner-Protest in Hamburg: Unerwünschter Mieter | |
> AfD-Mann Ludwig Flocken hat den Wasserturm von Lohbrügge gemietet. | |
> Anwohner befürchten ein rechtes Agitationszentrum. | |
Bild: Der Sander Dickkopp in Hamburg: Nach oben ist viel Platz für viele Rechte | |
HAMBURG taz | Auf seiner Facebookseite zeigt Ludwig Flocken Fotos des | |
historischen Gebäudes, in dem jetzt sein Abgeordnetenbüro ist. Die Zinnen | |
an der Spitze verleihen dem „Sander Dickkopp“, wie der Wasserturm von | |
Lohbrügge genannt wird, das Aussehen eines Burgturmes. Lächelnd steht der | |
AfD-Mann vor der Eingangstür. Die Schilder der pleite gegangenen Gaststätte | |
hängen noch an der Backsteinmauer. Flocken ist gerade erst eingezogen – und | |
hat jetzt schon im ganzen Stadtteil Gegner. | |
Denn der Bürgerschaftsabgeordnete, der bei Pegida mitmarschierte, ist sogar | |
der AfD-Fraktion zu rechts. In einer Kleinen Anfrage nach den Vorfällen in | |
der Silvesternacht schrieb er darüber, dass „Angehörige verschiedener nach | |
Deutschland eingedrungener Ethnien“ angeblich „Menschen unserer westlichen | |
Kultur“ erniedrigten. Mit seinem Austritt kam er im Februar einem | |
Ausschluss zuvor. | |
Noch ist er aber AfD-Mitglied und will am Sonntag eine Party zur Wahl in | |
Mecklenburg-Vorpommern für die AfD-Anhänger im Wasserturm schmeißen. Und | |
dagegen regt sich Protest. Denn der Turm von 1907 sei als Gebäude das | |
„zentrale Identifikationsmotiv des Stadtteils Lohbrügge“, sagt der | |
Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Stephan Jersch. Er wohnt selbst in dem | |
Viertel und sorgt sich darum, dass der Wasserturm zum Schulungszentrum für | |
Rechtsextreme werden könnte. | |
Denn laut Bergedorfer Zeitung hat Flocken nicht nur mit dem Geld der Stadt | |
die Räume für sein Abgeordnetenbüro gemietet, sondern dazu noch privat die | |
beiden früheren Gastronomie-Etagen und den Biergarten. Die Räume eigneten | |
sich für Veranstaltungen, schreibt Flocken auf Facebook. | |
Ob auch die AfD die Räume nutzen will, ist bisher unklar. „Bei unserer | |
Landesvorstandssitzung am 12. September ist das Thema“, sagt | |
AfD-Schatzmeisterin Nicole Jordan. Flocken habe nicht mit dem | |
Landesvorstand abgesprochen, dass er die Immobilie miete. Zudem gebe es | |
„Konfliktpunkte mit Herrn Flocken.“ Über ein mögliches | |
Parteiausschlussverfahren wollte Jordan sich nicht äußern. | |
Der Bergedorfer Zeitung sagte Dirk Nockemann, der Sprecher des | |
AfD-Bezirksvorstands Bergedorf allerdings, dass das Verfahren läuft. Die | |
AfD will Flocken loswerden. Umso größer ist die Sorge bei seinen Gegnern. | |
Der Linke Jersch hält bei Flocken „den Übergang zum offen rassistischen und | |
nationalistischen Bereich“ für fließend. Für wen, wenn also nicht für die | |
AfD, will Flocken im Turm Veranstaltungen abhalten? | |
Karla Fux, Mitglied des Hamburger Bündnisses gegen Rechts, berichtet davon, | |
dass die Anwohner im Viertel aufgebracht seien, seitdem bekannt ist, dass | |
der AfD-Mann ihr Wahrzeichen gemietet hat: „Es ist von keinem gewünscht, | |
dass hier ein politisches Agitationszentrum entsteht.“ Gemeinsam mit | |
anderen Organisationen aus dem Stadtteil plant das Bündnis deshalb am | |
Sonntag eine Kundgebung vor dem Turm. „Wir möchten bewirken, dass der | |
Mietvertrag nicht wie geplant für mehr als drei Jahre läuft“, sagt sie und | |
hofft, dass es sich der private Eigentümer noch einmal überlegt. | |
Der Turm wurde noch bis 1972 zur Wasserversorgung genutzt. Rund zehn Jahre | |
lang kümmerte sich dann die Kulturgenossenschaft Wasserturm um das Gebäude | |
und machte ein linkes Kulturzentrum aus dem Turm. Geerd Dahms war damals im | |
Vorstand des Vereins. Dass nun die AfD ein Büro an dem Ort hat, an dem er | |
Konzerte gegen Rassismus organisierte, hält er für „eine logische Folge der | |
damaligen Politik“. Denn anstatt an den Verein verkaufte die Stadt den Turm | |
1994 für eine D-Mark an einen privaten Investor. „So etwas passiert, wenn | |
man das Gebäude Spekulanten überlasst“, sagt Dahms. | |
Der Linke Jersch regt an, dass die Stadt den Wasserturm zurückkauft. „Man | |
könnte es als kulturelles Zentrum wiederbeleben“, sagt er. Zumindest aber | |
müsse der Bezirk mit dem Eigentümer über alternative Konzepte reden. | |
Das Bezirksamt Bergedorf will sich jedoch nicht einmischen und verweist | |
darauf, „dass es sich bei dem offenbar geschlossenen Mietvertrag um ein | |
privatrechtliches Vertragsverhältnis handelt“. | |
31 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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