| # taz.de -- Ebola-Konferenz in Antwerpen: Der Virus behält seine Geheimnisse | |
| > Die Ebola-Impfforschung kommt gut voran. Die Gesundheitspolitik in Afrika | |
| > und die Suche nach dem Ursprung des Virus laufen schleppend. | |
| Bild: Erinnerung an die Gesundheitsmitarbeiter, die im Kampf gegen Ebola starben | |
| Antwerpen taz | Das Tropenmedizinische Institut im belgischen Antwerpen | |
| hatte geladen, der Anlass war historisch: 40 Jahre nach dem ersten | |
| bekannten Ausbruch der tödlichen Ebola-Seuche versammelten sich diese Woche | |
| 250 Forscher und Seuchenexperten, um über den Stand des Kampfes gegen Ebola | |
| zu diskutieren. Seit der bisher weltweit größte Ebola-Ausbruch 2014 in | |
| Guinea, Liberia und Sierra Leone 11.310 Tote bei 28.616 bekannten | |
| Krankheitsfällen forderte, steht die unheilbare Krankheit auf der | |
| Tagesordnung der Weltpolitik, bis hin zum UN-Sicherheitsrat und den | |
| G-20-Gipfeln. | |
| Westafrikas Epidemie habe der Forschung Auftrieb gegeben, so der Konsens | |
| auf der viertägigen Konferenz, die am Donnerstag zu Ende ging. Davor gab es | |
| keinen Markt für mögliche Ebola-Impfstoffe und daher kein | |
| Forschungsinteresse der Pharmaindustrie. Jetzt gibt es Testreihen: In | |
| Guinea vermelden Experten der London School of Hygiene and Tropical | |
| Medicine eine 100-Prozent-Erfolgsquote. Weitere Impfstoffe der Firmen | |
| GlaxoSmithKline und Janssen erweisen sich als ähnlich erfolgreich, sagt | |
| Peter Piot, früher langjähriger Direktor der UN-Aidsbekämpfungsorganisation | |
| Unaids und heute Professor an der Londoner Tropenmedizinschule. „Das gibt | |
| Hoffnung.“ | |
| Die Fortschritte sind erheblich, bilanziert Konferenzleiter Kevin Arien: | |
| „Wir haben heute schnellere und genauere Diagnosen, neue | |
| Behandlungsmethoden und Impfstoffe. Wir verfügen jetzt über die Werkzeuge, | |
| um das Virus zu bekämpfen.“ | |
| Piot weist auch darauf hin, dass parallel zum Ebola-Ausbruch in Westafrika | |
| ein weiterer in der Demokratischen Republik Kongo – wo Ebola 1976 zum | |
| ersten Mal aufgetreten war – eingedämmt werden konnte. Lokale Erfahrungen | |
| zusammen mit politischem Führungswillen führen zum Erfolg, weil sie von der | |
| Gesellschaft getragene sanitäre Kontrollmaßnahmen möglich machen, resümiert | |
| der erfahrene Seuchenbekämpfer Piot die Erfahrungen aus Boende im Kongo | |
| 2014. | |
| Doch es bleiben viele Herausforderungen. Die Gefahr neuer Ebola-Ausbrüche | |
| ist nicht gebannt, weil immer noch unbekannt ist, wo das Virus | |
| normalerweise überlebt. Noch nie ist in einem anderen Lebewesen als dem | |
| Menschen ein Ebola-Virus identifiziert worden. In Westafrika ging man von | |
| Übertragung durch Flughunde aus, aber es könnte auch andere Virenträger | |
| geben, so Peter Piot. Der kongolesische Professor Jean-Jacques Muyembe | |
| verweist auf die Antilopenart Cephalophus dorsalis (Schwarzrückenducker), | |
| die das Virus in Gabun 2001 getragen haben soll. | |
| ## Übertragung durch Tiere | |
| Die Identifizierung möglicher Virusträger müsste jetzt Priorität der | |
| Forschung werden, heißt es – nicht, um die Tiere auszurotten, sondern um | |
| aus ihrer Verbreitung auf gefährdete Gebiete schließen zu können. Die | |
| demografische Entwicklung in Afrika schränkt den Lebensraum wilder Tiere | |
| immer mehr ein. „Müssen wir das Verspeisen gejagter Buschtiere verbieten?“, | |
| fragt der Kongolese Muyembe. Und wenn, ist das machbar? | |
| „Ich glaube nicht, dass wir in einer guten Ausgangsposition sind, um einer | |
| erneuten Ebola-Epidemie entgegenzutreten“, widerspricht Peter Piot dem | |
| Optimismus der Impfstoffforscher. Denn die Lehren aus Westafrika 2014 | |
| würden nur ungenügend in die Praxis umgesetzt: Stärkung der | |
| Gesundheitssysteme in den ärmsten Ländern. | |
| Bereits 2001 beschlossen die Staaten Afrikas, 15 Prozent ihrer | |
| Staatshaushalte der Gesundheit zu widmen. Erst 5 oder 6 tun es tatsächlich, | |
| konstatiert Piot. Dabei entscheidet das Geld über die Todesraten: während | |
| in Afrika bis zu 90 Prozent der mit Ebola Infizierten sterben, fällt die | |
| Sterberate bei nach Europa oder Nordamerika Repatriierten – um die sich | |
| jeweils 10 bis 15 Ärzte kümmern – auf 10 Prozent. | |
| Neue Brennpunkte mit Seuchenrisiko sind in Afrika im Entstehen: im | |
| Boko-Haram-Gebiet Nigerias rund um den Tschadsee, in Südsudan. Klimawandel, | |
| verstärkte Migration und politische Instabilität sind „Risikofaktoren“, | |
| sagt Richard Brennan, Nothilfedirektor der Weltgesundheitsorganisation. | |
| Humanitäre Hilfe und Gesundheitsversorgung müssten zusammen gedacht und | |
| organisiert werden, fordert er. Bei der WHO wurden die entsprechenden | |
| Abteilungen bereits unter eine gemeinsame Leitung gestellt. | |
| 15 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| François Misser | |
| ## TAGS | |
| Ebola | |
| Impfstoff | |
| Guinea | |
| Sierra Leone | |
| Liberia | |
| Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
| Sierra Leone | |
| Ebola | |
| WHO | |
| WHO | |
| Infektion | |
| Ebola | |
| Ebola | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Virus im Kongo: Ebola verbreitet Angst | |
| Am Kongo-Fluss wütet eine neue Ebola-Epidemie. Zwar hat das Land Erfahrung | |
| im Umgang mit der Seuche, doch das Risiko einer Verbreitung ist groß. | |
| Hochwasser in Sierra Leone: Hunderte Tote nach Erdrutsch | |
| In Sierra Leone starben mehr als 310 Menschen durch Überschwemmungen. In | |
| Freetown ruschte eine Berghang ab. Helfer befürchten weitere Opfer. | |
| Kampf gegen Ebola: Schutz gegen den Virus entwickelt | |
| Der Impfstoff könnte ab 2017 in den USA und Europa zugelassen werden. Er | |
| soll binnen weniger Tage wirken. Noch ist unklar, wie lange sein Schutz | |
| anhält. | |
| Kommentar WHO und Zika-Virus: Balanceakt einer Geschwächten | |
| Mal aktionistisch, mal träge: Um auf Krisen angemessen reagieren zu können, | |
| ist die WHO viel zu schlecht ausgestattet. | |
| WHO über das Zika-Virus: Globaler Gesundheitsnotstand | |
| Erstmals seit Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika verursacht ein | |
| Virus einen globalen Gesundheitsnotfall. Verantwortlich ist die | |
| Aedes-aegypti-Mücke. | |
| Buch über Marburg-Virus: Mit den Affen kam der Tod | |
| An Affen sollten in den Behring-Werken Impfstoffe getestet werden. Doch mit | |
| ihnen kam vor fast 50 Jahren auch das Marburg-Virus. | |
| Ebola-Virus in Sierra Leone: Regierung bestätigt neuen Todesfall | |
| Gerade erst wurde Westafrika als „ebolafrei“ eingestuft. Nun bestätigt das | |
| sierra-leonische Gesundheitsministerium, dass der Tod eines Jungen mit dem | |
| Virus zusammenhängt. | |
| Ebola-Epidemie offiziell beendet: „Die Arbeit ist noch nicht getan“ | |
| Nach Sierra Leone und Guinea erklärt die WHO nun auch Liberia für | |
| ebola-frei. Jetzt beginnt eine Zeit der Überwachung – und des Aufbaus. |