# taz.de -- Freihandelsabkommen Südkorea und EU: Abstauber ist die deutsche Wi… | |
> 2011 haben die EU und Südkorea ihren Handel liberalisiert. Das Abkommen | |
> wurde einst heftig in Europa kristisiert, jetzt profitiert die EU am | |
> meisten. | |
Bild: Erst jammern, dann jubeln: VW und Audi in Südkorea | |
Seoul taz | Die Zwischenbilanz ist überraschend positiv – zumindest für die | |
EU: Fünf Jahre ist es her, dass diese ihr bislang ambitioniertestes | |
Freihandelsabkommen abschloss und die meisten Zölle im Handel mit Südkorea | |
abschaffte. Das Land am Han-Fluss ist der neuntgrößte Exportmarkt für die | |
europäische Union – noch vor Indien und Brasilien – und zählt zu den zehn | |
strategischen Partnerstaaten. Mit dem Vertrag ist der bilaterale Handel um | |
27 Prozent gestiegen, die EU-Exporte steigerten sich sogar um 55 Prozent. | |
Ein Indikator dafür, dass das direkt mit dem Abkommen zu tun hat, ist, dass | |
die Gesamtausfuhren der Union in diesem Zeitraum deutlich langsamer | |
gewachsen sind. „Vor allem ist der Handel mit anderen asiatischen Ländern | |
weniger stark angestiegen. Das ist zumindest eine indirekte Evidenz“, sagt | |
Christian Dreger, Ostasienexperte vom Deutschen Institut für | |
Wirtschaftsforschung. | |
90 Milliarden Euro beträgt das Handelsvolumen zwischen den Partnern | |
derzeit, das ist Rekordniveau. Das einstige Handelsdefizit der EU hat sich | |
in einen satten Überschuss von rund sechs Milliarden Euro verwandelt. Dafür | |
ist vor allem Deutschland verantwortlich: Seine Wirtschaft stellt insgesamt | |
37 Prozent aller EU-Exporte nach Südkorea. Damit liegt sie mit weitem | |
Abstand an erster Stelle. | |
Den heftigsten Widerstand gegen die Liberalisierung hatte ursprünglich die | |
europäische Automobilindustrie geleistet. In Italien hätte ihre Lobby sogar | |
beinahe ein Nein zum Vertrag durchgesetzt. Doch tatsächlich haben sich die | |
Ausfuhren an europäischen Fahrzeugen nach Südkorea verdreifacht. Sie sind | |
der Exportschlager der Union – noch vor pharmazeutischen Produkten, | |
Maschinenanlagen und Chemikalien. | |
Viele EU-Politiker in Brüssel wollen diese Erfolgsgeschichte nun nutzen, um | |
eine Lanze für das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zu | |
brechen. Makroökonom Dreger hält die beiden Verträge jedoch für kaum | |
vergleichbar: „Beim Abkommen mit Südkorea ging es vor allem darum, die | |
Zölle abzuschaffen. Beim Handel mit den USA sind diese bereits stark | |
reduziert. Dort geht es um ganz andere Handelsliberalisierungen.“ | |
## Besser da als die ostasiatische Konkurrenz | |
Ohnehin fällt die Bilanz für Südkorea, den kleineren Handelspartner, | |
nüchterner aus. In den ersten zwei Jahren brachen die südkoreanischen | |
Exporte nach Europa geradezu ein, mittlerweile liegen sie gegenüber 2011 | |
immerhin mit 5 Prozent im Plus – aber auch damit profitiert das Land immer | |
noch deutlich weniger als die EU. | |
Es steht jedoch besser da als seine ostasiatischen Konkurrenten ohne | |
Freihandelsabkommen mit Europa. Relativ gesehen konnte Südkorea seinen | |
Nachbarn Japan und China Marktanteile abringen. | |
In der koreanischen Bevölkerung genießt der Vertrag einer Umfrage der | |
staatlichen Korea Consumer Agency zufolge einen guten Ruf. Vor allem | |
schätzen die Konsumenten die größere Produktauswahl. Nur bei der | |
Preisentwicklung zeigen sich 89 Prozent der Befragten enttäuscht. Nach | |
Lehrbuch sollte freier Handel den Wettbewerbsdruck erhöhen und die Preise | |
senken. Tatsächlich jedoch landet in Südkorea ein Großteil des durch die | |
Abschaffung der Zölle Ersparten in den Taschen oligopolistischer | |
Zwischenhändler. | |
13 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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