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# taz.de -- Kommentar Paragraf 175: Wir müssen über Schuld reden
> Heiko Maas’ Initiative ist sehr löblich, aber sie wird zu rasch
> umgesetzt. Die gesellschaftliche Debatte um den Paragrafen 175 wird
> vermieden.
Bild: Im Mai hatte der Justizminister Entschädigungen für homosexuelle Opfer …
Dass Justizminister Heiko Maaß ein Gesetz zur Rehabilitierung der schwulen
Opfer [1][des Paragrafen 175 angekündigt], überrascht nicht. Eher schon,
dass mit dem Deutschen Juristentag das wichtigste deutsche Forum
juristischer Expert*innen damit einverstanden ist. Man möchte sagen: Wie
erstaunlich! Noch vor 14 Jahren erklärten die damals noch
regierungsbeteiligten Grünen, dass es rechtssystematisch nicht möglich sei,
Rechtsprechungen aufzuheben, die in einem demokratischen Rechtsstaat
getroffen wurden.
Inzwischen ist die Debatte weitergekommen: Wer als schwuler Mann in den
ersten 20 bundesdeutschen Jahren nach dem weiterhin gültigen Paragrafen 175
der Nationalsozialisten verurteilt wurde, musste dies wider die damals
schon geltenden Menschenrechte erleiden. Dieser Punkt muss betont werden,
weil die politische Wiedergutmachungsgeste nicht einfach als ein
homofreundlicher Akt betrachtet werden kann. Es geht hier darum, dass in
voller Absicht eine höllische Strafbestimmung nationalsozialistischer
Herkunft weiterwirken konnte.
Nichts ruinierte bürgerliches Leben so gründlich wie Gerüchte über einen,
der „vom anderen Ufer“ sein könnte und der jede Satisfaktionsfähigkeit
eingebüßt hat. Knast, schuldhafte Scheidungen, Jobverlust, Einträge in
Strafregister – Entwürdigungen sondergleichen.
Insofern ist Heiko Maaß' Initiative sehr löblich, aber sie wird zu rasch
umgesetzt: Am Ende wird es ein Gesetz und eine gewisse Summe Geld geben, um
die sich dann lobbyistisch gut aufgestellte queere
Bürgerrechtsorganisationen zanken, um die entsprechende wissenschaftliche
Aufarbeitung der Nazigeschichte ins Werk zu setzen. Aber viel zu schnell
wird eine gesellschaftliche Debatte vermieden, die sich an alle richtet,
die die Strafkultur gegen männliche Homosexuelle gut fanden und sie
aufrechterhalten haben. All jene haben sich schuldig gemacht. Es sind
Nachnazitäter*innen, nichts weiter.
13 Sep 2016
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## AUTOREN
Jan Feddersen
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Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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