| # taz.de -- Gespannte Situation in Burkina Faso: Ein Land in der Warteschleife | |
| > Volksaufstand, Machtwechsel – und dann? Die Jugendlichen, die ihr Land | |
| > umgekrempelt haben, warten auf ein besseres Leben. | |
| Bild: Anfang 2015 zeigen die Menschen Flagge gegen Terroristen in Burkina Faso | |
| Ouagadougou taz | Egal ob vor dem Stadion des 4. August oder der nationalen | |
| Polizeischule: Überall in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou sind die | |
| Warteschlangen mehrere hundert Meter lang. An diesem Morgen hat der | |
| 20-jährige Maurice Ouédraogo einen guten Platz ergattert. „Wenn es gut | |
| läuft, dann bin ich gegen Mittag fertig“, sagt er und spielt mit einer | |
| durchsichtigen Plastikmappe. Darin hat er Zeugnisse und Passfotos, die er | |
| für seine Bewerbung braucht. Ouédraogo möchte zur Polizei gehen. Was er | |
| dort genau machen will, ist nebensächlich. „Hauptsache, ich werde Beamter“, | |
| lächelt er vorsichtig. Doch er muss sich nur die lange Warteschlange | |
| ansehen. Die Chancen dürften gering sein. | |
| Als Roch Marc Christian Kaboré am 29. November 2015 zum Präsidenten von | |
| Burkina Faso gewählt wurde, hatte er versprochen, innerhalb von fünf Jahren | |
| 650.000 Arbeitsplätze zu schaffen. In einem Land, in dem zwei Drittel der | |
| Bevölkerung jünger als 25 Jahre sind, warten gerade junge Menschen | |
| sehnsüchtig auf Jobs. | |
| Doch acht Monate nach der Wahl ist auch Amadou Baro enttäuscht, ein Student | |
| an der Universität von Ouagadougou. „Dieses Jahr hat man 4.200 | |
| Hochschulabsolventen eingestellt. Aber was ist das schon? Und was wird mit | |
| all den anderen Leuten, nicht keinen Universitätsabschluss haben? Aus | |
| meiner Sicht hat die Regierung bisher nichts getan.“ | |
| Dabei war die Hoffnung auf die neue Regierung riesengroß. Am 31. Oktober | |
| 2014 war Langzeitherrscher Blaise Compaoré nach Massendemonstrationen | |
| zurückgetreten, bezwungen von der Bürgerbewegung Balai Citoyen | |
| (Bürgerbesen). Es folgt eine Übergangsregierung unter Beteiligung des | |
| Militärs, dann freie Wahlen 2015. Aber nun sagt Rasmane Zinaba von der | |
| Führungsriege von Balai Citoyen: „Es ist noch zu früh, um zu beurteilen, ob | |
| es tatsächlich einen Wandel gibt. Erfüllt wurden unsere Erwartungen bisher | |
| aber nicht“. | |
| ## Sanfter Umgang mit Putschisten | |
| Zinaba meint nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die | |
| Vergangenheitsbewältigung in Burkina Faso. Seiner Meinung nach tut die | |
| Regierung viele Dinge, die nicht im Sinne der Bevölkerung sind. Dazu gehört | |
| der Umgang mit jenen Offizieren um den ehemaligen Geheimdienstchef Gilbert | |
| Diendéré, die im September 2015 einen Putsch gegen die Übergangsregierung | |
| anzettelten. | |
| Mittlerweile sind einige von ihnen vorläufig aus dem Gefängnis entlassen | |
| worden, was bei Zinaba auf Unverständnis stößt. Gleiches gilt für den | |
| sanften Umgang mit Blaise Compaoré, der in die Elfenbeinküste geflüchtet | |
| war und dort sogar eingebürgert wurde. | |
| Dringender als eine Auslieferung Compaorés ist für Burkina Fasos Regierung | |
| die Sicherheitslage. Der von Islamisten verübte Doppelanschlag auf das | |
| Hotel Splendid sowie das beliebte Café Cappuccino auf der | |
| gegenüberliegenden Seite der Avenue Kwame Nkrumah mitten in Ouagadougou im | |
| Januar, der 30 Tote forderte, hat Spuren hinterlassen. Das Hotel hat zwar | |
| wieder geöffnet, doch die Fensterscheiben vom Café Cappuccino bleiben mit | |
| großen Brettern vernagelt. Die einstigen Angestellten haben keine neue | |
| Arbeit gefunden. Nun heißt es, dass das Café zum ersten Jahrestag des | |
| Anschlags am 15. Januar 2017 wieder öffnen will. | |
| ## Zahlreiche Hotels und Restaurants bleiben leer | |
| Doch nicht nur an der Avenue Kwame Nkrumah wirkt der Anschlag nach. | |
| Zahlreiche Hotels und Restaurants haben ihre Sicherheitsvorkehrungen | |
| erhöht, bleiben aber trotzdem leer. Dabei ist der August eigentlich einer | |
| der beliebtesten Reisemonate für Europäer. Aber niemand kommt. | |
| „Wir können nicht alle Probleme, die das Land seit zwanzig Jahren hat, | |
| innerhalb von sechs Monaten oder einem Jahr regeln“, hat Präsident Kaboré | |
| kürzlich in einem Interview erklärt. Um wirtschaftliche Probleme anzugehen, | |
| soll der „Nationale Plan für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung“ | |
| (PNDES) helfen. Das Volumen bis zum Jahr 2020 liegt bei umgerechnet 22,8 | |
| Milliarden Euro. 60,4 Prozent davon bringt der Staat selbst auf, rund 22 | |
| Prozent sollen ausländische Geber beisteuern. Die EU hat 623 Millionen Euro | |
| versprochen. Doch wann und wie die komplette Summe zusammenkommt, ist noch | |
| völlig unklar. | |
| Dementsprechend skeptisch ist auch Student Amadou Baro. Langsam würden die | |
| Burkiner die Geduld verlieren, warnt er. „Und wenn sich nicht bald etwas | |
| ändert, dann sind wir auch bereit, wieder auf die Straßen zu gehen.“ | |
| 17 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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