# taz.de -- Steinmeier trifft Amtskollege Lawrow: Keine Waffenruhe für Aleppo | |
> In Sachen Ukraine ist der deutsche Außenminister nach dem Treffen mit | |
> seinem russischen Kollegen optimistisch. Doch beim Thema Syrien bleibt | |
> Lawrow hart. | |
Bild: Optimistisch: Steinmeier und Lawrow nach ihrem Gespräch | |
Jekaterinburg dpa | Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat seinem | |
russischen Amtskollegen Sergej Lawrow keine Zusage einer längeren | |
Waffenruhe für eine Hilfsaktion in Aleppo abringen können. „Die humanitäre | |
Situation in Aleppo ist katastrophal. Das kann und darf so nicht | |
weitergehen“, mahnte Steinmeier vergeblich bei einem Treffen mit Lawrow in | |
der Stadt Jekaterinburg am Ural am Montag. | |
Lawrow verwies auf bisherige Initiativen der syrischen und russischen | |
Streitkräfte: Vier Fluchtkorridore für die Bevölkerung aus der bedrängten | |
Stadt sowie täglich dreistündige Feuerpausen. Bei jeder humanitären Aktion | |
müsse sichergestellt werden, dass Hilfsgüter nicht in die Hände von | |
Terroristen fielen, sagte er. | |
Dem Nahost-Experten Günter Meyer zufolge war die letzte UN-Waffenruhe | |
genutzt worden, Dschihadisten nach Aleppo zu schleusen und mit Waffen zu | |
versorgen. Die Waffen seien über die Türkei von Katar und Saudi-Arabien | |
finanziert worden, sagte der Professor an der Universität Mainz am Montag | |
im Deutschlandradio Kultur. Damaskus und Moskau wollten sich kein zweites | |
Mal austricksen lassen. Er begrüße die Verhandlungen über eine Feuerpause | |
und die Hilferufe der Ärzte in Aleppo, die politischen Druck erzeugten. | |
Als zweiten großen Krisenherd besprachen die Außenminister in der | |
Hauptstadt der Ural-Region die Lage in der Ukraine. Russland wie die | |
Ukraine hätten ihm trotz neuer Spannungen zugesichert, an den Minsker | |
Vereinbarungen zur Konfliktlösung in der Ostukraine festzuhalten, sagte | |
Steinmeier. Im Osten der Ukraine kämpfen seit 2014 Kiewer Regierungstruppen | |
gegen Separatisten, die von Moskau mit Waffen und Soldaten unterstützt | |
werden. | |
## Relativer Waffenstillstand um orthodoxe Feiertage | |
Die Bundesregierung habe keine eigenen Erkenntnisse zu russischen | |
Vorwürfen, ukrainische Saboteure hätten auf der von Russland annektierten | |
Halbinsel Krim Anschläge verüben wollen, sagte Steinmeier. Mit diesen | |
Anschuldigungen hatte Moskau vergangene Woche den Ton gegen Kiew bedrohlich | |
verschärft. „Es muss jetzt alles unterlassen werden, was zu einer weiteren | |
Verschärfung der Lage führt“, mahnte der deutsche Außenminister. | |
Lawrow gab der Führung in Kiew die Schuld daran, dass das Minsker | |
Ukraineabkommen nicht umgesetzt wird. Obwohl in der Ostukraine in den | |
vergangenen Monaten wieder mehr gekämpft wurde, gab sich Steinmeier | |
vorsichtig optimistisch. „Ich glaube, dass wir den Waffenstillstand in der | |
Ukraine besser und sicherer machen können.“ Er sehe auch Chancen, | |
politische Fragen wie ein Wahlgesetz und einen Autonomiestatus für die | |
Separatistengebiete zu lösen. | |
Auch am Montag berichteten die Konfliktparteien von Verstößen gegen die | |
Waffenruhe. Während die Armee von einem Verletzten sprach, meldeten die | |
Separatisten zwei tote Kämpfer im Luhansker Gebiet. 2016 konnte allenfalls | |
um die orthodoxen Osterfeiertage im Mai von einem relativen | |
Waffenstillstand gesprochen werden. | |
## „Früher oder später wieder stabiler“ | |
Zu Aleppo erklärte Steinmeier: „Ich bleibe dabei, dass drei Stunden | |
(Feuerpause) am Tag nicht ausreichen.“ Lawrow stimmte dem zu, ging aber | |
nicht weiter ins Detail. Nach Angaben von Beobachtern in Aleppo werden auch | |
die drei Stunden Feuerpause nicht eingehalten. | |
Nötig seien Versorgungskorridore in die Stadt hinein, sagte Steinmeier. | |
Notfalls müssten Güter aus der Luft abgeworfen werden. Als positive | |
Nachricht nehme er aus dem Gespräch mit Lawrow mit, dass die USA und | |
Russland über eine humanitäre Aktion für Aleppo berieten. | |
Vor ihren politischen Gesprächen diskutierten Steinmeier und Lawrow mit | |
Studenten. Dabei sagten sie, dass die deutsch-russischen Beziehungen | |
derzeit schwierig sein. Beide sahen aber Chancen auf eine Verbesserung. | |
„Ich bin überzeugt, dass unser Verhältnis früher oder später wieder | |
stabiler wird“, sagte Lawrow. Deutschland sei für Russland ein | |
Schlüsselpartner. | |
Steinmeier hat die Millionenstadt Jekaterinburg am Ural an der Grenze | |
zwischen Europa und Asien schon mehrfach besucht. In Grundsatzreden 2008 | |
und 2014 war er für eine engere Zusammenarbeit eingetreten. | |
15 Aug 2016 | |
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