Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Finnische Post baut um: Ein Brief und einmal Rasenmähen
> Jedes Jahr gibt es in Finnland zehn Prozent weniger Post. Mit Angeboten
> wie Gartenarbeiten will die „Posti“ den Zustellservice retten.
Bild: Dürfen Rasenmäher auch Post austragen? (Symbolbild)
Stockholm taz | Jeden Dienstag macht Antti Savolainen von der Post in
Kokkola derzeit eine halbe Stunde Pause bei seiner Briefträger-Runde. Dann
mäht er bei einem älteren Ehepaar den Rasen. „Das ist eine richtig schöne
Abwechslung“, sagt er: „Nicht nur den ganzen Tag Briefe sortieren und
austragen.“
Als die finnische Post vor vier Monaten ankündigte, ihre Briefträger
könnten nun auch zu Haushaltsarbeiten wie Rasenmähen und Blumengießen
angeheuert werden, glaubten viele an einen Aprilscherz. „War es wirklich
nicht“, sagt Anu Punola und lacht. Sie ist Direktorin der Abteilung, die
Finnlands „Posti“ nun ihre „neuen Dienste“ nennt.
Es gebe eben das Problem, dass jedes Jahr zehn Prozent weniger Briefe
auszutragen seien und auch die Abos für Printzeitungen sinken, sagt Punola.
Die Post habe aber die gesetzliche Verpflichtung, an fünf Werktagen einen
umfassenden Zustellservice aufrechtzuerhalten: „Unsere Briefträger besuchen
ja bei ihren täglichen Runden drei Millionen Haushalte – also warum nicht
mehr als nur die Post anbieten? Etwa auf Bestellung Lebensmittel oder
Arzneien bei älteren Leuten vorbeibringen.“
Genaue Zahlen nennt die Posti zwar nicht. Aber das Rasenmäh-Angebot – das
auch auf einer speziellen Briefmarke beworben wird – habe alle Erwartungen
übertroffen, sagt Punola: „Wir waren davon ausgegangen, dass man vor allem
in den Städten interessiert ist, aber es ist auch auf dem flachen Land
populär.“ Ein große Kundengruppe seien erwachsene Kinder, die den Dienst
für ihre auf dem Land lebenden Eltern bestellten.
Das geht online bei der „[1][Posti-Webbutik]“, und eine Stunde Mähen
wöchentlich kostet pro Monat 130 Euro. Für monatlich 49 Euro ist ein Besuch
pro Woche drin, bei dem die Briefträger in einem Haus etwa bei
Urlaubsabwesenheit nach den Gartenblumen, den Topfpflanzen und ansonsten
nach dem Rechten sehen. Die finnische Post macht zudem erste Versuche, mit
einem Sicherheitsdienstleister bei Bewachungsaufgaben zusammenzuarbeiten.
Gezwungen wird aber kein Postmitarbeiter zu den etwas sachfremden
Nebenjobs. Zumal solche Tätigkeiten in den bestehenden Arbeitsverträgen
auch nicht aufgezählt sind. Doch sei es bislang kein Problem gewesen,
Interessenten für die Zusatzarbeiten zu finden, heißt es. In zukünftigen
Verträgen werde die Arbeitsbeschreibung aber erweitert werden, sagt Punola,
„und bei Neueinstellungen werden wir auch darauf achten, ob die Leute
spezielle Erfahrungen mitbringen, die wir gebrauchen können.“ Sie betont:
„Aber natürlich hat die Postzustellung immer Priorität.“
## Gewerkschaft sieht keine Probleme
Tatsächlichhat auch die Post- und Logistikgewerkschaft PAU kein Problem mit
den neuen Tätigkeiten der Zusteller. „Neue Arbeitsaufgaben bedeuten neue
Einnahmequellen, und das führt wiederum dazu, dass die Arbeitsplätze
gesichert werden können“, sagt Juha Torvinen, gewerkschaftlicher
Vertrauensmann beim Postvertrieb. Problematisch könne es allenfalls werden,
wenn diese Post-fremden Serviceaufgaben zu sehr überhand nehmen würden.
Davon sei man aber noch weit entfernt.
Und als Nächstes Geschirrspülen und Staubsaugen? „Abwarten!“, sagt Punola.
„Wir wollen erst mal sehen, wie die jetzigen Angebote angenommen werden.“
In einigen Kommunen hatten Briefträger zuvor schon Essen auf Rädern
ausgeliefert. „Warum sollten wir das Essen nicht auch servieren?“, fragt
die Abteilungsdirektorin. Ideen zumindest gibt es einige – etwa Senioren
beim Spaziergang begleiten oder mit dem Hund Gassi gehen.
11 Aug 2016
## LINKS
[1] http://www.posti.fi/ruohonleikkaus
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Post
Finnland
Deutschland
Verdi
Post
Elektroauto
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kritik der Rasenmanie: Die Auslegeware des Gartens
Der Rasen wird gepflegt und von Robotern gemäht. Die Liebe der Deutschen
zum akkuraten Grün spiegelt die Zwanghaftigkeit ihrer Seelen wider.
Kommentar Streiks bei Post und Amazon: Der Organisationsgrad entscheidet
Wenn die Zusteller der Post streiken, dann bleibt der Briefkasten leer. Der
Arbeitgeber gerät unter Druck. Bei Amazon ist das aber ganz anders.
Studierende in Berliner Wohnheimen: Ob die Post ankommt ist Zufall
Die Adresse vieler Studierender enthält eine neunstellige Nummer. Die
Folge: Oft kommt ihre Post nicht an - und das Recht auf das Briefgeheimnis
wird verletzt.
Post baut Elektroautos: Neues Geschäftsfeld
Die Post-Tochter DHL steigt in den Elektromobilmarkt ein. Dafür hat der
Paketdienst ein Start-up-Unternehmen gekauft, das E-Autos baut.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.