| # taz.de -- Debatte über Aborigines in Australien: Rassismus verkauft sich nic… | |
| > Eine australische Tageszeitung vergrault mit einem Cartoon wichtige Leser | |
| > und zahlende Kunden. Der Karikaturist sieht sich im Recht. | |
| Bild: Auch auf den Straßen: Protest für die Rechte der Aborigines in Australi… | |
| BERLIN taz | Ein Polizist hält einen Jungen an seinem T-Shirt fest und sagt | |
| zu dessen Vater: „Du musst mit deinem Sohn über persönliche Verantwortung | |
| sprechen“. Der Vater, mit Bierflasche in der Hand, entgegnet: „Ja, okay. | |
| Wie heißt er denn?“. Die Szene entstammt [1][einem Cartoon], der in | |
| Australien eine Rassismus-Debatte losgetreten hat. Der vernachlässigende | |
| Vater ist dunkelhäutig, für australische Leser zweifellos als Aborigine zu | |
| erkennen. | |
| Der Fernsehsender ABC Broadcast hatte Ende Juli aufgedeckt, dass | |
| Jugendliche im Don Dale Youth Detention Centre, einem Jugendgefängnis im | |
| Northern Territory Australiens, schwer misshandelt wurden. Eine Debatte | |
| über den Umgang mit Aborigine-Kindern folgte, da [2][94 Prozent der | |
| inhaftierten Jugendlichen im Northern Territory Aborigines sind], wie der | |
| britische Guardian berichtet. | |
| Die Zeichnung veröffentlichte eine der meisterverkauften Tageszeitungen des | |
| Landes, The Australian. Für den Karikaturisten Bill Leak sind die Eltern | |
| für die Probleme im Northern Territory verantwortlich. Über die Straftäter | |
| im Jugendgefängnis schreibt er, man müsse mal „einen Blick in deren Zuhause | |
| werfen“, dann würde man verstehen, warum sie dort gelandet sind. | |
| Leaks pauschalisierende Kritik will sich die indigene Community Australiens | |
| nicht gefallen lassen. Nigel Scullion, Minister für indigene | |
| Angelegenheiten, nannte den Cartoon rassistisch und geschmacklos. Die | |
| SNAICC, eine Interessenvertretung für indigene Kinder und Familien, findet | |
| ihn ekelhaft, respektlos und verletzend: „Die, die an der Veröffentlichung | |
| eines so rassistischen Cartoons beteiligt waren, sollten sich schämen und | |
| bei allen Australiern entschuldigen“, sagte die NGO, [3][wie die BBC | |
| berichtete]. Auch eine staatliche indigene Organisation in New South Wales | |
| kritisiert den Cartoon. Es sei „peinlich, dass Australiens landesweite | |
| Zeitung ihn veröffentlicht hat“. | |
| Die schärfste Kritik kommt aber aus dem Netz. Unter dem Hashtag | |
| [4][#IndigenousDads] posten tausende Aborigine-Kinder Bilder ihrer | |
| indigenen Väter, die nicht etwa betrunkene Taugenichtse, sondern liebende | |
| Väter seien. Eine Twitternutzerin schrieb: „Hier ist ein Bild von mir und | |
| meinem Vater. Er hat meinen Namen NIE vergessen“. | |
| Auch bekannte australische Persönlichkeiten mischen mit. Der Schauspieler | |
| Hunter Page-Lochard postete ebenfalls [5][ein Bild seines Vaters]: „Das ist | |
| mein indigener Vater. Und nein, das ist kein Bier in seinen Händen, sondern | |
| ein Helpmann Award“ – ein australischer Preis für herausragende Künstler. | |
| Zweite Version des Cartoons | |
| Anstatt sich nach der Reaktion der Twitteruser zu entschuldigen, zeichnete | |
| Bill Leak eine zweite Version des Cartoons, in der er sich als Opfer | |
| darstellt. Die Twitter-Community nennt er in einem Interview | |
| [6][„scheinheilige Twitter-Vögel“], die die Bedeutung seines Cartoons nicht | |
| ohne Hilfe verstehen würden. Er bilde lediglich die Realität ab. | |
| Auch dieser Cartoon wurde im Australian veröffentlicht. Der Chefredakteur | |
| der Zeitung, Paul Whittaker, steht hinter dem Karikaturisten. [7][In einem | |
| Statement] schrieb er: „Bill Leaks konfrontierende und aufschlussreiche | |
| Cartoons bringen die Menschen dazu, die Kernprobleme zu verstehen, wie es | |
| Berichte und Analysen manchmal nicht schaffen“. | |
| Die politische Ausrichtung des Australian ist mitte-rechts. Weil sie sich | |
| häufig mit indigenen Angelegenheiten beschäftigt hat, bekam sie Lob von der | |
| indigenen Community, wie die BBC berichtet. Den guten Ruf könnte sich die | |
| Redaktion jetzt allerdings verspielt haben. | |
| Und nicht nur das. Auch zwei große Werbekunden kritisieren den Cartoon | |
| scharf. Die Suncorp Bank, eine der größten Banken Australiens, hat ihre | |
| Online-Werbung entfernt. Via Twitter teilten die Verantwortlichen mit, sie | |
| „unterstützen den Cartoon definitiv nicht“ und würden daran arbeiten, auch | |
| zukünftig keine Anzeigen mehr zu schalten. | |
| Das Adelaide Festival, ein jährliches Kunstfestival, distanziert sich | |
| ebenfalls. Ihre Werbeanzeigen hätten die Festivalbetreiber Wochen vor | |
| [8][„Bill Leaks beschämenden Cartoon“] geschaltet. Ihre Anzeigen im | |
| Australian wollen die Betreiber nun „ernsthaft überdenken“. | |
| 10 Aug 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.billleak.com.au/uploads/2/4/5/5/24558836/04-08-2016-dear-old-dad… | |
| [2] https://www.theguardian.com/australia-news/2016/jul/27/northern-territory-i… | |
| [3] http://www.bbc.com/news/world-australia-36971997 | |
| [4] https://twitter.com/hashtag/IndigenousDads?src=hash | |
| [5] https://twitter.com/hunterpage/status/762088845747691521 | |
| [6] http://www.abc.net.au/news/2016-08-05/bill-leak-defends-controversial-carto… | |
| [7] http://www.bbc.com/news/world-australia-36971997 | |
| [8] https://www.facebook.com/adelaidefestival/posts/10153903930232734 | |
| ## AUTOREN | |
| Michelle Sensel | |
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