# taz.de -- Kommentar Aus für Asylheim in Rostock: Die Kinder von Lichtenhagen | |
> Nach der Entscheidung gegen eine Flüchtlingsunterkunft können sich die | |
> Schläger und Rassisten feiern. Das Signal: Gewalt ist doch eine Lösung. | |
Bild: Das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen | |
Es sind 24 Jahre vergangen, seit ein rassistischer Mob vor dem | |
Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen das Plattenbauviertel im | |
Nordwesten der Hansestadt bekannt machte. Mit einem tagelangen Pogrom, der | |
zum Symbol für das hässliche Deutschland wurde. 24 Jahre, in denen die | |
Randalierer von damals erwachsen und vielleicht ruhiger geworden sind. 24 | |
Jahre, in denen die Stadt versucht hat, den Ruf einer No-Go-Area | |
abzuschütteln. 24 Jahre, in denen es offenbar nicht gelungen ist, die | |
örtliche Zivilgesellschaft soweit zu stärken, dass Menschen nichtdeutscher | |
Herkunft sich dort sicher fühlen können. | |
Der Rostocker Sozialsenator hat die weitere Unterbringung von | |
Flüchtlingsfamilien im Stadtteil Groß Klein untersagt, nachdem er bereits | |
eine Unterkunft für junge Asylbewerber hatte räumen lassen. Das | |
Beruhigungsmantra von der weltoffenen Universitätsstadt ist damit | |
Geschichte. | |
Nur den sprichwörtlichen Steinwurf vom Sonnenblumenhaus entfernt, im | |
Plattenbaugürtel zwischen Innenstadt und dem Tourismuszentrum Warnemünde, | |
sehen sich die Behörden noch immer nicht in der Lage, Menschen vor | |
rechtsradikalen Übergriffen zu schützen. Selbst die Landesregierung soll | |
Druck ausgeübt haben, um die Unterbringung der Flüchtlinge zu verhindern. | |
Man sorgt sich, dass es mitten im Landtagswahlkampf zu rassistischen | |
Ausschreitungen kommen könnte. | |
Hand in Hand gehen der Sozialsenator von der Linkspartei und die | |
rot-schwarze Koalition in Schwerin im Versuch, den schönen Schein zu | |
wahren: Kultur und Kneipenmeile im Stadtzentrum, Strand und Hansesail in | |
Warnemünde. Die Platte an der Peripherie aber bleibt das „Ghetto“, das es | |
schon Anfang der 1990er war. | |
Es ist das Dilemma vieler ostdeutscher Städte. Objektiv sind bestimmte Orte | |
dominiert von stumpfer Feindseligkeit gegenüber allem „Fremden“ und immer | |
wieder offenem und gewalttätigem Neofaschismus. Teil dieses Problems ist | |
das mehr als 25 Jahre währende Zurückweichen der Zivilgesellschaft und | |
staatlicher Instanzen. Die ideellen Kinder Lichtenhagens, die Schläger und | |
Rassisten, können sich nach der Entscheidung von Rostock feiern. Sie werden | |
ihren Glauben, dass Gewalt eben doch eine Lösung ist, mit dem Segen der | |
Stadt und des Landes nun auch an die nächste Generation weiterreichen | |
können. | |
3 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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