# taz.de -- Einigung nur ein Symbol: Anwohner ziehen vor Gericht | |
> Trotz Bürgervertrag zwischen Initiativen und Hamburgs Senat gehen Streit | |
> um Flüchtlingsunterkünfte weiter – und die Stadt hält an alten Plänen | |
> fest | |
Bild: In den Unterkünften herrscht Friede. Drumherum tobt der Streit | |
HAMBURG taz | Es schien alles geregelt. Als die Bürgerschaft unmittelbar | |
vor der Sommerpause den Kompromiss mit der „Initiative für eine gute | |
Integration“ über die zukünftige Flüchtlingsunterbringung verabschiedete, | |
schien nicht nur ein Volksentscheid vom Tisch, sondern auch Ruhe | |
einzukehren bei einem Thema, dass die Stadt zu spalten drohte. Doch der | |
Schein trog. Inzwischen ist klar: Der Streit um Unterbringungsgrößen und | |
-standorte geht an vielen Stellen weiter. | |
Beispiel Hummelsbüttler Feldmark: Mit der Initiative zu deren Erhalt | |
konnten die rot-grünen Verhandlungsführer, Andreas Dressel (SPD) und Anjes | |
Tjarks (Grüne) keine Einigung erzielen und keinen Bürgervertrag | |
abschließen. | |
Noch immer will die Stadt „Am Rehagen“ für knapp 1.000 Flüchtlinge | |
Unterkünfte bauen. Auf den zweiten geplanten Standort „Wildes Moor“ | |
verzichtet die Stadt hingegen vorerst. Doch das reicht dem „Verein zum | |
Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark“ nicht. Sie will klagen. Nun müsse ein | |
Gericht entscheiden. | |
Konflikte gibt es auch in Neugraben-Fischbek: Obwohl die lokale Initiative | |
und die Stadt Hamburg einen Kompromiss über die Begrenzung der Kapazität | |
für den Stadtteil auf 1.500 Flüchtlinge vorsieht, wollen drei Anwohner, die | |
sich an den Bürgervertrag nicht gebunden fühlen, weiter klagen. | |
Die Stadt findet es zwar – so geht aus einem Schriftsatz hervor – | |
„bedauerlich, dass die Umsetzung der Inhalte des Bürgervertrages von den | |
Antragsstellern nicht gewollt sei“, sie kann aber nichts dagegen | |
unternehmen. Und auch anderorts werden die Verträge, die mehr eine | |
Willensbekundung als rechtlich bindend sind, Klagen wohl nicht verhindern | |
können. | |
Ein weiteres Beispiel dafür ist Othmarschen: Mit Postwurfsendungen | |
mobilisiert derzeit die Initiative „Mitgestaltung Othmarschen“gegen eine | |
zentrale Flüchtlings-Erstaufnahme in der Paul-Ehrlich-Straße mit 600 bis | |
860 Plätzen und einen geplanten siebenstöckigen Neubaukomplex mit 180 | |
Wohnungen für bis zu 900 Schutzsuchende. Dieser soll später als ganz | |
normaler sozialer Wohnungsbau genutzt werden, wenn die Flüchtlingszahlen | |
zurückgehen. | |
Das Problem: Für Altona wurden nur Bürgerverträge für die Stadtteile | |
Rissen, Lurup, Osdorf und Bahrenfeld abgeschlossen, für die anderen | |
Stadtteile gibt es keine. Die Initiative spricht nun von einer | |
„Überforderung unserer Gegend und einer Entscheidung gegen die | |
Integration“. | |
Denn wie in Othmarschen hat die Stadt dort, wo ihr lokale Initiativen keine | |
Zugeständnisse abringen konnten, ihre ursprünglichen Planungen meist nicht | |
reduziert. Auch der Bezirk Altona hatte den Senat direkt vor der | |
Sommerpause aufgefordert, die beiden geplanten Othmarschener Unterkünfte | |
„im Geist der beiden Bürgerverträge“ zu verkleinern. | |
Bei der Zentralen Erstaufnahme allerdings ist eine Lösung in Sicht. Auf | |
Anfrage teilte der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge der Stadt der | |
taz eine überraschende Kehrtwendung mit: „Ursprünglich wurde am Standort | |
Paul-Ehrlich-Straße eine Erstaufnahme mit 800 Plätzen geplant. Diese | |
Planungen sind zurückgestellt worden vor dem Hintergrund sinkender | |
Flüchtlingszahlen.“ | |
5 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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