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# taz.de -- Bilanz Hamburger Bürgerverträge: Der lange Weg zur Integration
> Vor zwei Jahren haben Bürgerschaft und Bürgerinitiativen den Vertrag für
> eine bessere Flüchtlingsintegration besiegelt. Noch längst nicht alles
> daraus wurde umgesetzt.
Bild: Nach der Massenunterkunft: die neuen Wohnungen für Geflüchtete am Mittl…
Für Rot-Grün ist es eine Erfolgsgeschichte, für die ehemalige
Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ ein Weg mit vielen
Stolpersteinen: Zwei Jahre nach Abschluss der Bürgerverträge zwischen der
Regierungskoalition und dem Initiativen-Verband ziehen beide Seiten ein
unterschiedliches Fazit.
„Fortschritte“ allerorten macht SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf aus: Die
Umsetzung der Vereinbarungen schreite voran, die dezentrale Unterbringung
der Geflüchteten werde vereinbarungsgemäß umgesetzt, die Integration des
Nachwuchses in Kitas und Schulen funktioniere immer besser.
Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks verweist darauf, dass sich in den
vergangenen Jahren die Zahl der Ausbildungsverhältnisse von Flüchtlingen
verdoppelt habe. 40 Prozent mehr Geflüchtete seien in
sozialversicherungspflichtigen Jobs untergekommen. Und die
„Flüchtlingskriminalität“ sei stark rückläufig.
Spaßbremse in der Runde der Bilanzierer ist Initiativen-Sprecher Klaus
Schomacker. Er konstatiert zwar, dass „wir bei der Umsetzung der
Bürgerverträge voran kommen“, doch „Inkompetenz, politischer Eigensinn“…
„verwaltungstechnische Ignoranz“ auf Behördenseite würden verhindern, dass
die Integration wirklich gelingt.
## Probleme bei der Beschulung
Schomacker kritisiert, dass große Sozialwohnungsträger wie die Saga frei
werdende Wohnungen noch immer kaum an Geflüchtete vermieteten. Nur so aber
könne eine soziale Durchmischung gelingen und Wohnghettos mit einem
überwiegenden Anteil von Flüchtlingen vermieden werden.
Anders als die Regierungsfraktionen sieht Schomacker immer noch große
Probleme bei der Beschulung von Flüchtlingskindern. Die Schulen in der Nähe
von Großunterbringungen von Asylsuchenden würden einseitig belastet. Um das
zu das vermeiden, müssten die Flüchtlingskinder durch halb Hamburg fahren,
um zur Schule zu gehen. Auch dass die geforderte „Zentrale
Koordinierungsstelle für Integration“, die Integrationspolitik aus einem
Guss machen könnte, noch immer nicht existiert, kritisiert der
Bürgerinitiativ-Verband.
## Immer mehr Erstaufnahmeeinrichtungen schließen
Positiv sieht Schomacker nur, dass immer mehr Erstaufnahmeeinrichtungen
schließen. Großunterkünfte wie am „Mittleren Landweg“ mit einst 2.500
Bewohnerinnen werden – wenn auch langsamer als vertraglich festgelegt –
verkleinert.
Dabei ist die Situation vergleichsweise entspannt. „Als wir die
Bürgerverträge abgeschlossen haben, gingen wir von 80.000 Flüchtlingen aus,
die wir in Hamburg binnen kurzer Zeit integrieren müssen“, erinnert sich
Schomacker. Geworden sind es nicht einmal die Hälfte: Rund 28.000
Geflüchtete leben heute in Hamburger Folgeunterkünften, gut 2.700 in
Erstaufnahmen.
Wurden etwa im November 2015 4.000 Geflüchtete Hamburg zugewiesen, sind es
im Juni 2018 gerade mal 363 Menschen. Für nicht einmal 200 von ihnen muss
Hamburg langfristig Wohnraum schaffen.
## Integration ohne Gesamtkonzept
Auch CDU und FDP sehen den Senat „von der Einhaltung der Zusagen weit
entfernt.“ Die FDP-Abgeordnete Christel Nicolaysen macht „drastische
Defizite“ bei der „echten Durchmischung in Schulen, Kitas und den
Quartieren“ aus. Die „von der Stadt finanzierten Integrationskonzepte
folgen keinem Gesamtkonzept“, kritisiert Franziska Rath von der CDU und
fordert den Senat auf, „einen Masterplan Integration vorzulegen“.
Den legte am Mittwoch nicht der Senat, sondern „Hamburg für eine gute
Integration“ vor: Wichtigste Kernpunkte: Integration muss ein erklärtes
Ziel der Stadtentwicklung werden. Öffentliche Folgeunterkünfte sollen zum
Teil in Sozialwohnungen umgewandelt werden. Die Stadt soll Grundstücke
preiswerter an Investoren abgeben, die mehr Sozialwohnungen mit dauerhaft
günstigen Mieten schaffen.
5 Jul 2018
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Hamburg
Integration
Unterbringung von Geflüchteten
Erstaufnahmezentren
Geflüchtete
Hamburg
Mobile Unterkünfte
Flüchtlinge
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