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# taz.de -- Sommerinterview mit André Trepoll (CDU): „Die Elbvertiefung muss…
> Der CDU-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, André Trepoll, über
> Volksentscheide, Innere Sicherheit und das Aberkennen der Klagerechte von
> Umweltverbänden.
Bild: André Trepoll, 39, verheiratet, zwei Kinder, Jurist. Abgeordneter der B�…
taz: Herr Trepoll, finden Sie eigentlich, dass Sie sich Ihren Sommerurlaub
redlich verdient haben?
André Trepoll: Ja. Es war ein arbeitsreiches ersten Halbjahr.
Aber in letzter Zeit haben Sie doch nur zugesehen, wie die rot-grünen
Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel und Anjes Tjarks lange und schwierige
Verhandlungen mit der Initiative „Hamburg für gute Integration“ führten.
Nein. Wir haben die Initiative in engem Austausch unterstützt und beraten,
auch wenn wir nicht in allen Einzelpunkten einer Meinung waren. Das war
auch eine Menge Arbeit.
Dem Ergebnis der Verhandlungen hat die CDU im Parlament aber nicht
zugestimmt.
Das konnten wir nicht, weil wir die Ergebnisse erst 24 Stunden vor der
Abstimmung in der Bürgerschaft bekommen haben. Deshalb haben wir ja gesagt
zum grundsätzlichen Verhandlungserfolg der Initiative, aber nein zum
Verhandlungsweg, weil das Parlament ja von Rot-Grün in keiner Form
einbezogen wurde.
Fühlen Sie sich ausgegrenzt?
Bei SPD und Grünen mag es ja Abgeordnete geben, die nichts dagegen haben,
Vorlagen zuzustimmen, die sie gar nicht gelesen haben. Unser Verständnis
von guter Politik ist das nicht.
Ist denn das Thema Flüchtlingsunterbringung durch die Vereinbarung mit der
Initiative ein für allemal geklärt worden?
Ich glaube, dass das sehr dünnes Eis ist. Zum Beispiel sind bei den
Übereinkünften mit der Initiative Neugraben-Fischbek mehrere Punkte konkret
gar nicht umsetzbar. Bis 2017 soll da zum Wohngebiet für Flüchtlinge ein
besserer Zugang unter der Fernbahn- und S-Bahnstrecke gebaut werden. Das
ist objektiv unmöglich zu schaffen, trotzdem steht das in dem Papier. Da
steht auch was von besserer kassenärztlicher Versorgung. Die kann aber kein
Senat anordnen.
Dann sollten mal ihre Fraktionen in den sieben Bezirksversammlungen genau
darauf achten, was vor Ort tatsächlich geschieht und was nicht.
Genau. Dressel und Tjarks lassen sich feiern für ihre Verhandlungen, die
tatsächliche Arbeit vor Ort aber müssen ganz andere leisten.
Ist die Einigung mit der Initiative und die Vermeidung eines
Volksentscheides mit hoher gesellschaftlicher Sprengkraft ein Erfolg für
die Demokratie?
Es ist gut, dass der Stadt ein Volksentscheid über diese Frage erspart
bleibt. Insofern ist es ein Erfolg. Mich stört aber, dass diejenigen, die
mit ihren politischen Fehleinschätzungen Großunterkünfte durchsetzen
wollten, sich jetzt dafür feiern lassen, das sie darauf verzichten.
Das aber ist doch Fluch und Segen des Regierens gleichermaßen: Eine
Entscheidung zu revidieren, weil man hinterher klüger wurde, ist doch
geradezu staatsmännisch.
Man hätte von Anfang an mehr Klugheit vom Senat erwarten müssen. Die
integrationsfeindlichen Massenunterkünfte waren deutschlandweit ein
Sonderweg, und Rot-Grün hat nicht aus Einsicht, sondern wegen des
öffentlichen Drucks durch die von uns unterstützte Volksinitiative Abstand
von den Planungen genommen.
Sie hätten das schneller und besser gemacht?
Mit Sicherheit.
Geht Ihnen die Direkte Demokratie mit all ihren Volksinitiativen und
Volksentscheiden nicht inzwischen gehörig auf den Geist?
Die Menschen haben heute einen anderen und direkteren Anspruch an Politik,
an Transparenz, Beteiligung und Mitwirkung. Und den formulieren sie nicht
mehr nur über Parteien. Und wir müssen das aufnehmen. Klar ist aber auch,
dass die Mitwirkung über die Direkte Demokratie nur eine Ergänzung der
repräsentativen Demokratie durch Parlamente sein kann, nicht deren Ersatz.
Ist das nicht gerade für Sie als CDU ein Problem? Es sind doch in erster
Linie wortmächtige, gebildete und wohlhabende bürgerliche Schichten, die
sich über Initiativen artikulieren. Also ihr Wähler- und
Mitgliederpotenzial?
Wir als CDU haben weiterhin den Anspruch, Volkspartei zu sein ....
Ja, eben.
Es geht um vielleicht zwei Einzelfragen im Jahr, das erschüttert das
Parlament und auch die CDU nicht in ihren Grundfesten.
Das erleichtert uns. Nach der schmerzhaften Niederlage der Hamburger CDU
bei der Bürgerschaftswahl 2015 mit nur noch 15,9 Prozent haben Sie und der
neue Parteivorsitzende Roland Heintze der Partei einen strammen Rechtskurs
verordnet. Sehen Sie in der politischen Mitte nicht mehr Ihren Platz?
Wie kommen Sie denn darauf?
Die liberale Großstadtpartei des Ole von Beust ist doch Geschichte.
Das sehe ich nicht so. Wir haben immer beide Säulen unsere Politik betont,
das Liberale und das Konservative. Ich bin überzeugt, dass die Menschen
wissen wollen, was wir in der Familienpolitik vorhaben. Ob das liberal oder
konservativ ist, ist ihnen nicht so wichtig.
Als CDU-Kernthemen wurden vor eineinhalb Jahren festgelegt: Innere
Sicherheit, Wirtschaftsfreundlichkeit und Autofahren. Ist das nicht
konservativ?
Innere Sicherheit wird immer ein Markenkern der CDU sein. Das ist eines
unsere wichtigsten Themen, weil natürlich die Menschen in dieser Stadt
einen Anspruch darauf haben, sicher leben zu können. Da lassen wir uns von
niemandem was vormachen.
Eben.
Das ist aber doch nicht rechts. Es geht um das Grundbedürfnis der Menschen
nach Sicherheit, und wir als CDU stehen dafür ein, dass das erfüllt wird.
Es geht ja nicht so weiter, dass Hamburg die Hauptstadt der Einbrecher
bleibt.
Und wo sehen sie wirtschaftlichen Probleme Hamburgs? Die Steuereinnahmen
sprudeln, die Arbeitslosenquote ist konstant niedrig.
Von Vollbeschäftigung sind wir weit entfernt, gleichzeitig gibt es
weiterhin Fachkräftemangel. Da muss dringend was getan werden. Den Hafen
lässt dieser Senat völlig verkommen. Die Elbvertiefung ist noch immer nicht
da, die Schlickberge in den Hafenbecken und der Fahrrinne werden immer
größer, und der Bürgermeister sagt, ein paar Container weniger seien doch
kein Problem. Wir müssen den Hamburger Hafen wieder dringend
wettbewerbsfähig machen, das ist die Aufgabe.
Und wie würde Sie das machen?
Als erstes muss die Elbvertiefung endlich realisiert werden. Es kann nicht
sein, dass dieses existenziell wichtige Projekt nun schon seit 15 Jahren
von Umweltverbänden verhindert wird. Das Planungsrecht muss deutlich
gestrafft werden, damit solche Vorhaben schneller umgesetzt werden können.
Dann müssten sie das Klagerecht der Umweltverbände aus den Gesetzen
streichen lassen.
Ja, das sollten wir tun. Die Umweltverbände sollten einen
Durchsetzungsanspruch auf Ausgleichsmaßnahmen bekommen, um zu
kontrollieren, dass diese auch umfassend umgesetzt werden. Aber
irgendwelche demokratisch nicht legitimierten Lobbygruppen sollten
notwendige Infrastrukturvorhaben nicht blockieren können. Das ist schlicht
undemokratisch.
Wieso undemokratisch?
Wir haben doch gar keinen Einblick, wie die intern strukturiert sind, wie
dort Wahlen und demokratische Willensbildungsprozesse laufen. Wir Politiker
können abgewählt werden, die Verbände sind scheinbar ewig.
Gottgegeben wie der ADAC oder die Handelskammer?
Heutzutage müssen sich alle gesellschaftlichen Akteure der Frage nach ihrer
demokratischen Legitimation stellen.
Dann erklären Sie doch mal, warum die CDU noch immer eine Autofahrerpartei
ist?
Sind wir nicht. Wir haben erst vor kurzem ein Radfahrkonzept vorgestellt.
Aber natürlich ist die Realität so, dass die Menschen vermehrt Auto fahren,
das kann man nicht einfach ignorieren. Und man darf auch nicht die
Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen. Nur weil früher der
Autoverkehr vielleicht bevorzugt wurde, darf man jetzt nicht ins andere
Extrem verfallen.
Den Autoverkehr in der Großstadt nicht einzuschränken, ist für Sie eine
Strategie der Zukunft?
Ich bin sehr für ein gleichberechtigtes Miteinander aller
Verkehrsteilnehmer, aber nicht für ein Gegeneinander. Hamburg ist eine
wachsende Stadt, also wächst auch die Mobilität. Diese Verkehre muss man
intelligent vernetzen und kombinieren, aber nicht gegeneinander ausspielen.
Wären Sie erleichtert, wenn die FDP-Fraktionschefin Katja Suding nächstes
Jahr nach der Bundestagswahl nach Berlin wechselt? Sie kokettiert gern
damit, die bekannteste Oppositionspolitikerin Hamburgs zu sein. Wäre doch
ein Vorteil für Sie, aus ihrem Schatten zu treten?
Ich mache mir über Frau Sudings Pläne keine Gedanken. Die Bundestagswahl
wird ein großer Erfolg für die CDU und Angela Merkel werden, welche
Folgerungen sich daraus für die FDP ergeben, sehen wir dann.
Auch SPD-Bürgermeister Olaf Scholz könnte nächstes Jahr nach Berlin
aufrücken. Ohne Scholz und Suding wären Sie doch fast schon allein im Haus?
Das sind so diese Was-wäre-wenn-Spielchen. Daraus kann man nur ersehen,
dass die anderen gedanklich schon auf dem Abflug sind, die CDU sich aber
vor Ort in Hamburg um das Schicksal der Hansestadt kümmert.
Wir müssen uns also darauf einstellen, dass Trepoll bleibt?
Trepoll bleibt.
7 Aug 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
CDU Hamburg
Sommerinterview
Elbvertiefung
Schwerpunkt AfD
Elbe
Elbvertiefung
SPD Hamburg
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