# taz.de -- Menschenrechte in Guatemala: Diffamiert und mit dem Tod bedroht | |
> Die Rechtsvertreter in Guatemala sind gefährdet. Mafiöse | |
> Interessengruppen versuchen ihre Pfründen gegenüber einer immer agileren | |
> Justiz zu verteidigen. | |
Bild: Erinnerungsmarsch für die während des Bürgerkrieges Verschwundenen am … | |
Hamburg taz Ramón Cadena Rámila ist einiges gewöhnt. Im Februar wurde er | |
mit zwei Anwaltskollegen angezeigt, eine kriminelle Vereinigung gegründet | |
zu haben, wenig später erhielt er massive Drohungen per Telefon und E-Mail. | |
Doch eine fingierte Hausdurchsuchung gab es bei dem Anwalt der | |
Internationalen Juristenkommission (CIJ) noch nicht. | |
Am 14. August stürmte ein Kommando sein Haus, durchsuchte es und zog nach | |
zwanzig Minuten mit dem persönlichen Laptop des bekannten Anwalts und | |
einigen Dokumenten wieder ab. Das Kommando habe sich, so Cadena gegenüber | |
der Tageszeitung El Periódico, mit vorgehaltener Waffe an der Eingangstür | |
Einlass verschafft, während eine weitere Gruppe über das Dach in den | |
Innenhof seines Hauses vorgedrungen sei. | |
Die acht bis zehn Männer hätten sich als Ermittlungsbeamte der Polizei | |
ausgegeben, doch nur einer habe eine Polizeiweste getragen. Einen | |
Durchsuchungsbefehl hätten sie nicht vorgezeigt, so der Wachmann, der in | |
Abwesenheit des Anwalts das Haus hütete. | |
Ramón Cadena Rámila wertete die Aktion als Akt der Einschüchterung. „Die | |
gilt allen Anwälten und Staatsanwälten, die im Kontext von Menschenrechten | |
arbeiten und Widerstandsgemeinden vertreten“, meint Michael Mörth. Der | |
deutsche Anwalt arbeitet seit zwanzig Jahren als Berater einer | |
Menschenrechtskanzlei in Guatemala. Mit Ramón Cadena Rámila war Mörth im | |
Februar von der „Stiftung gegen den Terror“ angezeigt worden, eine | |
kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. | |
## Illegal errichtete Goldmine | |
Die Anwälte hatten im Januar 2016 die Widerstandsgemeinde La Puya und den | |
lokalen Bürgermeister dabei begleitet, als sie den Zugang zur illegal | |
errichteten Goldmine El Tambor schlossen. Das nahmen die Anwälte der | |
Stiftung, die von Exmilitärs gegründet wurde und als stramm | |
antikommunistisch gilt, zum Anlass, um die Anwälte als Teil der | |
Widerstandsgemeinde zu diffamieren und zu kriminalisieren – letztlich | |
erfolglos. „Das ist ein Beispiel für die angespannte Situation in | |
Guatemala. Die militärisch-konservativen Machtcliquen stehen unter Druck, | |
und hier geht die Angst um, dass sie zurückschlagen“, schildert Mörth. | |
Ramón Cadena Rámila ist in der Logik der Militärs ein logisches Ziel. Der | |
Menschenrechtsanwalt vertritt nicht nur indigene Gemeinden in Santa Cruz | |
Barrillas, wo gegen den Willen der lokalen Bevölkerung ein Wasserkraftwerk | |
entstehen soll. Er ist auch als Experte im Creompaz-Prozess vorgeladen. | |
Dort müssen sich acht ranghohe Militärs für das gewaltsame | |
Verschwindenlassen von 558 Menschen verantworten. Deren Vergehen: Sie | |
wurden von den Militärs verdächtigt, der Guerilla anzugehören. Daraufhin | |
wurden sie zwischen 1981 und 1987 entführt und in die Militärbasis 21 nahe | |
Cóban, zweihundert Kilometer nordöstlich von Guatemala-Stadt, verschleppt. | |
Dort wurden sie gefoltert, ermordet und in 85 geheimen Gräbern verscharrt. | |
Der Prozess hat in Guatemala Schlagzeilen gemacht, weil sich nahezu die | |
gesamte Militärspitze der 1980er und 1990er Jahre verantworten muss. Dieser | |
werden jedoch allerbeste Kontakte zum amtierenden Präsidenten Jimmy Morales | |
nachgesagt. | |
Für Menschenrechtsexpertin Claudia Samayoa sind die 18 Militärs, gegen die | |
ermittelt wird, das „Gesicht der Repression. Die Attacke auf Cadena Rámila | |
könnte aus dieser Ecke kommen“. Dazu passt, dass auch Generalstaatsanwältin | |
Thelma Aldana bedroht wird. Erst vor zehn Tagen flog eine Drohne über ihr | |
Haus. | |
22 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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