# taz.de -- Gefängnisunruhen in Guatemala: Der „König der Knäste“ ist tot | |
> Byron Lima, der prominenteste Häftling des Landes, kam bei einem Angriff | |
> ums Leben. Er hatte den gesamten Strafvollzugssektor unter Kontrolle. | |
Bild: Byron Lima wartet in einem Gerichtssaal in Guatemala Stadt auf sein Urtei… | |
Berlin taz Mit einer Granate wurden die Leibwächter von Byron Lima am | |
Montagmorgen bei einer Revolte im Gefängnis Pavón nahe Guatemala-Stadt | |
ausgeschaltet. Danach wurde der ehemalige Armeeoffizier mit zwei Schüssen | |
getötet. Der an eine Exekution erinnernde Mord soll im Kontext eines | |
Machtkampfs in der Haftanstalt und darüber hinaus gestanden haben, | |
berichten lokale Medien. 12 Tote und 40 Verletzte registrierte die Polizei. | |
Deren Ermittler gehen davon aus, dass es um die Vorherrschaft in der | |
Vollzugsanstalt ging. Die habe eine andere Knastbande, angeführt vom | |
Häftling Montiell Marín, dem Netzwerk um Lima streitig machen wollen. | |
Byron Lima galt in Guatemala als der „König der Knäste“. Er hatte außerh… | |
der Gefängnismauern mächtige Freunde. Das bestätigt auch die erste Reaktion | |
von Expräsident Otto Pérez Molina, der den Tod Limas am Rande des gegen ihn | |
laufenden Korruptionsprozesses ausdrücklich bedauerte. | |
Lima war genauso wie Exgeneral Pérez Molina ein erklärter Kommunistenfeind | |
und ehemaliger Hauptmann. Der 46-Jährige wurde am 20. Januar 2000 als einer | |
der drei Verantwortlichen des Mordes an Bischof Juan José Gerardi | |
festgenommen. Der Bischof hatte sich seit Ende der 1980er Jahre für die | |
Aufarbeitung der Verbrechen des Bürgerkriegs engagiert. Zwei Tage nachdem | |
die von ihm geleitete kirchliche Wahrheitskommission REMHI ihren | |
aufsehenerregenden Bericht „Guatemala – nie wieder“ vorgestellt hatte, | |
wurde er am 26. April 1998 in der Garage seines Hauses von drei | |
Armeeoffizieren, darunter Byron Lima, mit einer Betonplatte brutal | |
erschlagen. | |
Seitdem saß er im Gefängnis. „Doch da hat er ein kriminelles Netzwerk | |
aufgebaut, welches de facto den gesamten Strafvollzugsektor unter Kontrolle | |
hatte. Es war Byron Lima, der die Befehle gab. Selbst die Leute im | |
zuständigen Ministerium kuschten“, erklärt Arturo Aguilar. Er ist Anwalt | |
und politischer Sprecher der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in | |
Guatemala (CICIG). Zu seinen ersten Fällen gehörten die Ermittlungen im | |
Umfeld des Mordes an Bischof Gerardi. | |
Die von der CICIG im Oktober 2014 vorgelegten Beweise, darunter abgehörte | |
Mobiltelefone, sorgten für die Absetzung der Verantwortlichen im | |
Strafvollzugssystem, die an Limas Treiben partizipiert hatten. Für die | |
Verlegung von Häftlingen wurden Gebühren von bis zu 6.000 US-Dollar fällig, | |
aber auch wegen Geldwäsche, Bestechung und der Bildung einer kriminellen | |
Vereinigung wurde der bullige Exhauptmann verurteilt. | |
Aus dem Gefängnis heraus hatte Lima 2011 Wahlkampf für Expräsident Otto | |
Pérez Molina gemacht, T-Shirts für dessen Patriotische Partei gedruckt. Es | |
hält sich das Gerücht, dass Lima seine dreißigjährige Haftstrafe absitzt, | |
um die Auftraggeber für den Mord an Gerardi zu decken. | |
Die könnten, so klagt sein Bruder Luis Alberto Lima, hinter dem Mord an | |
Byron stehen. Geplant gewesen sei, den Gerardi-Prozess neu aufzurollen, um | |
die intellektuell Verantwortlichen zu belangen, schreibt Luis Alberto Lima | |
in den sozialen Netzwerken. Ein Zeuge des Mordes im Gefängnis hat jedoch | |
gegenüber der Zeitung El Periodico erklärt, dass Byron Lima selbst für | |
seine Ermordung verantwortlich sei: Er habe den Drogenhandel im Gefängnis | |
Pavón verboten. Der Angriff sei die Folge gewesen. | |
19 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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