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# taz.de -- Kaum Sex und schwache Küken: Der Weißstorch klappert nicht mehr
> Für die Weißstörche in Norddeutschland war 2016 ein mieses Jahr: Wegen
> Klimafolgen und feuchter Witterung gab's kaum Nachwuchs.
Bild: Norddeutschlands Weißstörche haben das Interesse an Babys verloren
HAMBURG taz | In Struvenhütten ist es gerade noch mal gut gegangen. Anfang
Juli verstarb in der schleswig-holsteinischen Gemeinde südlich von
Neumünster aus ungeklärten Gründen eine Storchenmutter, doch der Vater
schaffte es, die drei Halbwaisen allein aufzuziehen. „Der männliche
Altstorch hat die Versorgung der drei Jungvögel allein bis zum Flüggewerden
erfolgreich durchgeführt“, vermeldet der Naturschutzbund (Nabu) erfreut.
Doch viel mehr Grund zur Freude gibt es nicht: 2016 war in Norddeutschland
ein schlechtes Storchenjahr.
Schleswig-Holsteins Störche haben in diesem Jahr weniger Nachwuchs als
erhofft. Rund ein Drittel weniger Jungvögel als in den Vorjahren zählte der
Nabu. „In diesem Jahr haben 347 Jungstörche aus eigener Kraft das Nest
verlassen“, sagt Jörg Heyna von der dortigen Nabu-Arbeitsgruppe
Storchenschutz. In den beiden vergangenen Jahren seien jeweils über 500
Jungvögel gezählt worden. Dabei hatten 266 Paare im Frühjahr mit der Brut
begonnen – ähnlich viele wie 2014 und 2015. Doch der Erfolg lässt zu
wünschen übrig.
„Enttäuschend“ seien die Zahlen auch in Hamburg, berichtet der dortige
Nabu. 30 Paare hätten lediglich 43 Jungtiere aufgezogen, eine desaströse
Bilanz. Zwei Jahre zuvor hatten 29 Paare immerhin 73 Küken groß gezogen –
eine Rekordmarke für die Ewigkeit. Denn der Bruterfolg der Störche in
Norddeutschland reiche nicht aus, um die natürlichen Verluste
auszugleichen, warnen die Naturschützer. Dass der Bestand nicht
zusammenbreche, liege vor allem daran, dass erwachsene Jungstörche aus
Regionen mit höherem Bruterfolg, vor allem aus Polen, die Lücken
auffüllten. Wie lange noch, ist ungewiss.
Aus Niedersachsen liegen noch keine Zahlen vor. Ersten Schätzungen zufolge
könnte sich das gute Ergebnis von 2015 in etwa bestätigen. Damals zogen 772
Paare 1.497 Jungstörche auf. Diese Marke von fast zwei Jungen pro Paar gilt
Naturschützen als Minimum für den Erhalt des Bestandes. Rund drei Viertel
der Jungen überleben das erste Jahr nicht, geschlechtsreif werden sie erst
mit drei bis vier Jahren.
Es gebe noch keinen Alarm, „aber Grund zur Besorgnis“, sagt Kai-Michael
Thomsen vom Nabu-Storchenzentrum in Bergenhusen bei Husum. Hier brüten Jahr
für Jahr mehr als 20 Paare in einer der größten Weißstorch-Kolonien
Europas. Wenig Mäuse gebe es dieses Jahr, sagt Thomsen, deshalb seien viele
Jungvögel verhungert: „Es gab nicht genug zu fressen.“ Deshalb weisen auch
viele flügge Jungstörche Mangelerscheinungen auf wie schlappe Muskeln,
krumme Beine oder schlechtes Gefieder – keine guten Voraussetzung für den
Flug nach Süden ins Winterquartier.
## Auch El Niño hat Auswirkungen
Vor allem aber habe schlechtes Wetter zum Einbruch der Bestände
beigetragen. Dauerregen und niedrige Temperaturen im Mai seien für
Storchenküken oft verhängnisvoll und sogar tödlich. „Das könnte der Aufta…
sein zu einem längerfristigen Populationsschwund“, befürchtet Thomsen, ohne
sich darauf festlegen zu wollen. Es gebe immer wieder natürliche
Schwankungen, sogenannte Störungsjahre wie zuletzt 2005 und 1997. Aber wenn
sich eine Situation wie in diesem Jahr 2017 und 2018 wiederhole, werde es
ernst.
Zudem hat auch das globale Klimaphänomen El Niño Auswirkungen auf den
Storchenbestand in Norddeutschland gehabt. In Südafrika führte diese
Klimastörung zu Dürren oder Überschwemmungen. In der Folge kamen viele
Störche geschwächt und verspätet aus ihren Winterquartieren – für eine
erfolgreiche Brut oft zu spät.
„2016 war ein schwieriges Jahr für den Weißstorch“, resümiert Christoph
Kaatz, Sprecher der Nabu-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz. „Schlechte
Jahre kommen immer mal wieder vor“, sagt NABU-Storchenexperte Kaatz. „Sie
können aber meist über mehrere gute Storchenjahre ausgeglichen werden.“ Was
ihn beunruhigt, ist die Tendenz zu extremer Trockenheit oder heftigen
Niederschlägen. Das würde sich „langfristig negativ“ auswirken, befürcht…
Katz.
17 Aug 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Artenvielfalt
Schwerpunkt Artenschutz
Vogel
Vögel
Verkehr
Jagd
Vogelschutz
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