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# taz.de -- Kommentar Sigmar Gabriels Stinkefinger: Alte sozialdemokratische Tr…
> Woher rührt der Hang der Genossen zur obszönen Geste? Der Stinkefinger
> zeugt von einem letzten Rest proletarischen Bewusstseins.
Bild: Erigierter Mittelfinger, Symbolbild
Sigmar Gabriel, seines Zeichens SPD-Chef und Vizekanzler, hat einem
Häuflein Neonazis, die ihn im niedersächsischen Salzgitter als
„Volksverräter“ beschimpften – und dabei sogar persönlich wurden, indem…
Gabriels Nazi-Vater ins Spiel brachten –, beherzt den Mittelfinger
entgegengereckt. Mal abgesehen davon, dass sich die rechtsradikalen Pöbler
diese spontane Antwort ehrlich verdient haben, führt Gabriel damit fast
schon eine alte sozialdemokratische Tradition fort. Denn niemand zeigt
seinen Gegnern so häufig den Stinkefinger wie SPD-Spitzengenossen.
Bisher machten aber eher solche Sozialdemokraten, die zum
wirtschaftsliberalen Flügel der Partei zählten, durch einen erigierten
Mittelfinger auf sich aufmerksam. Exwirtschaftsminister Wolfgang Clement
beleidigte so einst eine Gruppe Jugendlicher, die ihm auf der
Hannover-Messe irgendwie ungelegen kam.
Und Peer Steinbrück posierte vor drei Jahren mit ausgestrecktem
Mittelfinger sogar als Kanzlerkandidat für das SZ-Magazin. Das Problem
dabei war: Ein Teil der potenziellen Wähler, die diese Genossen mit ihrer
Politik vor den Kopf stießen, konnte sich mit der herausfordernden Geste
durchaus gemeint fühlen.
Woher rührt der Hang der Genossen zur obszönen Geste? Der Stinkefinger
zeugt vom letzten Rest proletarischen Bewusstseins, das sich selbst in den
höheren Rängen der einstigen Arbeiterpartei noch gehalten zu haben scheint.
Wenigstens habituell setzt man sich damit von der CDU ab, der man sich
inhaltlich zwar weitgehend angenähert hat, die sich zumindest in ihren
Umgangsformen aber noch immer als eine „bürgerliche“ Partei versteht, ihrer
rustikalen Schwesterpartei in Bayern zum Trotz.
Nun also Sigmar Gabriel. Doch bei ihm liegen die Dinge anders. Schon mit
seiner „Pack“-Äußerung hat er gezeigt, dass er nicht vor drastischen
Mitteln zurückschreckt – und seien sie nur sprachlicher Art –, wenn es
gegen rechtsradikale Gesinnungen geht. Das ist eine Frage der Überzeugung.
Und da er, anders als Clement und Steinbrück, tatsächlich aus sehr
einfachen Verhältnissen stammt, wirkt die Geste bei ihm sogar authentisch.
Bürgerliche Wähler wird er damit kaum für sich gewinnen, so sympathisch
sein antifaschistischer Reflex auch sein mag. Doch auf Schulhöfen und
Fußballplätzen, an sozialdemokratischen Stammtischen und unter Freunden des
Gangsta-Rap – also überall dort, wo man ein klares Wort zu schätzen weiß �…
wird sich Gabriel mit seiner rustikalen Art sicher Respekt verschaffen.
18 Aug 2016
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
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Schwerpunkt TTIP
Sigmar Gabriel
Prozess
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