# taz.de -- Vor den Spielen in Rio de Janeiro: Protest vor olympischer Kulisse | |
> Tausende gehen in Brasilien auf die Straße – die einen für die | |
> Amtsenthebung von Präsidentin Rousseff, die anderen dagegen. | |
Bild: Immerhin sind die Proteste einigermaßen farbenfroh | |
Rio de Janeiro taz | „Fora Dilma – Weg mit Dilma“ riefen die einen, „Fo… | |
Temer – Raus mit Temer“ die anderen. Am Sonntag demonstrierten Tausende in | |
vielen Städten Brasiliens, so auch auf der Flaniermeile am | |
Copacabana-Strand der Olympiastadt Rio de Janeiro. | |
Demonstranten in Nationaltrikots und mit gelb-grünen Fähnchen forderten die | |
Absetzung der bereits suspendierten Präsidentin Dilma Rousseff, das Ende | |
von 13 Jahren Mitte-links-Regierung der Arbeiterpartei PT und ein Zurück zu | |
„Ordnung und Fortschritt“. Auf der anderen Seite dominierte das Rot der | |
linken Parteien und Gewerkschaften. Hier war man gegen Interimspräsident | |
Michel Temer und seine rechtsliberale Regierung. | |
Die Demonstranten warfen ihm Verrat vor; bis zu Roussefs Suspendierung war | |
Temer Vizepräsident. Das Amtsenthebungsverfahren wegen Haushaltstricks zur | |
Schönung der Staatsfinanzen ist in ihren Augen ein Putsch. Nicht alle | |
wollen die unbeliebte Rousseff zurück. Konsens ist aber, dass das rechte | |
Rollback in Wirtschafts- und Sozialpolitik die Errungenschaften der letzten | |
Jahre infrage stellt. | |
Die Demos fielen kleiner aus als noch vor wenigen Monaten, als Zehntausende | |
die politische Spaltung Brasiliens auf die Straße trugen. In Copacabana | |
sammelte sich der Protest vor der riesigen Strandvolleyball-Arena und einem | |
großen Zelt, in dem Olympia-Artikel feilgeboten werden. Drei Meter hohe | |
Wellen schwappten bedrohlich gegen den improvisierten Schutzwall aus | |
Sandsäcken am Olympia-Pressecontainer, der zu nah am Wasser errichtet | |
wurde. Die Rampe der Segler hat der Wellengang schon zerstört – fast jeden | |
Tag gibt es neue Hiobsbotschaften über Baumängel bei der milliardenteuren | |
olympischen Infrastruktur. | |
## Lula führt in Meinungsumfragen | |
Temer wird die Spiele eröffnen. Auf das zu erwartende Pfeifkonzert ist er | |
vorbereitet. Rousseff und ihr Vorgänger Lula da Silva, der 2009 die Spiele | |
nach Brasilien holte, werden die Zeremonie boykottieren. In der ersten | |
Septemberwoche, kurz vor Beginn der Paralympics, soll die endgültige | |
Senatsabstimmung über Rousseffs Amtsenthebung stattfinden. | |
Es gilt als wahrscheinlich, dass die Zweidrittelmehrheit dafür zustande | |
kommt. Daran ändert auch nichts, dass Temer ähnlich unbeliebt ist wie | |
Rousseff und sein Kabinett in einen riesigen Korruptionsskandal verwickelt | |
ist. Und Neuwahlen sind weder in der Verfassung vorgesehen noch von den | |
Kontrahenten wirklich gewünscht. Für die PT wäre dies die Legalisierung des | |
Staatsstreichs gegen eine gewählte Präsidentin. Die Rechte hat Angst, dass | |
der nach wie vor populäre Lula gewinnen könnte – die Meinungsumfragen | |
jedenfalls führt er an. | |
Lula selbst sieht sich politischer und juristischer Verfolgung ausgesetzt | |
und bat deswegen Ende letzter Woche die Menschenrechtskommission der UNO um | |
Unterstützung. Nur einen Tag später wurde der frühere Gewerkschafter | |
erstmals vor Gericht angeklagt. Er soll die Ermittlungen im Korruptionsfall | |
um den Erdölriesen Petrobras behindert haben. | |
Eine Genugtuung für die grün-gelben Demonstranten, die Lula und Rousseff | |
stets als aufblasbare Puppen in Sträflingskleidung mit sich führen. Die | |
Unterstützer der PT hingegen sehen sich in ihrer These bestätigt, dass das | |
eigentliche Ziel der Anti-PT-Kampagne von Medien, Justiz und Polizei nicht | |
Präsidentin Rousseff, sondern Expräsident Lula sei. Denn gegen ihn sei die | |
Rechte an den Urnen noch immer chancenlos. | |
1 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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