| # taz.de -- Gay Pride mit türkischer Unterstützung: „Aus der Deckung trauen… | |
| > Am diesjährigen Christopher Street Day nimmt erstmals auch die türkische | |
| > Gemeinde Hamburg teil. Deren Vorsitzende will für Toleranz werben. | |
| Bild: In diesem Jahr demonstriert die türkische Gemeinde mit: CSD in Hamburg | |
| taz: Frau Güçlü, die türkische Gemeinde Hamburg nimmt dieses Jahr zum | |
| ersten Mal am Christopher Street Day teil. Wie kam es zu der Entscheidung? | |
| Nebahat Güclü: Das ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Schon 2013 gab | |
| es den ersten Versuch vom Vorstand, das durchzubekommen. Damals gab es aber | |
| keine Mehrheit. Es wurde dann aber in den einzelnen 27 Vereinen, die bei | |
| uns Mitglied sind, immer wieder diskutiert. Und dieses Mal gab es eine | |
| eindeutige Mehrheit dafür, das aktiv zu unterstützen. | |
| Was bezwecken Sie mit der Teilnahme? | |
| Uns ist es wichtig, in beide Richtungen ein Signal zu senden: Einmal an die | |
| Gesellschaft, die Türkeistämmige immer als rückschrittlich wahrnimmt. Wir | |
| wollen zeigen, dass es uns ein Anliegen ist, uns Diskriminierung aller Art | |
| entgegenzustellen. Und zu sagen: „Wir fordern Toleranz gegenüber allen | |
| Lebensentwürfen.“ | |
| Und in Richtung der eigenen Community? | |
| Nach innen ist es das Signal, Werte und Leitbilder vorzuleben. Das ist auch | |
| die Aufgabe eines Vorstands. Das ist wie in vielen anderen | |
| gesellschaftlichen Bereichen – es braucht einzelne Mutige, die einen | |
| Schritt vorwärts wagen, und dadurch Diskussionsprozesse in den einzelnen | |
| Vereinen anstoßen. Ich denke, das ist erreicht worden. | |
| Welche Reaktionen gab es aus der türkischen Community? | |
| Es gibt bisher einzelne Reaktionen aus beiden Richtungen – also einerseits | |
| Stimmen, die sagen „Habt ihr nichts Besseres zu tun“, oder „Habt ihr sie | |
| nicht alle?“. Aber es gibt auch andere, die sagen, sie finden es sehr gut, | |
| dass wir als Vorstand diesen Schritt gemacht haben. Und mich haben auch | |
| Schwule aus der Community angerufen, die uns beglückwünscht haben und | |
| gesagt haben, dass sie auf jeden Fall beim Umzug mitlaufen werden, sich | |
| also aus der Deckung trauen. | |
| Wie groß ist überhaupt die Gay-Lesbian-Community innerhalb der türkischen | |
| Gemeinden? | |
| Das ist schwierig zu sagen. Insgesamt gibt es, glaube ich, hamburgweit | |
| mehr, als sichtbar sind. Aber ich finde, es geht da nicht um eine | |
| quantitative Erfassung, sondern um eine Grundhaltung. Zu einer diversen | |
| Gesellschaft gehört, dass man alle Lebensentwürfe respektiert und die | |
| Vielfalt als Wert hochstellt. | |
| Was ist der konkrete Nutzen für türkische Schwule und Lesben? | |
| Es bringt den einzelnen Communities viel, weil die Diskussion in Gange | |
| kommt und das Thema nicht mehr tabuisiert wird. Und den Schwulen und Lesben | |
| selbst bringt es, dass sie sich raus wagen, sich nicht mehr in der Deckung | |
| halten müssen, ihre Stimme erheben können. | |
| Ist das auch ein Signal an die Türkei? | |
| Nein. Wir machen ja keine Außenpolitik. Als Hamburger Institution kümmern | |
| wir uns um Hamburger Themen. | |
| Wie hat die nicht-türkische Gay-Community reagiert? | |
| Sehr positiv. Ich habe auch aus Berlin, Köln und Dortmund Reaktionen | |
| bekommen, die haben das alle sehr begrüßt. | |
| Gibt es eine deutschlandweite Vernetzung? | |
| Wir haben Kontakte zu Verbänden der Berliner migrantischen Schwulen und | |
| Lesben-Szene. Da sind wir in engen Gesprächen und gucken, ob wir gemeinsame | |
| Projekte machen können. Es gibt ja auch den Bundesdachverband der | |
| türkischen Gemeinden Deutschland. In Baden-Württemberg macht beispielsweise | |
| die türkische Gemeinde schon seit einem Jahr ein Queer-Projekt. In diese | |
| Richtung wollen wir auch in Hamburg gehen. | |
| Was ist konkret geplant? | |
| Ideal wäre es, wenn es uns gelingt, in den nächsten Jahren ein Projekt zu | |
| machen, wo Schwule, Lesben und Transgender in den Migranten-Communities | |
| beraten werden. Also ein Angebot für Familienangehörige oder Betroffene | |
| selbst, die beim Coming-Out beraten werden. Wir wollen das Thema in | |
| unterschiedlichen Formaten angehen. Es ist uns wichtig, die Menschen | |
| abzuholen, wo sie stehen, aber auch mit dem Thema zu konfrontieren. Es wird | |
| nicht bei der Teilnahme am CSD bleiben. | |
| 1 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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