# taz.de -- Fragwürdige Festnahme beim CSD: Walk of Shame mit der Polizei | |
> Nach seiner Festnahme wurde ein Teilnehmer der CSD-Parade von sieben | |
> Polizisten durch die halbe Innenstadt geführt. Nun verhandelt das | |
> Amtsgericht. | |
Bild: Mancher entblößt sich gern beim CSD – aber selbstbestimmt und nicht i… | |
HAMBURG taz | Von einem „Walk of Shame“ spricht Rechtsanwalt Lino Peters. | |
Einem Weg der Schande, den sein Mandant hätte gehen müssen. Die Hände mit | |
Handschellen auf dem Rücken gefesselt, in goldener Strickjacke und mit | |
Glitzer auf den Wangen wurde Dominik B. von sieben Polizeibeamten vom | |
Jungfernstieg über den Gänsemarkt bis zum Polizeikommissariat 14 (PK 14) in | |
der Caffamacherreihe geführt. Vorbei an den Menschenmassen, die wegen der | |
Parade des Christopher-Street-Days (CSD) in die Hamburger Innenstadt | |
gekommen waren. An der hatte auch Dominik B. bis zu seiner Festnahme | |
teilgenommen. | |
Seinen Fall verhandelt nun das Amtsgericht Mitte. Ihm wird gewaltsamer | |
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und fahrlässige Körperverletzung | |
vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert die Zahlung von 40 Tagessätzen | |
á 30 Euro. | |
Ein Strafmaß, das man eigentlich auch hätte hinnehmen können, bezahlen, | |
fertig. Aber es gehe in diesem Fall vor allem um die Frage, was man | |
überhaupt alles hinnehmen muss, sagt Verteidiger Lino Peters zu Anfang der | |
Verhandlung. Peters geht davon aus, dass das „öffentliche Schaulaufen“ mit | |
seinem Mandanten willkürlich und damit rechtswidrig war. | |
Doch auch, was davor passierte, verdient nach Aussagen verschiedener Zeugen | |
zumindest das Prädikat ‚fragwürdig‘: In einer Erklärung schildert Dominik | |
B., wie er am 5. August 2017 zunächst während der CSD-Parade im Tross des | |
Wagens der „Queer Refugees“ mitgelaufen sei. | |
Er habe sich auf Höhe des Nivea-Hauses kurz mit Bekannten unterhalten und | |
dann wieder zum „Queer Refugees“-Wagen aufschließen wollen, um eine Tasche | |
zu holen, die sich noch auf dem Wagen befand. Doch ein Polizist verweigerte | |
ihm den Durchgang mit den Worten: „Hier geht’s nicht lang.“ Dominik B. ha… | |
mehrere Mal darauf hingewiesen, dass er nur seine Tasche holen wolle. Mit | |
einem „Jetzt reicht’s“ habe ihm einer der Polizisten vor die Brust gesto�… | |
und kurz darauf sei er zu Boden geworfen worden. | |
„Das war der körperlich krasseste Übergriff auf mich“, schildert Dominik … | |
Die Hände des 36-Jährigen, Oberlippenbart, schmächtige Figur, zittern ein | |
wenig, während er seine Erklärung verliest. Er habe vorher nie Gewalt | |
erfahren und auch selber nie jemanden verprügelt. | |
Die zwei Polizeibeamten, John R. und Ronny L., sagten vor Gericht als | |
Zeugen aus, sie hätten ihrem Kollegen zu Hilfe eilen müssen, da sich | |
Dominik B. heftig gewehrt habe. Was vorher passierte, hätten beide | |
allerdings nicht mitbekommen. Auch nicht, dass sich ihr Kollege bei der | |
Aktion anscheinend verletzte. Auch auf die Frage, warum der Angeklagte | |
überhaupt zu Fuß und nicht mir dem Polizeiwagen zur Wache gebracht wurde, | |
haben sie keine Antwort. | |
Als Zeuge erschienen Martin F. und Daniel S., Freunde des Angeklagten, die | |
ebenfalls den CSD feierten. Laut den beiden habe Dominik B. die | |
Polizeibeamten nicht angegriffen und sich auch nicht gewehrt. Sie | |
begleiteten ihren Freund und die sieben Beamten zum PK 14, Martin F. filmte | |
die Prozedur mit seinem Handy. | |
Dass er knapp sechs Wochen nach dem Vorfall eine Vorladung erhält, weil | |
gegen ihn wegen „Gefangenenbefreiung“ ermittelt wird, dies jedoch vier | |
Wochen später wieder eingestellt wird, ist ein weiteres Kuriosum in diesem | |
Fall. | |
Am 26. Februar soll der Beamte aussagen, der Dominik B. mit dem sogenannten | |
Kopfgriff zu Boden brachte, der sich am gestrigen Montag aber krank | |
gemeldet hatte. Dass sich neue Erkenntnisse aus seiner Aussage ziehen | |
lassen, bezweifelt Verteidiger Peters: „Die Befragung hat so auch schon | |
deutlich gemacht, dass die Polizei nicht einfach Zeuge ist, sondern | |
Partei.“ | |
13 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Juliane Preiß | |
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