# taz.de -- Obama und Bush in Dallas: Reden zu einem aufgewühlten Land | |
> In Dallas beschwören Obama und sein Vorgänger die Einigkeit des Landes. | |
> Aber Kritiker fragen: Was werden immer neue Appelle ändern? | |
Bild: Obama umarmt den Polizeichef von Dallas, David Brown, bei der Gedenkfeier… | |
Dallas dpa | Nach den Polizistenmorden von Dallas und eskalierenden | |
Protesten in den USA beschwört Präsident Barack Obama die Amerikaner, | |
aufeinander zuzugehen. Mit seinem Vorgänger George W. Bush sprach Obama in | |
Texas auf einer sehr eindringlichen Gedenkfeier: Es waren tiefernste | |
Appelle und fast flehentliche Bitten um Zuversicht. | |
Fünf leere Stühle, die Sitzfläche geschmückt mit je einer gefalteten | |
Flagge, eine Polizeimütze auf der Lehne, erinnerten an fünf in der Vorwoche | |
in Dallas erschossene Polizisten. „Der Schmerz von Dallas ist der Schmerz | |
der Nation“, sagte Dallas' Bürgermeister Mike Rawlings zu Beginn. An Obama | |
und Bush gerichtet, sagte Rawlings: „Sie sind gekommen, um unsere Wunden zu | |
heilen.“ | |
Nach den tödlichen Polizeikugeln auf zwei Afroamerikaner und die Ermordung | |
der fünf Polizisten durch einen Schwarzen ist die Stimmung im Land | |
aufgewühlt. Obama bemühte sich in seiner etwa 45-minütigen Rede sehr um ein | |
ausgewogenes Bild. | |
„Amerika, wir wissen, dass es immer noch Vorurteile gibt“, rief der | |
Präsident. Die Diskriminierung habe sich nicht einfach in Luft aufgelöst. | |
Dennoch habe sich das Verhältnis von Schwarz und Weiß in seiner | |
Lebensspanne dramatisch verbessert, sagte Obama. | |
Er gestand aber ein: „Trotz der Fortschritte gibt es wenig Trost für die, | |
die Opfer von Gewalt werden. Wir müssen uns fragen, ob wir die Gräben | |
zwischen den Ethnien in den USA jemals überbrücken können.“ | |
Zuvor hatte Bush gesagt, Amerika müsse sich seiner Ideale erinnern, um zu | |
neuer Einigkeit zu finden. „Manchmal wirkt es, als seien die Kräfte, die | |
uns auseinanderreißen, stärker als die, die uns zusammenhalten.“ Er fügte | |
hinzu: „Zu oft beurteilen wir andere Gruppen anhand ihrer schlechtesten | |
Beispiele, während wir bei uns selbst immer von den besten Absichten | |
ausgehen.“ | |
## Gegen die Spaltung | |
Obama versuchte trotz allen Ernstes auch, Mut zu machen, zählte viele | |
Beispiele gelingenden Miteinanders auf. „Ich bin hier, um darauf zu | |
bestehen, dass wir nicht so gespalten sind, wie es den Anschein hat“, sagte | |
er. „Gegen alle Wahrscheinlichkeiten sind wir schon so weit miteinander | |
gekommen. Wir müssen der Verzweiflung widerstehen.“ | |
Für Proteste von Afroamerikanern bat Obama um Verständnis: „Wir können uns | |
nicht einfach umdrehen und in allen, die friedlich protestieren, | |
Unruhestifter oder Paranoide sehen.“ | |
Er fügte aber mahnend hinzu: „Wer dazu aufruft, der Polizei Gewalt anzutun, | |
der erweist der Gerechtigkeit einen Bärendienst.“ Nicht nur die zahlreichen | |
Polizisten im Saal nickten dazu ernst. | |
In seiner Rede, angesichts der jüngsten Geschehnisse ein schwieriger | |
Balanceakt, bat Obama die Amerikaner um Verständnis füreinander, trotz | |
aller Differenzen. Auch diejenigen, die mit der Formulierung Black Lives | |
Matter nichts anfangen könnten, müssten in der Lage sein, den Schmerz der | |
Familie von Alton Sterling zu hören, sagte Obama. | |
Sterling war einer der beiden kürzlich unter fragwürdigen Umständen | |
getöteten Schwarzen, ihr Tod war Ursprung der Proteste. Black Lives Matter | |
ist der Name einer Bürgerrechtsbewegung mit großem Zulauf. Ihre Kritiker | |
sagen, nicht nur schwarze, sondern alle Leben zählten. | |
## „Ich bin nicht naiv“ | |
Obama sagte, Weiße und Nicht-Weiße erlebten das Justizsystem vollkommen | |
unterschiedlich. Die Gesellschaft müsse sich eingestehen, dass sie zu viele | |
Probleme auf die Polizei abwälze, die sie selber lösen müsse. | |
Erneut kritisierte Obama die vielen Waffen. „Wir fluten unsere Städte mit | |
Waffen. Für Kinder ist es leichter, eine Glock-Pistole in die Hand zu | |
bekommen als ein Buch oder einen Computer.“ | |
Obama war auch selbstkritisch. „Ich bin nicht naiv“, sagte er. Ich habe in | |
meiner Präsidentschaft auf zu vielen Trauerfeiern gesprochen. Ich habe zu | |
viele Familien umarmt, die jemanden verloren haben.“ | |
Bemerkenswert war auch Obamas Eingeständnis im achten Jahr seiner | |
Präsidentschaft: „Ich habe gesehen, wie unangemessen Worte sein können, | |
wenn sie von anhaltendem Wandel sprechen.“ | |
13 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Bialecki | |
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