# taz.de -- Spree-Flussschwimmbad in Planung: Schwimmend durch die Stadtmitte | |
> Der Verein Flussbad Berlin e. V. plant, einen Abschnitt der Spree in ein | |
> Badegewässer umzuwandeln – mit positiven Nebeneffekten für Natur und | |
> Kultur. | |
Bild: Anfänglich bereitet das kühle Nass noch Freude – die Strömung darf a… | |
Am Anfang ist vor allem Aufregung da, als ich mich – glücklicherweise gut | |
getarnt durch eine nummerierte Einheits-Badekappe – zusammen mit um die 200 | |
Menschen in Bikini und Badelatschen auf den Weg zum Bode-Museum mache. Hier | |
ist der offizielle Startpunkt des „Flussbad-Pokals“, von hier aus werden | |
wir gleich allesamt in die Spree springen, um uns anschließend auf einer | |
einen Kilometer langen Strecke durch das Kanalwasser zu schlagen. | |
„Ein Kilometer ist nicht so weit“, war ich im Vorfeld beruhigt worden, „d… | |
schaffst du locker zu schwimmen“. Als wir im Wasser auf das Startsignal | |
wartend dicht gedrängt auf der Stelle rudern, rufe ich mir diesen Satz | |
immer wieder ins Gedächtnis. Dann – endlich – ertönt von der Brücke der | |
Startruf. Ich staune nicht schlecht – sowohl über die deutlich spürbare | |
Strömung und den vorhandenen Wellengang im Kanal, als auch über die Fitness | |
meiner MitschwimmerInnen – es dauert nicht lange, und ich bin die Letzte in | |
der Gruppe. Das Publikum, das das Spektakel vom Rand des Kanals aus | |
betrachtet, scheint seine Freude an mir zu haben: Ich blicke immer wieder | |
in grinsende Gesichter und auf hochgestreckte Daumen oder höre Zurufe mit | |
offensichtlich motivierender Absicht. Immerhin, so fühle ich mich | |
wenigstens nicht so allein. | |
Mit zunehmender Strecke jedoch setzen mir Wind und Kälte immer stärker zu, | |
ich merke, wie mich langsam die Kraft verlässt. Weit vor mir sehe ich zwei | |
Schwimmer, die mir zuwinken und offensichtlich auf mich warten, und ganz | |
hinten, noch in sehr weiter Entfernung, leuchtet das Ziel. Aufgeben kommt | |
nicht in Frage, keine halben Sachen. Ich beschließe also, mich weiter durch | |
die Wellen zu kämpfen, und bekomme unterwegs sogar „persönliche“ Begleitu… | |
durch eine DLRG-Mitarbeiterin, die mir immer wieder motivierende Worte | |
zuspricht. Hustend und frierend erreiche ich letztlich das Ziel – | |
geschafft! Immerhin, der Blick vom Wasser aus auf die Gemäuer der Museen | |
war schon imposant, und die offene und hilfsbereite Art der anderen | |
Teilnehmenden hat mich sehr gefreut. | |
Der Flussbad-Pokal, den die Autorin dieses Textes nutzte, um sich einem | |
Selbstversuch zu unterziehen, sollte einen Vorgeschmack dafür liefern, wie | |
es sich anfühlen wird, in der Spree zu schwimmen – der Verein Flussbad | |
Berlin e.V. plant nämlich, entlang einer insgesamt über 1,8 Kilometer | |
langen Strecke ein Spree-Flussschwimmbad zu errichten. Ziel des Vereins ist | |
es, einen Teil der Spree von der Fischerinsel bis zum Bode-Museum in ein | |
badetaugliches Gewässer umzuwandeln – und damit auch ein Stück mehr Leben | |
in die Mitte zu bringen. Die erste Reaktion, die einem beim Thema „Baden in | |
der Spree“ einfällt, ist wohl der Einwand, das Gewässer sei doch viel zu | |
dreckig, um dort zu schwimmen, man wolle schließlich nicht krank werden. | |
## Das Zusammenwirken von Kultur, Körper und Geist | |
Zu diesem Zwecke hat das Flussbad-Projektteam ein ausgeklügeltes Konzept | |
entwickelt: Die Spree soll in drei verschiedene Abschnitte eingeteilt | |
werden. Auf einen renaturierten Bereich entlang der Fischerinsel folgt ein | |
Abschnitt, in dem ein Pflanzenfilter installiert werden soll, der der | |
Reinigung des Wassers dient, welches dann schließlich im dritten, 840 Meter | |
langen Abschnitt zwischen Humboldt-Forum und Bode-Museum den | |
SchwimmerInnen ein Badeerlebnis in sauberem Spreewasser ermöglicht. | |
„Eine Stadt, in der der Fluss, während er fließt, durch einen Filter | |
gesäubert wird, hat es bisher nicht gegeben“, freut sich der „Erfinder“ … | |
Flussbads, Tim Edler. Auf Höhe des ehemaligen Staatsratsgebäudes befindet | |
sich ein etwa anderthalb Meter hohes Wehr, mit Hilfe dessen das Wasser | |
allein durch die Schwerkraft durch das Filtersystem geleitet werden kann. | |
Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt, der der Nutzung der Spree als | |
Schwimmbad maßgeblich im Wege steht: Sobald es stark regnet, läuft die | |
Kanalisation über, und der Fluss verwandelt sich in eine Kloake. Ungefähr | |
dreißigmal pro Jahr ist das der Fall. Um für solche Fälle Abhilfe zu | |
schaffen, plant der Fachbereich Strategieabwasserentsorgung der Berliner | |
Wasserbetriebe, diese Überläufe durch insgesamt 300.000 Kubikmeter | |
Wasserspeicher aufzufangen und anschließend zu klären. Durch ein bereits | |
existierendes Vorwarnsystem konnten schon jetzt Überläufe stark reduziert | |
werden. | |
Edler freut sich allerdings nicht nur über die Wasserfilterung und die | |
ökologischen Aspekte des Projekts, sondern auch über die zahlreichen | |
soziokulturellen Nebeneffekte, die eine „beschwimmbare“ Spree mit sich | |
bringen würde: „Die letzten 25 Jahre war die Stadtmitte ein Ort, an dem | |
ausschließlich konservative Entwicklungsziele verfolgt wurden, alle großen | |
Pläne gingen in Richtung Hochkultur und Repräsentation. Für das Stadtleben | |
spielt dieses historische Zentrum doch überhaupt keine Rolle. Das Flussbad | |
würde die Möglichkeit bieten, Kultur, Körper und Geist zusammen wirken zu | |
lassen. Außerdem können sich hier diverse Bevölkerungsgruppen begegnen. Wir | |
wollen das Leben in die Mitte zurückbringen.“ | |
Die Idee eines Schwimmbads in der Spree ist übrigens nicht neu: In Berlin | |
gab es seit Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche Flussbadeanstalten, 1925 | |
wurde aus hygienischen Gründen die letzte Badeanstalt an einem | |
Spreekanal geschlossen. Die Vision des Vereins ist es, 2025, also 100 Jahre | |
nach Schließung, ein neues Flussbad eröffnen zu können – allerdings müssen | |
bis dahin noch zahlreiche bürokratisch e Hürden überwunden werden. Der | |
Flussbad-Pokal hat bewiesen, dass die Stadt bereit zu sein scheint für ihr | |
neues Flussbad – wenn alles nach Plan verläuft, dann könnte es schon in | |
weniger als zehn Jahren so weit sein. | |
12 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Annika Glunz | |
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