# taz.de -- Geschlossenes Heim noch offen: Sommerfestspiele um Jugendheim | |
> Die geplante Einrichtung für jugendliche Straftäter im Bremer Blockland | |
> bleibt umstritten. Ein Sozialdemokrat will sie kleiner, ein Ex-Staatsrat | |
> der Grünen gar nicht | |
Bild: Nutzen umstritten: „Time out-Raum“ einer geschlossenen intensivtherap… | |
BREMEN taz | Es klingt nach Sommertheater: „Rot-grüne Uneinigkeit gefährdet | |
Sicherheitsinteressen“, poltert Magnus Buhlert, stellvertretender | |
Fraktionschef der Bremer FDP. Auch Wilhelm Hinners (CDU) sieht durch | |
„rot-grünes Hin und her“ etwas in Gefahr: die „Umsetzung der geschlossen… | |
Unterbringung“ nämlich. Warum das alles? Der sozialpolitische Sprecher der | |
SPD-Fraktion, Klaus Möhle, hatte gegenüber der Lokalpresse gefordert, die | |
Dimension der gemeinsam mit den Hamburger Nachbarn geplanten geschlossenen | |
Unterbringung kritisch zu prüfen. | |
Angesichts der rückläufigen Kriminalität – insbesondere bei minderjährigen | |
unbegleiteten Flüchtlingen – seien die dort geplanten 32 | |
Unterbringungsplätze, die Hamburg und Bremen sich teilen wollen, vielleicht | |
zu viele. „Acht bis zehn Plätze“ brauche Bremen derzeit, so Möhle laut | |
Weser-Kurier – und dass sich bei einer Verschlankung des Neubaus auf dem | |
Gelände der ehemaligen Jugendhaftanstalt im Bremer Blockland bares Geld | |
sparen ließe; bisher geht man von Baukosten in Höhe von etwa fünf Millionen | |
Euro aus. Eventuell, so Möhle, reiche ja auch der Kauf einer geeigneten | |
Bestandsimmobilie im Stadtgebiet aus – wenn man das Projekt denn um eine | |
Nummer reduziere. | |
Daher solle Bremens Sozialbehörde einfach nochmal die Bedarfe kritisch | |
prüfen, findet Möhle also – vor dem Neubaubeginn. Darüber hinaus äußerte | |
der Sozialdemokrat keine Kritik an dem Projekt: Er gilt als Befürworter | |
einer geschlossenen Unterbringung von jugendlichen Straftätern, wenn die | |
sich dadurch einen Gefängnisaufenthalt ersparen. | |
Die insgesamt also eher sanfte Kritik fällt auf fruchtbaren Boden: Immer | |
wieder ist Kritik laut geworden an einer geschlossenen Unterbringung, meist | |
aber aus den Reihen der Grünen, die in Bremen mit der SPD regieren. | |
Vergangene Woche erst startete der ehemalige Sozialstaatsrat Horst Frehe | |
(Grüne) eine Petition an die Bürgerschaft, in der er – als Privatmann – | |
fordert, das Projekt doch fallen zu lassen. | |
Während die schwarz-gelbe Opposition die Vorlage zu nutzen suchte, um | |
rot-grünes Chaos an die sprichwörtliche Wand zu malen, traf sich | |
SPD-Fraktionssprecher Matthias Koch am Mittag mit Mühle, um eine gemeinsame | |
Sprachregelung abzustimmen. „Immer wieder zu sondieren, ob wir so viele | |
Plätze brauchen, kann ja nicht ganz falsch sein“, sagt Koch. Und Mühle | |
ergänzt: „Es geht mir nur um die Dimension, nicht um das Konzept an sich, | |
hinter dem ich voll und ganz stehe.“ Wahrscheinlich ist, dass die | |
SPD-Fraktion nach der Sommerpause einen Prüfauftrag an die Sozialbehörde | |
stellt, nochmal auszurechnen, ob es nicht eine Nummer kleiner ginge. | |
Die Linksfraktion und die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien | |
Wohlfahrtspflege (LAGFW) forderten vor diesem Hintergrund erneut die | |
Beerdigung der ihnen verhassten Unterbringung: „Aussteigen aber richtig!“ | |
fordert etwa Peter Erlanson, sozialpolitischer Sprecher der Linken. Auch | |
LAGFW-Vorstandsprecher Arnold Knigge hält eine geschlossene | |
Jugendhilfeeinrichtung für „den falschen Weg, der überdies zu hohen Kosten | |
führen würde“. Notwendig für „auffällige minderjährige Ausländer“ s… | |
Ausbau präventiver Jugendhilfemaßnahmen „wie Straßensozialarbeit, | |
Haftvermeidung und intensivpädagogische Betreuung“. | |
Wegen dieser Kritik hatte sich kein einziger Verein der Bremer | |
Wohlfahrtspflege gefunden, um die Trägerschaft der geplanten | |
Blockland-Anstalt zu übernehmen. Das soll nun die | |
„Pädagogisch-Therapeutische Jugendhilfe GmbH“ mit Sitz in Hamburg machen �… | |
die bislang mehr auf dem Papier existiert. | |
Die ausführenden Organe, Bremens und Hamburgs Sozialbehörde, lässt das | |
alles unbeeindruckt. „Die Unterbringung und ihre Größe sind im April von | |
der Bremischen Bürgerschaft beschlossen worden und abweichende | |
Einzelmeinungen haben für uns wenig Relevanz“, sagt der Bremer | |
Behördensprecher David Luckaßen. Voraussichtlich „in der zweiten | |
Jahreshälfte 2017“ könne der Neubau eingeweiht werden. „Alles läuft | |
planmäßig“, sagt auch sein Hamburger Amtskollege Marcel Schweitzer, „wir | |
sind voll im Soll.“ | |
20 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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