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# taz.de -- EMtaz: Uefa-Komödiantenstadl in Paris: „Wir sind in Gedanken bei…
> Leider keine Satire: Bei der Abschlusspressekonferenz der Uefa bedanken
> sich sinistre Gestalten bei sich selbst. Und bei Michel Platini. Geht's
> noch?
Bild: Kurz-Zusammenfassung der Rede von Uefa-Vize-Präsident Ángel Maria Villa…
Was für eine Show! Welch große Entertainer! Oder um es in der Sprache der
Uefa zu sagen: Respekt! Da hat der europäische Fußballverband ein
Kabarettprogramm erster Güte bei der Abschlußpressekonferenz in Paris zur
Aufführung gebracht. Leider wird es kaum einer mitbekommen haben.
Schon die Erfahrung dieser Zeitung zeigt: Die Online-Leserschaft klickt gar
nicht erst, wenn sich Themen wie Uefa und Politik ankündigen. Die miesen
Machenschaften der Fußballfunktionäre langweilt die Welt. Sie sind
hinlänglich bekannt und toleriert. Bestenfalls interessieren sie
Ermittlungsbehörden.
Aber zurück nach Paris ins Stade de France, wo die sinistren Gestalten
dieser Organisation erstmals in diesen vier Wochen sich dem Licht der
Öffentlichkeit stellten und eine Rückschau mit großem Unterhaltungswert
boten.
Ángel Maria Villar, der erste Uefa-Vize-Präsident, machte den Anfang.
Bereits abgestraft, weil er seine Kenntnisse um die dubiose Vergabe der WM
2018 und 2022 lieber für sich behält, vertritt er ja derzeit den
gesperrten, aber nicht abgesetzten Präsidenten Michel Platini.
## „Ohne Platinis Vision wäre dieser Erfolg nicht möglich“
Er wolle gar keine Rede halten, sagte der Spanier, sondern nur Danke sagen,
und räumte ein, das könne allerdings ein wenig dauern. In seiner Einführung
erläuterte er: „Danken ist wichtig im Leben. Manchmal vergessen die
Menschen das. Und es gibt nichts Schlimmeres und Unangenehmeres als
Undankbarkeit.“ Gute zehn Minuten dankte er dann, Frankreich, dem
französischen Volk, dem französischen Präsidenten François Hollande, dem
französischen Militär und der Polizei, dem Fußballverband, den
Mannschaften, den Spielern, den Volunteers, den Fans, seinem
Generalsekretär und, und, und.
Last but not least bedankte er sich natürlich auch bei Michel Platini, der
von der Fifa-Ethikkommission für vier Jahre aus der Fußballgemeinde
verbannt wurde: „Ich glaube, die Franzosen wissen, dass Platini sehr stolz
auf diese EM sein kann, wir sind in Gedanken bei ihm.“
Wer zu diesem Zeitpunkt glaubte, man könne die Treuherzigkeit der Uefa zu
ihren krummen Geschäftemachern nicht besser karikieren, wurde vom
Generalsekretär des Verbandes eines Besseren belehrt. Theodore Theodoridis
trat wenig später ans Pult und sagte, auch er wolle allen danken, denen
Villar schon gedankt habe, aber noch drei Extra-Danksagungen loswerden. Die
dritte widmete er Michel Platini. „Ohne seine Visionen und seine
Unterstützung in den letzten fünf Jahren“, lobte er, wäre es nie zu dem
Erfolg gekommen.“
## Gianni Infantino dankt keiner
Einem aufmerksamen Beobachter fiel jedoch eine klitzekleine Undankbarkeit
auf. Gianni Infantino, der bis vor kurzem noch Uefa-Generalsekretär war und
nun Fifa-Präsident ist, fehlte in den sich so lange hinziehenden
Aufzählungen.
Ein Hinweis auf eine gewisse Verstimmung? Denkt Infantino, dem gerade
etliche Vorfälle zur Last gelegt werden, die seine
Selbstbedienungsmentalität illustrieren, zu wenig an seine alten Freunde?
Die Reaktion auf eine Nachfrage fiel jedenfalls knapp aus. Man habe auch an
ihn gedacht, erklärte Theodoridis, beim Finale würde er auf der Tribüne
sitzen. Nun, das zählt wohl eher zur Pflicht als zur Kür.
Aber abgesehen von dieser kleinen Infantino-Episode wurde weiter reichlich
Heiterkeit verbreitet. Villar etwa stellte ungeachtet der unzähligen Klagen
in den letzten Wochen über den Qualitätsverlust der um acht Teilnehmer
erweiterten EM fest: „Das Niveau des europäischen Fußballs steigt immer
weiter. Der frische Wind, den die kleinen Mannschaften hereingebracht
haben, rechtfertigt die Erweiterung.“
## Malta darf hoffen
Als ein verwunderter Zuhörer Theodoridis fragte, ob er das denn auch so
sehe, antwortete er: „Jeder kann seine eigene Meinung haben, es war
jedenfalls ein hart umkämpftes Turnier.“ Und es hätte doch unglaubliche
Spiele wie das zwischen Frankreich und Deutschland gegeben.
Als Rechtfertigung für die Erweiterung taugte dieses Beispiel nun nicht.
Egal. Theodoridis wollte jedenfalls nicht ausschließen, dass man 2024 dann
weiter auf 32 Mannschaften aufstocken wird. Malta darf hoffen. Auch wenn
der Funktionär zu bedenken gab, dass die Qualifikation dann überflüssig
werden könnte.
Bei der nächsten EM 2020 wird jedenfalls erneut mit dem 24-er Format
geplant. Dann werden die insgesamt 51 Spiele aber in 13 Städten und 13
Ländern ausgetragen. Die beiden Halbfinals und das Endspiel finden in
London statt. Noch so eine große Vision von Michel Platini, der dann wieder
auf die Ehrentribüne darf.
Er selbst hat festgestellt: „Es ist vielleicht eine verrückte Idee, aber
eine gute.“ Auf diese besondere Weise soll das 60. Jubiläumsjahr der
Europameisterschaft gefeiert werden. Eine hübsch verpackte Nebelkerze, die
verbergen soll, dass man kaum geeignete Kandidaten zur Verfügung hat, die
überhaupt in der Lage sind, ein derartig aufgeblasenes Turnier zu
veranstalten. Eines ist schon jetzt sicher: Zehn Minuten werden in vier
Jahren in London nicht reichen, um sich bei allen zu bedanken.
10 Jul 2016
## AUTOREN
Johannes Kopp
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