# taz.de -- Neues Sexualstrafrecht verabschiedet: „Nein heißt Nein“ ohne G… | |
> Wer Sex gegen den „erkennbaren Willen“ eines anderen erzwingt, macht sich | |
> strafbar. Zum neuen Gesetz gab es im Bundestag keine Gegenstimme. | |
Bild: Alle einer Meinung? Fast. Grüne und Linke haben einen berechtigten Einwa… | |
BERLIN taz | Das nennt man eindeutig: Ohne Gegenstimme verabschiedete der | |
Bundestag am Donnerstag [1][ein strengeres Sexualstrafrecht]. Künftig | |
sollen Täter dafür bestraft werden, wenn sie jemanden sexuell bedrängen und | |
dessen klar geäußerte Ablehnung missachten. Ganz egal, ob das Opfer Nein | |
sagt, seine Abneigung mit Gesten verdeutlicht oder weint. | |
Bestraft wird demnächst auch das sogenannte Grapschen, das unerlaubte | |
Greifen an Brust, Hintern und Genitalien. Neu eingeführt wird das Delikt | |
„Straftaten aus Gruppen“: Wenn jemand in einer Gruppe andere umzingelt, um | |
sexuelle Übergriffe zu begehen. | |
So klar war das im Sexualstrafrecht bis jetzt nicht geregelt. Einen | |
„Paradigmenwechsel“ nannte die SPD-Vizefraktionschefin Eva Högl daher die | |
Gesetzesreform. | |
Obwohl ein klares Ja zum „Nein heißt Nein“-Prinzip zu erwarten war, | |
entzündete sich die Debatte vor allem an einer erst vor drei Tagen bekannt | |
gewordenen Änderung, die das Aufenthaltsrecht für MigrantInnen verschärft. | |
Wer künftig wegen eines „sexuellen Übergriffs“ zu einer Strafe von | |
mindestens einem Jahr verurteilt wird, dürfte in der Regel sein | |
Aufenthaltsrecht verlieren. Aus diesem Grund enthielten sich die Grüne und | |
Linke bei der Abstimmung über den gesamten Gesetzentwurf, nachdem sie dem | |
„Nein ist Nein“-Grundsatz aber zugestimmt hatten. | |
## Frauenrechte instrumentalisiert? | |
„Damit torpedieren Sie das Ausländerrecht und instrumentalisieren | |
Frauenrechte“, kritisierte Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin | |
der Links-Fraktion. Katja Keul von den Grünen nannte die Änderung „schlicht | |
unverhältnismäßig“. Halina Wawzyniak, rechtspolitische Sprecherin der | |
Links-Fraktion, reagierte drastisch: „Das widert mich an“. | |
Hitzig debattiert wurde auch der „Gruppen“-Passus. Renate Künast erregte er | |
so sehr, dass sie eine Zwischenfrage stellte: „Wie soll man sich von einem | |
Delikt innerhalb einer Gruppe distanzieren, das man nicht einmal merkt?“ | |
Auf die „Straftaten aus Gruppen“ und schärfere Auswirkungen auf das | |
Aufenthaltsrecht hatte vor allem die Union bestanden – als Reaktion auf die | |
Ereignisse in der Kölner Silvesternacht. Damals wurden Frauen massenhaft | |
von überwiegend migrantischen Männern umzingelt, bestohlen und sexuell | |
belästigt. | |
## Schlacht um Deutungshoheit | |
Eher amüsant war am Donnerstag die Schlacht um Deutungshoheit: Welche | |
Partei hat zuerst „Nein heißt Nein“ gefordert? Waren es die Grünen, wie | |
Katja Keul von den Grünen sagte? Oder die Linkspartei? Das Gesetz ist | |
insbesondere der Union zu verdanken, behauptete hingegen Elisabeth | |
Winkelmeier-Becker, rechtspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion. Eva | |
Högl von der SPD beanspruchte das für ihre Partei. Die Union hätte die | |
Reform lange blockiert, jetzt habe sie sich „von uns überzeugen lassen“. | |
Am Ende dürfte das alles egal sein. | |
Wird es nun leichter, Sexualstraftäter zu bestrafen? Die Beweislast bleibt | |
nach wie vor schwierig: Wie kann ein Opfer beweisen, dass es ausdrücklich | |
Nein gesagt hat? Auch künftig wird häufig Aussage gegen Aussage stehen. | |
Nicht zuletzt deshalb forderte Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin | |
der Grünen, „bestmöglichen Opferschutz“: anonyme Beweissicherung, | |
sensibilisierte PolizistInnen und StaatsanwältInnen sowie die Pille danach. | |
7 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundestag.de/presse/hib/201604/-/420414 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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