# taz.de -- Rassismus nach dem Brexit-Referendum: „Ich gehe nirgendshin“ | |
> In der vergangenen Woche haben sich Hassverbrechen in Großbritannien | |
> verfünffacht. Ein schwarzer Abgeordneter erhält Morddrohungen. | |
Bild: Lässt sich nicht einschüchtern:Tottenhams Abgeordneter David Lammy | |
LONDON taz | „Der N. [Verkürzung d. Red.] soll zurück nach Afrika“, so | |
verlauteten einige auf Twitter über David Lammy, dem Unterhausabgeordneten | |
für Tottenham in Nordlondon. Man wolle ihn erschießen, drohten andere und | |
verwiesen auf die Labour-Politikerin Jo Cox, die vor dem Brexit-Referendum | |
von einem Neonazi ermordet worden war. Das sind nur wenige von Tausenden | |
Hassmeldungen, die in den vergangenen Tagen per Post, E-Mail und Sozialen | |
Medien an den schwarzen Unterhausabgeordneten geschickt wurden. | |
Lammys Vergehen ist offenbar, dass er sich öffentlich nach dem Referendum | |
für ein zweites Referendum aussprach. Dass er deswegen Morddrohungen | |
erhielt, machte erst am Montag [1][die britische Tageszeitung The Guardian | |
publik]. Lammy habe alle Drohungen und rassistischen Bemerkungen an die | |
Polizei weitergeleitet, heißt es dort. Einem Absender habe er sogar | |
erwidert: „Ich gehe nirgendshin, denn ich bin in diesem Land geboren.“ | |
Ähnlich hatte er sich bereits bei einer Demonstration am Wochenende | |
geäußert. Als Sohn von Einwanderern und Abgeordneter des eines vielfältigen | |
Wahlkreises stehe er für Einheit und für ein Großbritannien, das | |
Faschismus, Xenophobie und Rassisten bekämpfe, erklärte er dort. | |
Seit dem Referendum verbucht Großbritannien einen dramatischen Anstieg an | |
rassistischen Vorfällen. So wurde am Wochenende ein Denkmal für den | |
verstorbenen ehemaligen Labour-Politiker Michael Foot im südwestenglischen | |
Plymouth von Rechtsextremen verunstaltet. Eine Woche zuvor wurde ein | |
polnisches Gemeindezentrum in Westlondon ähnlich beschmiert. Die Besucher | |
eines Seniorentagesheims für Menschen afrikanisch-karibischen Hintergrunds | |
in Manchester mussten nach Anschlagsdrohungen evakuiert werden. | |
Die Organisation britischer Polizeichefs (NPCC) verkündete, dass sich | |
solche Vorfälle seit dem Referendum verfünffacht hätten. Sarah Thornton, | |
Sprecherin vom NPCC zählte dazu „verbale Angriffe auf Einwanderer, negative | |
Kommentare in den Sozialen Medien mitsamt xenophober Sprachwendungen, die | |
Verteilung von Flugblättern, deren Text sich spezifisch gegen Einwanderer | |
wendet und einige wenige gewalttätige Angriffe“. Alle Vorfälle würden | |
untersucht. | |
London Citizens, eine Allianz von Zivilgesellschaftsgruppen, | |
Gewerkschaften, NGOs und Religionsgemeinschaften veranstaltete als Antwort | |
am Montag in London Solidaritätsaktionen an verschiedenen Bahnhöfen und | |
U-Bahn-Stationen. Hierbei wurden Sticker mit den Worten „Love London – No | |
Place for Hate!“, zusammen mit Broschüren verteilt, die über den Umgang mit | |
Hassverbrechen informieren. Eine Sprecherin der Organisation gab an, dass | |
viele Menschen sich nicht bewusst seien, was ein Hassverbrechen sei, | |
weshalb solche Vorfälle oft nicht gemeldet würden. | |
4 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.theguardian.com/politics/2016/jul/04/david-lammy-receives-death-… | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
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