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# taz.de -- Ausstellungsreihen Sein.Antlitz.Körper.: Kunst in der Kirche
> Wie vertragen sich Religion und zeitgenössische Kunst? Eine
> Ausstellungsreihe testet das in Berliner und Jerusalemer Gotteshäusern.
Bild: Helen Escobedo „Die Flüchtlinge“, 2001
Eine nackte Frau mit einem weißen Tuch ums Haar und die rechte Schulter.
Die Zipfel hält sie vorn in beiden Armen, als trüge sie darin ein Kind. Das
Tuch jedoch ist leer. Die Analogie zwischen Julia Krans Fotografie „Mutter“
und Marienbildnissen ist offensichtlich, umso deutlicher der Bruch damit:
Das Kind, der Erlöser, fehlt.
Die Arbeit hängt nicht irgendwo, sondern in einer Kirche, in St. Marien auf
dem Alexanderplatz. Die Ausstellung „Das Kopftuch der Migrantin. Ihr Kreuz
tragen“, ist Teil der Reihe [1][Sein.Antlitz.Körper], die, initiiert vom
ehemaligen Galeristen Alexander Ochs, Kirchen und eine Synagoge in Berlin
und Jerusalem bespielt.
Die Gotteshäuser sind dabei mehr als nur Ausstellungsorte, es geht um den
Dialog zwischen Religiosität und zeitgenössischer Kunst, der durchaus
spannungsreich die Brücke zu gesellschaftspolitischen Diskursen schlägt.
In St. Marien geht das Konzept auf: Hochaktuell wirken Helen Escobedos
textile Skulpturen „Flüchtlinge“ aus dem Jahr 2001 und gleichsam wie eine
Antwort auf das Totentanzfresko aus dem 15. Jahrhundert, vor dem sie
stehen.
Im Altarraum liegen Kacheln, auf die Marta Deskur gesichtslose
Kreuzbergerinnen mit Kopftuch gedruckt hat und die das brisante
Kleidungsstück in ornamentales Dekor verwandeln.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie zuletzt an- oder auch aufgeregt?
Und warum?
Alexander Ochs: Die Ausstellung Schnittmengen im leider vollständig
unterschätzten Museum für Asiatische Kunst. Es ist die letzte in Dahlem; ab
Januar ist das Museum gezwungen, den Umzug ins Humboldt-Forum
vorzubereiten.
Schnittmengen integriert in sehr sensibler Art und Weise zeitgenössische
Kunst asiatischer wie erstmals auch europäischer Künstlerinnen und Künstler
in die Sammlung alter Ostasiatika und zeigt so einen Weg, der hoffentlich
fürs Humboldt-Forum gilt.
Welches Konzert oder welchen Klub können Sie empfehlen?
Den Acker Stadt Palast, weil er radikaler und improvisierter Musik immer
noch und immer wieder Platz gibt. Gute Performance-Programme wie Dance
before Christmas finden dort statt, aber auch der von mir hochgeschätzte
Komponist Dieter Schnebel konnte dort Musikerinnen und Musiker anlässlich
seines achtzigsten Geburtstag einladen.
Welche Zeitung/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie durch den
Alltag?
Eigentlich gibt es keine permanenten. Außer vielleicht Mascha Kalékos
Liebesgedichten, in die ich immer wieder schaue. Dann gibt es temporäre.
Derzeit: Denn wir haben Deutsch, wunderbare, auch lustvolle Texte zu Martin
Luther, dem Sprach-Erfinder.
Was ist Ihr nächstes Projekt?
Na ja, mein nächstes ist mein letztes. Seit März kuratiere ich die
Ausstellungsreihe Sein.Antlitz.Körper. in, mit und für Kirchen in Berlin
und Jerusalem. Daneben sind die Neue Synagoge in Berlin und das
Lutherdenkmal in Eisenach Schauplatz.
Die nächsten Eröffnungen sind im Centrum Judaicum und in der Kirche St.
Adalbert. Spannende Liebesverhältnisse zwischen Religion und Kunst
entstehen da; neue spirituelle Qualitäten treten zutage.
Welchen Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen am meisten
Freude?
Meine Espressomaschine. Jeden Morgen. Und die gute Charlottenburger Luft
auf dem Balkon in der Schillerstraße. Morgens um sieben und zu jeder
Jahreszeit.
Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und
Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
1 Jul 2016
## LINKS
[1] http://sein-antlitz-koerper.de/
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
Kunst Berlin
Einblick
Kirche
Synagoge
Martin Luther
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