# taz.de -- Wachsende Müllhalden: Bremen baut einen neuen Berg | |
> In wenigen Jahren braucht Bremen eine neue Deponie. Weil der Platz knapp | |
> ist, setzen die Grünen auf Abfallexport ins niedersächsische Umland. | |
Bild: Spätestens in sechs Jahren voll: Mülldeponie Blockland. | |
BREMEN taz | Bremen braucht mehr Platz für seinen Müll: Die seit 1969 | |
existierende, rund 40 Hektar große Deponie im Blockland ist spätestens 2022 | |
voll. | |
Sie soll zwar „solange wie möglich“ weiter betrieben werden, schreibt der | |
Senat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. Doch für | |
eine Erweiterung stehen allenfalls „kleinere Flächen“ zur Verfügung, eine | |
Ausdehnung hin zum Waller Feldmarksee ist ausgeschlossen. Viel bringt das | |
also nicht: Für gering belastete Abfälle, so der Senat, könnte es eine | |
Laufzeitverlängerung von bis zu vier Jahren geben. | |
„Eine einfache Lösung gibt es nicht“, sagen die Grünen. Der Senat hat | |
deshalb bereits in den Neunzigerjahren an einem runden Tisch über neue | |
Standorte für eine Mülldeponie in Bremen diskutiert. Gesucht wird eine | |
Fläche von mindestens 16 Hektar. Insgesamt gab es in Bremen sechs Orte, die | |
prinzipiell infrage kamen. Übrig geblieben ist aber im Grunde nur das | |
Gelände am Stahlwerk, wo allerdings auch anderes Gewerbe angesiedelt ist. | |
Die Hemelinger Marsch und der Gewerbebereich in Niedervieland schieden | |
zwischenzeitlich als Standorte aus – die Flächen werden mittlerweile | |
anderweitig genutzt. Und die Osterholzer Feldmark sowie der südliche | |
Hollerdeich in Oberneuland wurden als „ungeeignet“ abgelehnt. Bleiben noch | |
Flächen in Rekum, ganz am nördlichen Ende Bremens. Doch sie sind für die | |
Müllwagen nur „sehr schlecht erreichbar“, so der Senat. | |
Die grüne Fraktionsvorsitzende und Umweltpolitikerin Maike Schaefer will | |
deshalb jetzt „das Gespräch mit Niedersachsen suchen“, insbesondere mit den | |
Umlandgemeinden. Denn die exportieren schon jetzt Abfall ins Blockland, so | |
das Argument. Und von der Bremer Müllverbrennungsanlage würden sie auch | |
schon „seit Langem“ profitieren. Bremen produziert weniger Müll, als es | |
selbst verbrennen kann. Deshalb wurden laut BUND schon 2013 rund 47.000 | |
Tonnen Müll aus Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz in Bremen | |
verbrannt. | |
Bis Ende 2015 schüttete die Blocklanddeponie insgesamt 14,3 Millionen | |
Tonnen Müll auf. Aus Niedersachsen kamen 2006 erstmals größere Mengen, | |
meist handelt es sich dabei um teerhaltigen Straßenaufbruch. Derzeit werden | |
auf der Bremer Deponie im Schnitt 250.000 Tonnen Abfall pro Jahr | |
abgelagert. Rund 20 Prozent davon werden aus Niedersachsen, weitere sechs | |
Prozent aus Hamburg importiert. Dabei handelt es sich um Klärschlammasche. | |
Der entsprechende Vertrag läuft zwar 2017 aus, Hamburg hat aber bereits | |
Interesse an einer Verlängerung signalisiert. Der BUND lehnt solche | |
Müllimporte ab und setzt auf höhere Recyclingquoten, Abfallberatung und | |
einen Ausbau der Abholung von Sperrmüll und Elektroschrott. Derzeit werden | |
in Deutschland laut BUND knapp zwei Drittel der Haushaltsabfälle recycelt. | |
Der Bremer Senat rechnet damit, dass allein aus dem Stadtgebiet rund | |
160.000 Tonnen Müll im Jahr auf eine Deponie geschafft werden müssen. Und | |
da rund drei Viertel des Mülls im Blockland bei Bau-, Abbruch- und | |
Sanierungsarbeiten entstehen, sei angesichts des forcierten Wohnungsbaus in | |
den kommenden Jahren mit entsprechend mehr Abfall zu rechnen, so der Senat. | |
Wenig Hoffnung setzt Rot-Grün indes in das neuerdings „Urban Mining“ | |
genannte Recycling von abgelagertem Müll. Zwar seien laut neueren | |
Forschungen etwa fünf Prozent der Siedlungsabfälle prinzipiell verwertbar, | |
weil sie Metall, Papier, Kunststoffe oder Textilien enthalten. Doch die | |
Aufbereitung sei „sehr aufwendig“ und derzeit „nicht wirtschaftlich“, so | |
die Landesregierung. Sie vermutet etwa 260.000 Tonnen Eisen in der | |
Blocklanddeponie – das entspricht etwa dem monatlichen Bedarf des Bremer | |
Stahlwerks. Um solche Wertstoffe überhaupt nutzen zu können, müssten aber | |
erst einmal „mehrere Millionen Tonnen“ Müll umgelagert werden. | |
Dennoch kann der Müllberg noch sinnvoll genutzt werden: An seinem Südhang | |
stehen 15 Hektar für Solaranlagen zur Verfügung – und zwar „in bester | |
Lage“, wie der Senat schreibt. Bislang ist davon erst ein Hektar mit | |
Photovoltaik bebaut, 2011 wurde die erste Anlage in Betrieb genommen. | |
Insgesamt erzeugen dort mehr als 3.500 Solarmodule etwa 750.000 | |
Kilowattstunden Strom im Jahr. Das entspricht dem Jahresverbrauch von rund | |
300 Haushalten. „Wir unterstützen das Vorhaben, nach der Stilllegung der | |
Deponie aus dem Abfallberg einen Energieberg zu machen“, so Maike Schaefer. | |
28 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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