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# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Himmel und Hölle in Bewegung
> An der Volksbühne eskaliert der Streit um den Nachfolger von Intendant
> Frank Castorf. Der Unmut ist verständlich.
Bild: Ort ostdeutscher Theateridentität: die Volksbühne in Berlin
Eine Treppe senkte sich vom Himmel herab und fuhr in die Hölle. Genauer
gesagt: Vom Schnürboden der Volksbühne schwebte sie in glühendem Licht
langsam herab, auf ihr der Schauspieler Wolfram Koch, anfangs hoch erfreut
ob dieses triumphalen Auftritts, am Ende, als er im Bühnenboden versenkt
wurde, einigermaßen düpiert. So geschehen in „Apokalypse“, der letzten
Premiere der Spielzeit. Das Bühnenbild ist in der Inszenierung von Herbert
Fritsch ein großartiger Partner des Schauspielers, der den schwer zu
verstehenden Text, die „Apokalypse nach der Offenbarung des Johannes“ fast
alleine stemmen muss, nur von einer Souffleuse begleitet.
Dem Programm beigelegt war an diesem Abend der offene Brief, der „im Namen
von zahlreichen Mitarbeitern der Volksbühne aus allen Abteilungen“ an das
Abgeordnetenhaus in Berlin geschickt wurde. Sie geben der Befürchtung
Ausdruck, dass mit Chris Dercon, dem ab der Spielzeit 2017/18 nominierten
Intendanten, keine neue Kunst an die Volksbühne kommen werde. Sie beklagen
die „Schleifung der Identität“ ihrer Geschichte. Und sie befürchten einen
Stellenabbau bis hin zur Abwicklung ganzer Gewerke.
Dass hier Bühnenarbeiter und Werkstattleiter zusammen mit vielen Künstlern
– wie dem Regisseur Herbert Fritsch, wie dem Schauspieler Wolfram Koch –
unterschrieben haben, ist eben Teil dieser besonderen Identität, gewachsen
aus der langjährigen Geschichte unter Frank Castorf und dem verstorbenen
Bühnenbildner Bert Neumann. Man konnte die Hingabe und Sorgfalt, mit der
die einzelnen Gewerke hier jedes Schräubchen, jedes Licht als Teil des
großen Ganzen setzten, auch studieren und bewundern in Filmen, die der
Filmemacher Thomas Heise 2014, zum 100-jährigen Jubiläum der Volksbühne
gemacht hatte.
Dass ein Jahr vor dem Wechsel Ansagen fehlen, was die Zukunft der vielen
Hundert Mitarbeiter angeht – klar stiftet das Unmut. Dass dies bei
Intendantenwechseln oft vorkommt, macht die Sache nicht besser. Die
Beschwichtigung aus der Senatskanzlei, struktureller Umbau in großem Ausmaß
sei nicht geplant, hilft in ihrer Vagheit nicht wirklich weiter.
Wenn Tim Renner, der Staatssekretär für Kultur, Chris Dercon, dem
Kandidaten seiner Wahl, dessen Antritt als Chef der Volksbühne ermöglichen
will, sollte er jetzt schnellstmöglich für klare Ansagen sorgen.
25 Jun 2016
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Berliner Volksbühne
Theater Berlin
Chris Dercon
Christoph Marthaler
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elektronische Musik
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