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# taz.de -- EMtaz: Kolumne Unterschätzt: Geht Schach spielen
> „Da passiert doch nichts mehr“, lautet eine beliebte Floskel
> selbsternannter Experten. Doch sie können sich täuschen. Watch out:
> Kroatien – Türkei.
Bild: Passiert nichts mehr, stimmts? Eine Rechnung ohne Semith Şentürk
Es gibt viele schlechte Angewohnheiten beim Fußballgucken. Eine davon
besteht darin, den Satz: „Das war's. Da passiert nichts mehr“ zu sagen.
Eine in Führung liegende Mannschaft wird lange vor dem Abpfiff als
definitiver Sieger deklariert und macht damit jede Hoffnung, jede Spannung,
jeden Spaß kaputt.
Haben wir es in der 83. Minute mit einem Spielstand von 5:0 zu tun, gibt es
gegen das Gesagte natürlich nichts zu sagen. Außer, dass es überflüssig
ist. Jeder Ahnungslose erkennt an der Zahlenkombination 83. / 5:0, dass das
Spiel so gut wie gelaufen ist und man das Stadion verlassen oder den
Fernseher ausschalten kann. Das tut natürlich trotzdem keiner. Man will ja
schließlich noch in den Genuss kommen, triumphalistisch „Ich hab's ja
gesagt“ sagen zu können, ergo über sich selbst sprechen zu dürfen und sich
als großer Spieleleser und Fußballvisionär feiern zu lassen.
Wie das nervt! Ich mein, ok, wenn es in der 68. Minute 5:0 steht, dann kann
man diese Prognose schon mal wagen. Aber auch nur dann. Wer aber beim Stand
von 1:0 in der 68. Minute und nur weil das zurückliegende Team bisher nicht
allzu viel zu bieten hatte, schon aufgibt, der geht am besten einfach ins
Wettbüro, gibt seinen Schein ab und legt sich dann ins Bett, um Schach zu
spielen. Da kann ein sehr kluger Kopf tatsächlich schon lange, bevor es
andere merken, wissen, dass das Spiel gelaufen ist, da diese Sportart nur
sehr wenig mit Glück, aber umso mehr mit visionären Fähigkeiten zu tun hat.
Selbst, wer nur ein Mal in seinem Leben ein Fußballspiel gesehen hat und es
war beispielsweise das Viertelfinale vom 20. Juni 2008 bei der EM in
Österreich, Türkei gegen Kroatien, hat gesehen, dass Fußball dann am
schönsten ist, wenn, wie bei den meisten schönen Dingen im Leben, das
Unvorhersehbare eintritt.
Die Kroaten waren klar favorisiert. Hatten zuvor die deutsche Mannschaft
besiegt. Die Türken mussten dazu auch noch mit Ersatztorwart und drei neuen
Verteidigern spielen.
119 Minuten lang hätte man damals denken können, dass die Kroaten es schon
irgendwann schaffen werden, die Partie zu gewinnen. Sie waren die
dominantere und technisch bessere Mannschaft. Und dann passierte das auch
endlich, Ivan Klasnic schoss den Führungstreffer in der vorletzten Minute
der Nachspielzeit und schien die Kroaten kurz vor Schluss vor dem
Elfmeterschießen gerettet zu haben.
Aber auch in der Verlängerung wird bis zum Schluss gespielt. Das Spiel
dauerte eben noch eine Minute regulär plus drei Minuten Nachspielzeit. In
der 122. schoss Semih Sentürk das 1:1 und damit die Partie ins
Elfmeterschießen, was die Türken dann gewannen.
Während des ganzen Turniers sorgten die Türken für eine Überraschung nach
der anderen. Sie gaben nie auf, selbst in der aussichtslosesten Situation
nicht. Am Sonntag ist es wieder so weit. Kroatien trifft auf die Türkei.
Ein bislang unter den „Das war's. Da passiert nichts mehr“-Experten
unterschätztes Spiel. Watch out.
12 Jun 2016
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
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