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# taz.de -- EMtaz: Gruppe B – WAL-SVK: Rennpferd schlägt Todesblick
> Wer hätte das gedacht? Die Waliser singen toll, verteidigen gut und
> spielen guten Fußball. Der knappe Sieg gegen die Slowakei ist verdient.
Bild: So wiehern Sieger. Gareth Bale überspringt die erste Hürde
Die Startbedingungen: Treffen sich zwei Außenseiter. Und zwar nicht zur
nächtlichen Zwölf-Stunden-Sitzung des Pen-and-Paper-Rollenspiels, sondern
zum offiziellen Punktspiel im Stade de Bourdeaux vor 42.000 Zuschauern. Der
erste Vorgeschmack des vermeintlich grauen Alltags einer EM mit sechs
Gruppen und 24 Teilnehmern.
Sowohl die Waliser als auch die Slowaken beschränken sich gegen gute Teams
gerne aufs Verteidigen und fühlen sich wohl in der Außenseiterrolle.
Durchschnittlicher Arbeitsauftrag: betonieren und kontern. Wales läuft für
gewöhnlich sogar mit einer Fünferkette auf. Das verspricht erst einmal ein
langweiliges Spiel. Doch das könnte auch täuschen: Die Slowaken besiegten
mit Deutschland den amtierenden Weltmeister, in der Qualifikation schlugen
sie zudem mit Spanien den amtierenden Europameister und qualifizierten sich
souverän.
Und die Waliser drehen sowieso frei, weil sie heiß wie
Fish-and-Chips-Fritteuse sind. Sind schließlich das erste Mal überhaupt bei
einer Europameisterschaft dabei. Und außerdem ist da ja noch mit Gareth
Bale einer der teuersten Spieler der Welt – circa 100 Millionen Euro zahlte
Real Madrid für den Waliser.
Das Vorurteil: Die Waliser Fans singen schön, wie alle Anhänger aus
Großbritannien. Nur leider gibt es wenig zu besingen, weil sich der
Fußballzwerg zum ersten Mal seit Menschengedenken für die EM qualifiziert
hat und kläglich scheitern wird. Das helfen auch keine Rennpferd-Antritte
von Gareth Bale.
Die Slowakei ist eine unangenehme Mannschaft, die sich hinten reinstellt,
der Fairplay herzlich egal ist und die solange Beton anrühren, bis der
Gegner komplett zermürbt Kontermöglichkeiten herschenkt. Die nutzt ein
abgezockter und vollkommen überfrisierter Marek Hamšik. Zum Torjubel küsst
er seine Unterarm-Tätowierungen. Iigittigitt.
Das Spiel: Wow! Angenehm muntere Partie in der Anfangsphase. Nach drei
Minuten lässt Marek Hamšik die walisische F-Jugend, äh, Nationalmannschaft,
mit einem Dribbling aussteigen und steht fast alleine vor Danny Ward, dem
Torhüter der Waliser. Und während Hamšik bereits seinen Unterarm küsst,
verzieht er doch noch den Schuss. Es bleibt beim 0:0.
Kurz darauf die Antwort des anderen Hyper-Mega-Stars auf dem Platz: Gareth
Bale. Der tritt nach zehn Minuten zum Freistoß aus circa 28 Metern an.
Wirkt im ersten Moment dabei wie ein billiger Abklatsch von Cristiano
Ronaldo. Plustert sich breitbeinig auf, gockelt dann jedoch irgendwie das
Ding zum 1:0 ins slowakische Tor. Zugegebenermaßen ein schöner Linksschuss,
allerdings hätte Matus Kozacik, der Torhüter der Slowaken, den Freistoß
halten müssen.
Danach stellten die Waliser mit der zwanzigbeinigen Fünferkette den eigenen
Strafraum zu. Zur Halbzeit gibt es eine Lautsprecherdurchsage: Marek Hamšik
möge sich doch bitte im Kinderparadies melden. Seine Eltern und sämtliche
Zuschauer suchten ihn nach seiner Großchance in der dritten Minuten
vergebens auf dem Platz.
In der zweiten Halbzeit dann der Dämpfer für die Waliser: Aus dem Nichts
fällt in der 61. Minute der Ausgleich für die Slowaken. Robert Mak setzt
sich souverän auf der rechten Seite durch, spielt den Ball dann auf den
frisch eingewechselten Ondrej Duda, der mit seinem gefühlt ersten
Ballkontakt gleich das Tor macht – 1:1.
Doch die jähe Hoffnung der Slowaken aus der Partie etwas Zählbares
mitzunehmen, ertränkt der von ebenfalls frisch eingewechselte Hal
Robson-Kanu. Der netzt in der 81. Minute zur erneuten Führung zum 2:1 ein.
In der Schlussphase trifft die Slowakei noch einmal das Aluminium, aber es
reicht schließlich für die zurecht feiernden Waliser.
Der entscheidende Moment: Eine Szene wie aus der Kreisklasse Wanne-Eickel
sicherte den Walisern den Sieg. Aaron Ramsey lief in Richtung Strafraum,
kam dabei jedoch ins Straucheln. Irgendwie steckte der
Arsenal-Mittelfeldmann trotzdem den Ball auf Hal Robson-Kanu durch. Der
stocherte die Pille mit dem Schienbein durch die Beine seines
Gegenspielers. Anschließend kullerte der Ball in Zeitlupentempo über die
Linie. 2:1.
Der Spieler des Spiels: Gareth Bale. Wer sonst als das
100-Millionen-Rennpferd aus Madrid könnte hier stehen? Ohne ihn wäre Wales
nichts. Er machte den ersten Treffer, lief zahlreiche Konter und riss
unfassbar viele Kilometer ab.
Die Pfeife des Spiels: Martin Skrtel. Ist offenbar großer Bewunderer von
Tim Wiese, dem ehemaligen Bremer Torhüter, der inzwischen eine
Wrestling-Karriere anstrebt. Sprang in der ersten Halbzeit mit dem
Ellenbogen Jonathan Williams ins Gesicht. Es hätte Elfmeter geben müssen.
In der zweiten Halbzeit räumte er per Atomic Legdrop Neil Taylor ab und sah
nur Gelb. Sympathisch.
Die Heldin: Claudia Neumann. Sie durfte als erste Frau ein offizielles
Punktspiel von richtigen Männern (ja, wirklich) bei einem großen
Fußballturnier kommentieren. Hat sie gut gemacht. Selbst konsonantenlastige
Slowakennamen kommentierte sie souverän weg (Hrošovský). Das können nicht
alle (ja, Bela Rethy, du bist gemeint). Nur die Würstchen-Party auf Twitter
hat sich natürlich tierisch aufgeregt. Soweit, so absehbar. Könnte man aber
auch als zusätzlichen Pluspunkt werten: Sie hat durch ihre Moderation viele
Social-Media-Nutzer als Sexisten geoutet. Das erleichtert einem das
Blockieren ungemein.
Das Urteil: Die Waliser haben im briten-internen Gesangswettbewerb gut
vorgelegt. Gibt eine gute Kopfnote. Alle anderen Vorurteile haben sie
widerlegt. Gutes Spiel der Waliser, allen voran von Gareth Bale und Aaron
Ramsey.
Die Slowaken haben enttäuscht: Nichts mit guter Taktik, Mauern und Kontern.
Hamšik ging unter. Das einzige, was Furcht einflößte, war der Todesblick
von Martin Skrtel.
11 Jun 2016
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
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Wales
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