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# taz.de -- Zuwendungen der Pharmakonzerne: Mächtig viel Knete für die Ärzte
> In einem neuen Transparenzkodex veröffentlichen Pharmaunternehmen ihre
> Zuwendungen. Kritiker sprechen von „reiner Imagepflege“.
Bild: Wieviel haben diese beiden Mediziner von den Pharmaunternehmen in den Kit…
BERLIN taz | 575 Millionen Euro. So viel haben Pharmafirmen im vergangenen
Jahr an Ärzte und Kliniken gezahlt. Das teilten der „Verband der
forschenden Pharma-Unternehmen“ (vfa) und der Verein „Freiwillige
Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) am Montag bei der
Vorstellung eines Transparenzkodex in Berlin mit.
Die Zahl beruhe auf einer vorläufigen Schätzung, so die Verbände. Bis 30.
Juni wollen 54 Pharma-Unternehmen – nach eigener Auskunft 75 Prozent des
Marktes – ihre Zuwendungen an Ärzte und Krankenhäuser für Studien,
Fortbildungen und Sponsoring offenlegen.
„Wir wollen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und
Ärzten besser erklären“, sagte Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin der
vfa. Ärzte seien wichtige Partner bei klinischen Studien und beim Austausch
von Fachwissen.
Hintergrund ist aber auch Kritik: für die sogenannten
Anwendungsbeobachtungen. Dabei verordnen Ärzte bereits zugelassene
Medikamente und füllen dann Beobachtungsbögen aus. Da Ärzte dafür von
Pharmafirmen bezahlt werden, sehen Kritiker darin eine Einflussnahme zur
Verschreibung bestimmter Arzneimittel.
Zwei Drittel der Ärzte möchten anonym bleiben
Und trotz Transparenzkodex: 25 Prozent der Unternehmen veröffentlichen ihre
Zahlungen weiter nicht – und die Daten selbst sind schwer zu ermitteln. So
stellen FSA und vfa keine zentrale Datenbank bereit, sondern weisen nur mit
Links auf die Webseiten der entsprechenden Unternehmen hin. Im Zweifel muss
ein Patient also 54 Listen nach seinem Arzt durchforsten. Selbst dann sind
die Chancen für einen Treffer gering, denn nur ein Drittel aller Daten sind
namentlich einsehbar – die restlichen Ärzte wollen anonym bleiben.
„Dieser Wert von einem Drittel ist für heute ganz gut und wird sich in
Zukunft bestimmt noch verändern“, sagte Fischer am Montag. Sie stellte
klar: „Ärzte, die vom Datenschutz Gebrauch machen, sind nicht zu
kritisieren.“
Ganz anders sieht das Christiane Fischer, Geschäftsführerin des
Pharmakritischen Ärztevereins „Mezis“. „Nur wer etwas zu verbergen hat,
möchte anonym bleiben.“ Angesichts von gesetzlich vorgeschriebenen
Fortbildungen, kann sie die Entscheidung vieler ihrer Kollegen aber
verstehen. „Entweder man nimmt an unabhängigen Fortbildungen teil und zahlt
viel Geld oder man besucht eben gesponserte Fortbildungen. Da braucht es
ein hohes Maß an finanziellem und moralischem Rückhalt.“
Kritiker fordern gesetzliche Regelungen
Den Transparenzkodex kritisiert Fischer als „reine Imagepflege der
Pharmaindustrie“. Statt freiwilliger Selbstverpflichtung fordert sie eine
gesetzliche Regelung. „Wenn man sich selbst richtet, dann ist das kein
Kontrollinstrument, sondern ein Imagepflegeinstrument.“
So sieht das auch Wolfgang Wodarg, Gesundheitsexperte bei Transparency
International. Er reagiert auf die Zuwendungshöhe von 575 Millionen Euro
erstaunt: „Angesichts der Umsatzzahlen bezweifle ich die geringen
Aufwandskosten.“ Den Kodex hält er für eine weitere
Informationsverschleierung für Patienten. „Jeder Arzt sollte eigentlich in
seiner Praxis veröffentlichen, mit welchem Unternehmen er zusammenarbeitet.
Das wäre transparent.“
21 Jun 2016
## AUTOREN
Felix Hackenbruch
## TAGS
Krankenkassen
Medizin
Ärzte
Pharmaindustrie
Transparenz
Schwerpunkt Korruption
Pharmaindustrie
Sponsoring
Pharmaindustrie
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