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# taz.de -- Opposition in China: Erneute Revolte in Wukan
> In Wukan rebellierte die Bevölkerung vor fünf Jahren erfolgreich gegen
> die lokalen KP-Kader. Die rächen sich nun am demokratisch gewählten
> Dorfvorsteher.
Bild: Auch 2011 waren die BewohnerInnen von Wukan aktiv: Sie sammelten Untersch…
Plötzlich standen zehn Polizisten in der Wohnung, mitten in der Nacht. Als
Yang Zhen die Festnahme ihres Mannes verhindern wollte, warfen die Beamten
sie zu Boden. Ihn nahmen sie mit. So berichtet es Yang Zhen, die Ehefrau
von Lin Zuyuan, dem Vorsteher des Dorfs Wukan in der südchinesischen
Provinz Guangdong. Die offizielle Begründung seiner Festnahme in der Nacht
zum Samstag: Lin stehe unter Bestechungsverdacht.
Doch vorsorglich riegelten paramilitärische Einheiten gleich das ganze Dorf
ab. Sie wollten einen Aufstand verhindern, wie es ihn vor fünf Jahren in
Wukan schon einmal gab. „Mein Mann ist nicht korrupt“, sagt die 68-jährige
Yang der im nahen Hongkong erscheinenden South China Morning Post. „Er ist
der einzige demokratisch legitimierte Dorfvorsteher in China“, sagt sie.
Das sei den Autoritäten ein Dorn im Auge.
Wukan hatte Ende 2011 international Schlagzeilen gemacht. In dem kleinen
Fischerdorf war es damals zu einem wochenlangen Aufstand gekommen. Die fast
zehntausend Einwohner hatten zunächst gegen den Landraub durch örtliche
Beamte protestiert. Die Bezirksregierung wollte sich auf die Forderungen
der Dorfbewohner nicht einlassen und ließ den Verhandlungsführer der
Protestierenden fest nehmen. Als er auf ungeklärte Weise auf der
Polizeistation ums Leben kam, stürmten die Dorfbewohner die Wache,
vertrieben den Parteisekretär und bildeten ein eigenes Verwaltungskomitee.
Die Provinzregierung von Guangdong erklärte sich darauf zu Zugeständnissen
bereit und erlaubte dem Dorf freie Kommunalwahlen, die zwei Monate später
erfolgten. Auf Gemeindeebene sind Wahlen in China grundsätzlich möglich,
unterstehen in der Realität aber der Kommunistischen Partei. Sie schlägt
die Kandidaten vor, die meist ohne Gegenkandidaten antreten. In Wukan legte
der frei gewählte Dorfvorsteher Lin das umstrittene Bauprojekt auf Eis.
Doch gegen seinen Willen gab die Provinzregierung die Baustelle vor zwei
Jahren dem Investor wieder frei. Dorfbewohner berichten, dass ihnen in den
letzten Monaten weitere Flächen enteignet wurden. Dorfvorsteher Lin hatte
für Samstag zu Protesten gegen die aus Sicht der Bewohner erneute illegale
Landnahme aufgerufen.
Jetzt wollte die Polizei den Demonstranten zuvorkommen. Unmittelbar nach
Lims Festnahme veröffentlichte sie ein Schreiben an alle Dorfbewohner und
warnte davor, sich „von einer kleinen Zahl von Rechtsbrechern“ anstiften zu
lassen. Die Polizei drohte mit „drastischen Konsequenzen“, sollten die
Dorfbewohner es wagen, auf die Straße zu gehen. Doch die erneute Wut der
Dorfbewohner ist größer: Trotz der Drohung kamen am Sonntag rund 2.000 von
ihnen zu einer spontanen Kundgebung vor der örtlichen Polizeistation
zusammen.
Auch in den sozialen Netzwerken gibt es Solidaritätsbekundungen. Der Satz
„Lasst den Dorfchef frei“ wurde in den einschlägigen
Kurznachrichtendiensten zigfach weitergeleitet. Dass die Zensur bis
Sonntagabend nicht zugeschlagen hat, könnte darauf hinweisen, dass auch die
Führung in Peking mit dem Vorgehen in Wukan nicht einverstanden ist.
19 Jun 2016
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
China
KP
Demokratie
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Vietnam
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