| # taz.de -- Gay-Prides weltweit: Paraden, Party, Politik | |
| > Die Saison hat begonnen. Überall auf der Welt kämpfen und feiern LGBT* | |
| > für ihre Rechte. Vier Aktivist*innen über Demonstrationen am Wochenende. | |
| Bild: Queer: Lesben, Schwule, Trans- und Inter-Menschen organisieren weltweit P… | |
| *** | |
| ## Bulgarien: „Wir wollen politische Beachtung bekommen“ | |
| Radoslav Stoyanov, Bulgarian Helsinki Committee | |
| Wann fing es bei euch an? | |
| 2008 waren es bei der ersten Sofia Pride nur 50 Menschen, sie wurden mit | |
| Steinen und einem Molotow-Cocktail beworfen. In diesem Jahr erwarten wir | |
| etwa 2.500 Menschen, es wird aber auch eine Gegendemonstration geben. | |
| Wie ist die Situation für LGBT* in Bulgarien? | |
| 2008 wollten Aktivisten die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen | |
| Familien ins Parlament bringen. Es gab Widerstand von Parteien und | |
| christlichen NGOs. Sie sagten, dass wir die normalen Familien zerstören | |
| wollen und traditionelle Werte untergraben würden. Bis heute ist die | |
| Homo-Ehe kein Thema im Parlament. | |
| Was ist euer größter Feind? | |
| Ignoranz. Der Unwille der Menschen, ihre Ansichten infrage zu stellen. | |
| Worauf hofft ihr? | |
| Politische Beachtung zu bekommen. Bisher hat keine Partei die | |
| LGBT-Minderheiten in irgendeiner Art unterstützt, auch nicht die linken | |
| oder liberalen Parteien. | |
| Was war der größte Erfolg? | |
| Dass immer mehr an der Pride teilnehmen. | |
| *** | |
| ## Portugal: „Wir wollen in einer wirklich freien und fairen Welt leben“ | |
| Érica Almeida Postiço, Grupo de Ativistat em Tratamentos | |
| Wann fing es bei euch an? | |
| Im Jahr 2000, da marschierten rund 300 Aktivisten bei der ersten | |
| Lissabonner Pride, dem Marcha do Orgulho LGBT. 2016 sollen es 5.000 | |
| Teilnehmer werden. | |
| Wie ist die Situation für LGBT* in Portugal? | |
| Homo-Paare dürfen jetzt endlich Kinder adoptieren. Im Dezember hat | |
| Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva noch ein Veto gegen den Gesetzesentwurf | |
| eingebracht. Er wurde aber mit absoluter Mehrheit im Parlament überstimmt. | |
| Das ist ein wichtiges Zeichen für uns, weil damit eine explizite | |
| Ungleichbehandlung im Gesetz beseitigt wird. | |
| Was ist euer größter Feind? | |
| Vorurteile, Stigmatisierung und Diskriminierung. Gegen all das kämpfen wir | |
| an. | |
| Worauf hofft ihr? | |
| Wir wollen in einer wirklich freien und fairen Welt leben, in der | |
| LGBT*-Pride-Demonstrationen nicht mehr notwendig sind. | |
| Was war euer größter Erfolg? | |
| Wir haben es geschafft, die Teilnehmerzahl des Marschs auf Tausende zu | |
| steigern und das Event gleichzeitig sehr simpel zu halten. Bis heute sind | |
| wir unabhängig von Unternehmen und politischen Parteien. | |
| *** | |
| ## Slowenien: „Wir wollen Solidarität von unseren Mitmenschen“ | |
| Simona Muršec, Parada Ponosa | |
| Wann fing es bei euch an? | |
| Das war 2001, mit 200 Teilnehmern. Inzwischen kommen 1.200 Menschen zur | |
| Parada Ponosa, der Pride-Parade in Ljubljana. | |
| Wie ist die Situation für LGBT* in Slowenien? | |
| Homo-Ehe und Adoption waren seit März 2015 kurzzeitig erlaubt. Slowenien | |
| war das erste postkommunistische Land mit liberalen Gesetzen für | |
| Homosexuelle. Im Dezember wurde das Gesetz aber durch ein Referendum wieder | |
| aufgehoben. | |
| Wer ist euer größter Feind? Kleine, extremistische Gruppen im Untergrund | |
| und auf Social Media. Sie sind nur wenige, werden aber immer aktiver. Und | |
| auch die Kirche und andere konservative und populistische Organisationen | |
| kämpfen gegen uns. | |
| Worauf hofft ihr? | |
| Auf mehr Solidarität. Vielen Menschen ist Homosexualität egal, im negativen | |
| Sinne. Sie sind nicht zum Referendum gegangen und unterstützen ihre queeren | |
| Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern nicht. | |
| Was war euer größter Erfolg? | |
| Dass wir überhaupt eine Pride haben, und zwar seit 16 Jahren. Wir haben es | |
| geschafft, den LGBT* in Slowenien eine Stimme zu geben. | |
| *** | |
| ## Österreich: „Wir wollen mit allen zusammen feiern“ | |
| Clemens Pfeiffer, Homosexuelle Initiative Wien | |
| Wann fing es bei euch an? | |
| 1996. Wir feiern zum 21. Mal die Regenbogenparade in Wien, dieses Jahr mit | |
| über 100.000 Besuchern. Am Tag der Parade gibt es diesmal auch einen | |
| „Marsch für Jesus“. Für uns ist das kein Problem. Wir sprechen uns mit den | |
| Veranstaltern ab. Gegenseitige Rücksicht lautet das Motto. | |
| Wie ist die Situation für LGBT* in Österreich? | |
| Homosexuelle können Lebenspartnerschaften eingehen und seit diesem Jahr | |
| auch Kinder adoptieren. | |
| Wer ist euer größter Feind? | |
| „Feind“ ist der falsche Ausdruck. Wir wollen einfach ein Zeichen setzen | |
| gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie. | |
| Worauf hofft ihr? | |
| Ein gemeinsames Fest aller Menschen zu schaffen, ganz gleich welcher | |
| sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. Und die rechtliche und | |
| gesellschaftliche Gleichstellung von LSBTI-Menschen in allen Lebenslagen. | |
| Was war euer größter Erfolg? | |
| Es gibt viele Erfolge, zum Beispiel die Aufhebung der vier Sonderparagrafen | |
| im Strafrecht und die Streichung der Krankheitsdiagnose „Homosexualität“. | |
| Aber es liegt noch viel vor uns. | |
| 17 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Christina Spitzmüller | |
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